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Winfried Kretschmann
Bündnis 90/Die Grünen
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Frage von Martin W. •

Frage an Winfried Kretschmann von Martin W. bezüglich Kultur

Sehr geehrter Herr Ministerpräsident Kretschmann,

als Vater dreier sehr musikalischer Kinder, die momentan noch an der Musikschule Trossingen bzw. an der Musikakademie Villingen-Schwenningen, einem Tochter“unternehmen“ der Trossinger Hochschule, unterrichtet werden, wäre unsere ganze Familie von der geplanten „Deklassierung“ der Musikhochschule Trossingen sehr stark betroffen:
- Viele Lehrer an der Musikschule arbeiten gleichzeitig als Dozenten an der Trossinger Hochschule. Wenn die bisher bekanntgewordenen Pläne umgesetzt werden, würde auch das Unterrichtsangebot an der Musikschule drastisch abnehmen – dramatische Konsequenzen für die gesamte Region !
- Falls sich eines der Kinder später für ein Musikstudium entscheiden sollte, wäre das bei der bisherigen Situation ohne Umzug möglich. In Zukunft wäre dies dann mit einem Umzug in eine Großstadt und deutlich höheren Aufwendungen für Miete und Lebenshaltung verbunden.

Dieses ganze Vorhaben widerspricht sowohl der im Koalitionsvertrag vereinbarten „Verbesserung der musikalischen Breiten- und Spitzenförderung“ als auch den Empfehlungen, die der Landesrechnungshof vorgelegt hat.
Ich möchte Sie daher ganz konkret fragen, ob Sie das von Frau Ministerin Bauer vorgelegte Konzept, a) die Zahl der Studierenden in Trossingen von 500 auf 200 zu reduzieren, b) in Trossingen künftig nur noch „Alte Musik“ und „Elementare Musikpädagogik anzubieten und c) die Musikhochschule Trossingen in eine „Akademie“ umzuwandeln, unterstützen ?

Mit freundlichen Grüßen

Martin WALTER

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Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrter Herr Walter,

vielen Dank für Ihre Frage zum wichtigen Thema der Entwicklung baden-württembergischer Musikhochschulen.
Bei den vorgelegten Eckpunkten handelt es sich um einen Vorschlag zur Weiterentwicklung der Musikhochschulen in Baden-Württemberg und nicht um ein beschlossenes Konzept. Dieser Vorschlag des Ministeriums für Wissenschaft, Forschung und Kunst muss ausgehend von verschiedenen Aspekten und vielfältigen Blickwinkeln geprüft, diskutiert und ausdifferenziert werden. Im Sinne eines breiten und offenen Dialogs bezüglich der Zukunft der baden-württembergischen Musikhochschullandschaft hat im Oktober eine große Anhörung gemeinsam mit der SPD-Landtagsfraktion stattgefunden. Die Landesregierung nimmt die Bedenken, Einwände und Proteste der Bürgerinnen und Bürger sehr ernst und hat verstanden, dass sich der Vorschlag ändern muss.
Das Ziel ist es, die Musikhochschulen in Baden-Württemberg flächendeckend im Hinblick auf ihre Struktur und Qualität zu verbessern und sie damit zukunftsfähig zu machen. Gleichzeitig muss aber auch innerhalb der finanziellen Rahmenbedingungen gehandelt werden. Die vorgelegten Eckpunkte orientieren sich am Gedanken der Schwerpunktbildung und Qualitätssteigerung sowie der Möglichkeit, Raum für neue Entwicklungen zu schaffen, anstatt überall den Gürtel enger zu schnallen. Denn bei einer gleichmäßigen Kürzung an allen fünf Hochschulen könnte zum Schluss niemand mehr Qualität erbringen. Deshalb könnte die Schwerpunktbildung und Spezialisierung an allen Standorten dabei helfen, die Stärken der Standorte zu fokussieren und Synergieeffekte zu schaffen. Durch strukturelle Reformen und Profilbildung bleiben alle fünf Standorte als zukunftssichere und qualitative Bildungseinrichtungen für Studentinnen und Studenten erhalten.

Für den Standort Trossingen bedeutet dies, sich an den bisherigen Schwerpunktbereichen Alte Musik und Elementare Musikpädagogik zu orientieren und die Ressourcen aus ganz Baden-Württemberg für diese Fachgebiete in Trossingen zu konzentrieren. Für die Elementare Musikpädagogik wäre dann sogar eine Verdopplung der Studienplätze vorgesehen. Das bedeutet auch, dass Trossingen keine Lehramtskandidaten und keine Orchestermusiker mehr ausbilden würde. Es bedeutet aber nicht, dass es in Trossingen nur noch zwei Studiengänge gäbe oder kein klassischer Instrumentalunterricht mehr möglich wäre. Ferner wird die Einrichtung einer landesweiten Musikhochschul-Akademie, in der alle Musikhochschulen ganzjährig ihre Arbeitsphasen, Blockphasen, Förder- und Meisterkurse abhalten, als zusätzliches Angebot für Trossingen diskutiert werden. Die Musikhochschule behält ihren Hochschulstatus folglich. Dies ist aber nur eine mögliche Aufstellung der Musikhochschule Trossingen und keineswegs ein beschlossenes Gestaltungskonzept.
Die essenzielle Dialogphase beginnt erst jetzt und soll von konstruktiven und offenen Diskussionen geprägt sein. Nur so können wir gemeinsam den bestmöglichen Weg einer Ausgestaltung zukunftsfähiger Musikhochschulen in Baden-Württemberg finden. Vor dem Hintergrund des Erhalts und der Qualitätssicherung der baden-württembergischen Musikhochschullandschaft muss die Debatte zeigen, wie hochschulpolitische, kulturpolitische und haushaltspolitische Gesichtspunkte einerseits und die Anliegen der Bürgerinnen und Bürger andererseits vereint werden können.

Mit freundlichen Grüßen,
Winfried Kretschmann

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