Frage an Winfried Kretschmann von David D. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Bertreff: Verdeckter Ermittler Simon Bromma -Heidelberg
Zu Beginn des Jahres 2011 – es war gerade Wahlkampf – versprachen die Grünen umfassende Aufklärung in der Spitzelaffäre. Die Vorkommnisse müssten lückenlos aufgeklärt, die Öffentlichkeit und vor allem die Betroffenen umfassend informiert und die Verantwortlichen zur Rechenschaft gezogen werden. Vor allem aber müsse gewährleistet werden, dass sich dergleichen niemals wiederhole.
Nun habe ich gehört, dass die Sperrerklärung beantragt wurde, dass die Polizei nicht wollte, dass das Gericht vollständige Einsicht in die Akten erhält. Das Innenministerium Baden-Württembergs die Akten, die für die Aufklärung der Spitzelaffäre erforderlich sind, dem Gericht vorenthält.
Wo bleibt Ihr Wahlversprechen?
Sehr geehrter Herr Demmerle,
ich danke Ihnen für Ihre Frage.
Ich bitte Sie um Verständnis, dass wegen der notwendigen Geheimhaltung Informationen zu Einzelheiten im Zusammenhang mit einem tatsächlichen oder vermuteten Einsatz von Verdeckten Ermittlern nicht veröffentlicht werden können, um das polizeiliche Einsatzziel von verdeckten Maßnahmen nicht zu gefährden und den Schutz von verdeckten Ermittlern zu gewährleisten. Ich verweise für den von Ihnen genannten Fall auf die Landtagsdrucksachen 14/7375, 14/7510, 14/7569 und 14/7656, die Sie auf der Homepage des Landtags von Baden-Württemberg nachlesen können.
Nach § 99 Absatz 1 Satz 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) sind Behörden verpflichtet, dem Gericht Urkunden oder Akten vorzulegen. Allerdings kann (im Rahmen einer Ermessensentscheidung) die Vorlage geheimhaltungsbedürftiger Informationen verweigert werden, wenn durch deren Bekanntwerden dem Wohl des Bundes oder eines Landes Nachteile entstünden oder die Vorgänge nach einem Gesetz oder Ihrem Wesen nach geheim gehalten werden müssen (§ 99 Abs. 1 Satz 2 VwGO).
Das Innenministerium hat im vorliegenden Verfahren gegenüber dem Verwaltungsgericht Karlsruhe zwei Sperrerklärungen abgegeben und lediglich Teile der vorhandenen Akten vorgelegt.
Gestützt wurden die Sperrerklärungen im Wesentlichen auf die notwendige Geheimhaltung verdeckt erworbener Information, den Schutz von Informationsquellen und der Arbeitsweise spezieller Dienststellen der Polizei, deren Offenlegung dem Wohl des Landes Nachteile bereiten würde. Das Bundesverwaltungsgericht erkennt in ständiger Rechtsprechung an, dass der Schutz kriminalpolizeilicher Informationen sowie von Methoden der Verbrechensbekämpfung die Geheimhaltung als legitimes Anliegen des Gemeinwohls grundsätzlich rechtfertigen kann.
Um dem Spannungsverhältnis zwischen effektivem Rechtsschutz und notwendigem Geheimschutz angemessen Rechnung zu tragen, eröffnet § 99 Absatz 2 VwGO den Beteiligten die Möglichkeit, behördliche Sperrerklärungen durch ein sogenanntes „In-camera“-Verfahren gerichtlich vollständig nachprüfen zu lassen. Im Rahmen dieses eigenständigen Zwischenverfahrens entscheidet in Baden-Württemberg der Verwaltungsgerichtshof über die Rechtmäßigkeit der Vorlageverweigerung, d.h. die Geheimhaltungsbedürftigkeit. Diesem separat zu bildenden Gremium sind die vollständigen und ungeschwärzten Akten vorzulegen.
Mit freundlichen Grüßen
Winfried Kretschmann