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Winfried Kretschmann
Bündnis 90/Die Grünen
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Frage von Matthias W. •

Frage an Winfried Kretschmann von Matthias W. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrter Herr Kretschmann,

wie rechtfertigen Sie es, immerhin 96 teils alte Bäume des Rosensteinparks der Säge zu opfern, um einen schlechteren Bahnhof zu bauen, dessen Planung auch bisher noch ungenehmigte Planfeststellungsabschnitte enthält?

Würde ich Ihnen als Ersatz für Ihr Auto eines mit 30% weniger Leistung für den doppelten Preis des bishergien verkaufen, was würden Sie da tun?

Warum zählen Fakten bei S21 nicht?

Kann eine Volksabstimmung (über die Ausübung von Kündigungsrechten eines Vertrags, dessen Besiegelung bereits in den 90er-Jahren mehr als am Rande der Legalität war) eine Absolution sein, um unsere Steuergelder derart zu verschwenden und volkswirtschaftlichen Schaden anzurichten?

Ist es denn weiterhin hinnehmbar, daß S21 noch nicht einmal ein ausreichender Brandschutz konstatiert wird?

Halten Sie es für angemessen, das Grundwassermanagement der Bahn fortführen zu lassen, obwohl es Hinweise darauf gibt, daß in zumindest einem Wohnviertel ein bewohntes Haus schon Risse aufweist?

Auch Projektbefürworter können nicht verlangen, daß man auf Gedeih und Verderb weiter baut und immer neue Fakten schafft, ohne die Sicherheit in angemessener Weise ernst zu nehmen!

Glaub(t)en Sie die Ausstiegskostenlüge mit den 1,5 Milliarden, die sicher einen Großteil der Volksabstimmler zum entsprechenden Votum bewogen hat?

Ist es nicht prüfenswert, den Verbindungen von Frau N. R. (MdL, CDU) und der Firma Grontmij (Holländischer Baukonzern, der an S21 beteiligt ist) nachzugehen, um insbesondere deren Wissen um die Baukosten von 6,5 Millarden, bereits vor der Volksabstimmung aufzuklären?
http://www.kontextwochenzeitung.de/pulsschlag/146/neuer-filz-bei-stuttgart-21-1964.html

Vielen Dank für eine ausführliche Stellungnahme und den längst überfälligen Mut, hier im Sinne des Vorsorge- bzw. Gefahrenabwehrprinzips schnellstmöglich tätig zu werden, wozu Sie als Ministerpräsident verpflichtet sind, da Sie darauf einen Amtseid geleistet haben.

MfG M.Wagner

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Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrter Herr Wagner,

vielen Dank für Ihre Schilderung zum Thema Stuttgart 21.

Mit der Volksabstimmung haben die Bürgerinnen und Bürger, die am 27. November 2011 über das Bahnprojekt Stuttgart 21 entschieden haben, für eine finanzielle Beteiligung des Landes ausgesprochen. Als Demokrat und Ministerpräsident nehme ich diese Entscheidung und damit den Willen des Volkes ernst, obwohl mich der Volksentscheid auf persönlicher Ebene getroffen hat. Immerhin habe ich selbst über ein Jahrzehnt im Landtag und auch sonst gegen das Projekt argumentiert und für Alternativen geworben.

Die Entscheidung der Bürgerinnen und Bürger für Stuttgart 21 basiert auf Fakten: Informationen, Argumente für und wider und auch die Konsequenzen der jeweiligen Entscheidung waren offenkundig. Insofern war klar, womit im Falle eines Scheiterns des Stuttgart 21-Kündigungsgesetzes zu rechnen ist. Stuttgart 21 ist damit ein Infrastrukturprojekt, das dank der kritischen und fachkundigen Bürgerschaft in jedem Stadium intensiv begleitet und diskutiert wurde. Es gab zahlreiche Fachdiskussionen, Informationsveranstaltungen, Presseberichte und ein Informationsheft der Landesregierung. Die Argumente, die Sie gegen Stuttgart 21 anführen, waren der Bevölkerung folglich bekannt. In Hinblick auf die Finanzierung des Projekts gilt der Kostendeckel von 4,526 Milliarden Euro, der die Zahlung von Mehrkosten durch das Land mit einem einstimmigen Beschluss des Ministerrats vom 13. September 2011 ausschließt.

Bitte bedenken Sie, dass es in einer Demokratie eben auch darum geht, Mehrheitsentscheidungen, die nicht den persönlichen Vorstellungen entsprechen, zu akzeptieren. Trotzdem kann und soll konstruktive Kritik geübt werden.

Mit freundlichen Grüßen,
Winfried Kretschmann

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