Frage an Winfried Kretschmann von Wolfgang R. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrter Herr Ministerpräsident Kretschmann,
es ärgert mich, wenn meine Anfrage über „abgeordnetenwatch.de“ an einen Landtagsabgeordneten unbeantwortet bleibt. Es ärgert noch mehr, wenn dieser Abgeordnete sämtliche Anfragen ignoriert. Man kommt ins Grübeln, wenn dieser Abgeordnete zu einer Partei gehört, die aus einer Bürgerbewegung entstanden ist. Die Enttäuschung kann nicht mehr übertroffen werden, wenn man diesem Abgeordneten auch noch seine Stimme gegeben hat. Ich rede von Martin Hahn, der Spitzenreiter Ihrer Partei in unbeantworteten Anfragen ist. Dieses Verhalten trägt erheblich zum Frust über die Politiker bei. Die Grünen waren eigentlich die einzige Alternative für mich – soll die jetzt auch noch sterben? Können Sie nicht auf Ihrem nächsten Parteitag das Thema „öffentliche Bürgeranfragen“ diskutieren und deren Beantwortung zur Aufgabe eines jeden Abgeordneten erklären?
Mit freundlichem Gruß,
Wolfgang Richter
Sehr geehrter Herr Richter,
ich danke Ihnen für Ihre Frage.
Auf dem Profil des Abgeordneten Hahn bei abgeordentenwatch.de konnte ich am 13.03.2012 keine offene Frage finden. Herr Hahn hat sich offenbar bemüht, alle Bürgereingaben bei abgeordnetenwatch.de zu beantworten. Ich bitte Sie aber um Verständnis, dass Abgeordnete und Regierungsmitglieder aufgrund ihrer vielfältigen Verpflichtungen nicht immer sofort auf die zahlreichen Eingaben reagieren können, die ihnen gestellt werden. Erlauben Sie mir bitte den Hinweis, dass ein Ministerpräsident als Mitglied der Exekutive nicht die Arbeit von einzelnen Abgeordneten – also der Legislative – kontrolliert. Vielmehr sollte ja die Legislative die Exekutive kontrollieren.
Mir persönlich ist es wichtig, in den Dialog mit den Bürgerinnen und Bürgern zu treten, auch wenn dabei Differenzen sichtbar werden. Es geht mir darum, die Bürgerschaft zu informieren und in die politischen Entwicklungen und Entscheidungen für das Land Baden-Württemberg miteinzubeziehen.
Die Landesregierung hat sich zum Ziel gesetzt, die demokratische Bürgerbeteiligung auf allen Entscheidungsebenen voranzutreiben und dies auch in der Koalitionsvereinbarung verankert. Deshalb versteht sich die grün-rote Landesregierung als Bürgerregierung. Durch unsere „Politik des Gehörtwerdens“ wollen wir nicht nur bessere Sachpolitik machen, sondern auch dazu beitragen, das verlorene Vertrauen in die Politik insgesamt zurückzugewinnen. Denn Vertrauen ist die knappste, aber zugleich die wichtigste Ressource in der Politik.
Bei der engagierten Teilhabe der Bürgerinnen und Bürger an gesellschaftlichen und politischen Entwicklungen und Entscheidungen des Landes kann es auch scharfe Konflikte geben. Für einen fairen Rahmen zur Austragung dieser Konflikte zu sorgen, Offenheit zu gewährleisten, das ist die Bringschuld der Institutionen. Die Bringschuld der Bürgergesellschaft ist, dass der Streit friedlich und zivilisiert abläuft. Die grün-rote Landesregierung vertritt dabei die feste Überzeugung, dass eine moderne, eine lebendige und starke Demokratie vom Einspruch und der Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger lebt.
Mit freundlichen Grüßen
Winfried Kretschmann