Frage an Winfried Kretschmann von Jörg J. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrter Hr. Kretschmann,
in den letzten Tagen konnte man viel davon lesen, die Grünen müssten wieder mehr in die Mitte der Gesellschaft rücken, sie müssten vom Anschein eine reine Verbotspartei wegkommen und die Selbstverantwortung und Eigeninitative der Bürger mehr fördern.
Weniger verbieten, mehr zuhören. Weniger verordnen, mehr erklären.
Ich nehme Sie beim Wort und würde mich sehr über ein Antwort freuen:
Beim Thema Änderung des Waldgesetzes hinsichtlich der Freigabe schmaler Wege für Fahrradfahrer kann ich in der Antwort des Ministers A. B. auf die kleine Anfrage des Abgeordneten S. T. (Drucksache des Landtags 15/9331) kein Argument mehr finden, das ein allgemeines Verbot rechtfertigt. Die vohrher angeführten Unfälle und die hohe Gefährdung ist auf einen Interessensausgleich reduziert worden.
Es wäre ein Zeichen, bürgerliche Eigenverantwortung ernst zu nehmen, wenn man den Baden-Württembergern die selben Freiheiten zugestehen würde die die Bürger anderer Bundesländer ganz selbstverständlich haben.
Warum kommen Sie nicht auf uns zu und lassen den Absichtserklärungen Taten folgen anstatt ein Gesetz zu verteidigen das niemand versteht, das die wenigsten beachten und das auch nie durchgesetzt werden kann?
Wie sollen wir Radfahrer, nach Meinung der Regierung, uns als Teil von Baden-Württemberg fühlen, wenn uns dauerhaft ein großer Teil dieses Landes ohne nachvollziehbarer Begründung willkührlich vorenthalten wird?
Wie sollen wir, aus Ihrer Sicht, unseren Kindern die Schönheit der Natur nahebringen und die Prinzipen der Eigenverantwortung und Rücksichtnahme erklären, wenn der Zugang zur Natur nur in engen gesetzlichen Bahnen erfolgen darf?
Vielen Dank,
Jörg Jäger
Sehr geehrter Herr Jäger,
vielen Dank für Ihre Anfrage zur Zwei-Meter-Regel.
Wir wollen, dass die Vielfalt unserer Wälder möglichst allen Interessengruppen und Bedürfnissen zugutekommt. Wir wissen, dass es verschiedene Perspektiven auf das Thema der Zwei-Meter-Regel und dementsprechend unterschiedliche Bewertungen der gegenwärtigen Regelung zum Radfahren im Wald gibt. Die Fraktion der Grünen und die Landesregierung haben sich deshalb über einen langen Zeitraum eingehend mit Fragen rund um die 2-m-Regelung auseinandergesetzt. Alle vorgestellten Perspektiven haben ihre Berechtigung und sind in unseren Entscheidungsprozess eingeflossen. Auch der Petitionsausschuss des Landtags hat sich mit allen im Landtag vertretenen Fraktionen, den Mountainbike- u.a. Verbänden am 16.07.2014 im Rahmen einer öffentlichen Anhörung beraten. Abschließend hat sich der Ausschuss auf Basis der Diskussion und tiefgehenden Prüfung für die Beibehaltung der Zwei-Meter-Regel ausgesprochen.
Wir treten für eine flexible Nutzungsstrategie des Waldes auf kommunaler Ebene ein. Diese bietet den Bürgerinnen und Bürgern Sicherheit und Gestaltungsfreiheit vor Ort. Wir setzen auf individuelle Lösungen unter Beteiligung aller Interessengruppen. Den Kommunen und örtlichen Verbänden ist die Situation in ihrer unmittelbaren Umgebung bestens vertraut und sie können im Dialog die jeweils geeignete Lösung entwickeln und umsetzen. Darunter fallen auch die Öffnung und Ausweisung von Wegen unter 2 m Breite für die Nutzung als Single-Trails.
Das Ministerium für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz hat die unteren Forstbehörden bereits 2014 aufgefordert, lokale Initiativen zur Ausweisung geeigneter Strecken aktiv zu unterstützen. Damit der Wald für alle Menschen so uneingeschränkt wie möglich erlebbar bleibt, hat das Ministerium für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz einen Leitfaden für die Einrichtung spezieller Mountainbike-Trails entwickelt. Das Mountainbike-Handbuch bietet eine umfassende Grundlage für alle Interessierten. Mit Blick auf die lokalen Gegebenheiten und das vorhandene Wegenetz kann auf dieser Basis die Einrichtung geeigneter Wege geprüft und für den Radverkehr überall dort freigegeben werden, wo dies konkret möglich ist. Zur Klärung räumlich übergreifender Fragen tagt im MLR zudem regelmäßig ein Koordinierungskreis. Des Weiteren erhalten die Naturparke über die Naturparkförderung Möglichkeiten, eigene Pilotprojekte durchzuführen.
Link zum Mountainbike-Handbuch: https://mlr.baden-wuerttemberg.de/fileadmin/redaktion/dateien/Remote/mlr/Mountainbike-Handbuch.pdf
Mit freundlichen Grüßen
Das Büro-Team von Winfried Kretschmann