Frage an Werner Simmling von Igor T. bezüglich Wirtschaft
Hallo,
wie werden Sie sich bei der Abstimmung Ende September im Bundestag (Erweiterung Euro-Rettungsschirm) verhalten?
Stimmen Sie dafür? Falls ja was sind Ihre Beweggründe?
Und können sie Ihr Verhalten, falls Sie mit JA stimmen, überhaupt mit Ihrem auf die Verfassung geleisteten EID in Einklang bringen?
Besten Dank
Sehr geehrter Herr Tomic,
vielen Dank für Ihre Frage zur Ertüchtigung und weiteren Flexibilisierung der Europäischen Finanzstabilisierungsfazilität (EFSF). Im Folgenden lege ich meine Position hierzu dar und begründe meine Entscheidung.
Bei der Abstimmung zum Gesetzentwurf der Koalitionsfraktionen am 29. September 2011, der die Ausweitung der deutschen Beteiligung am Euro-Stabilisierungsfonds EFSF vorsieht, werde ich nach einem sorgfältigen Abwägungsprozess mit "Ja" stimmen.
Der Gesetzentwurf schafft die Grundlagen für die Umsetzung der Beschlüsse der Staats- und Regierungschefs der Eurozone vom 11. März 2011 und der Erklärung der Staats- und Regierungschefs der Eurozone und der EU-Organe vom 21. Juli 2011 zur Ertüchtigung und weiteren Flexibilisierung der Europäischen Finanzstabilisierungsfazilität (EFSF). Die neuen gesetzlichen Grundlagen ermöglichen einerseits die vereinbarte Bereitstellung der maximalen Darlehnskapazität von 440 Mrd. Euro durch die EFSF, indem eine Aufstockung des Garantierahmens, den Deutschland zur Verfügung stellt, von 123 Milliarden Euro auf 211,0459 Milliarden Euro erfolgt. Darüber hinaus wird die EFSF in die Lage versetzt, den konkreten Gefahren für die Stabilität unserer gemeinsamen Währung und der Eurozone insgesamt noch besser auch vorbeugend entgegenwirken zu können. So werden neben der bereits bestehenden Möglichkeit einer Kreditvergabe an Mitgliedsstaaten nun auch der Kauf von Staatsanleihen am Primär- und Sekundärmarkt, sowie vorsorgliche Kredite und Darlehen an Staaten zur Rekapitalisierung von Finanzinstituten bereitgestellt. Alle Hilfsmaßnahmen der EFSF werden auch in Zukunft unter strikten Auflagen vergeben. Ziel ist die Hilfe zur Selbsthilfe. Die Verantwortung der nationalen Regierungen für ihre jeweiligen Finanzen ist die Handlungsgrundlage der Europäischen Union. Die betroffenen Mitgliedstaaten müssen deshalb den Weg der Haushaltskonsolidierung und wirtschaftlichen Strukturreformen eigenständig gehen.
Mit dem Gesetzentwurf ist es den Koalitionsfraktionen gelungen, einen umfassenden Parlamentsvorbehalt zu errichten, der sämtliche maßgebliche, die haushaltspolitische Gesamtverantwortung des Deutschen Bundestages berührende, Entscheidungen von einer vorherigen Zustimmung des Deutschen Bundestages abhängig macht. Überdies erfüllt der Gesetzentwurf die vom Bundesverfassungsgericht in seinem Urteil vom 7. September 2011 aufgestellten Anforderungen einer Parlamentsbeteiligung. Entgegen der in diesem Urteil ausdrücklich gebilligten Möglichkeit einer erst nachträglichen Unterrichtung des Haushaltsausschusses in Eilfällen, macht das Gesetz auch für Fälle von besonderer Eilbedürftigkeit oder Vertraulichkeit eine vorherige Zustimmung durch Mitglieder des Haushaltsausschusses erforderlich.
Ohne die erweiterte Europäische Finanzstabilisierungsfazilität drohen unkalkulierbare Folgen für die Europäische Union und die gemeinsame Währung. Insbesondere vor dem Hintergrund der starken Stellung der deutschen Wirtschaft und einer vernetzten Weltwirtschaft gibt es allen Grund, gerade jetzt Europa entschlossen nach vorne zu tragen. Die deutsche Wirtschaft lebt vom grenzüberschreitenden Austausch von Personen, Gütern, Dienstleistungen und Ideen. Über 60 Prozent der deutschen Exporte gehen in die Europäische Union und über 40 Prozent in den Euroraum. Wir alle profitieren von der gemeinsamen europäischen Währung.
Für weitere Fragen stehe ich Ihnen gern zur Verfügung.
Mit freundlichen Grüßen
Werner L. Simmling, MdB