Frage an Walter Scheuerl von Alf N. bezüglich Wissenschaft, Forschung und Technologie
Sehr geehrter Herr Dr. Scheuerl,
wie sehen Sie die Zukunft der Stadtteilschulen? Grundsätzlich müssen diese ja eine leistungsfähige Schülerschaft erhalten, von denen zumindest ein Teil auch das Abitur erreichen kann. Dementsprechend müssen die Anmeldungen an den Gymnasien von derzeit 52% deutlich verringert werden. Sie hatten seinerzeit gemutmaßt, man dürfe ca. 30% Gymnasialschüler haben.
Wie wollen Sie - vorausgesetzt die CDU erhält wiederum Regierungsverantwortung - erreichen, dass auch auf Stadtteilschulen gymnasialfähige Schüler in ausreichender Menge landen?
Beste Grüsse
Alf Noilichs
Sehr geehrter Herr Noilichs,
vielen Dank für Ihre Frage zur Zukunft der Stadtteilschulen.
Der Erfolg der Stadtteilschulen hängt entgegen Ihrer Auffassung sicher nicht davon ab, dass - wie Sie formulieren - "auf Stadtteilschulen gymnasialfähige Schüler in ausreichender Menge landen". Die Qualität und der Erfolg einer Schulform nach einer dort erzielten Abiturquote zu messen, wie man es aus den Kreisen der Primarschul-Befürworter zuweilen hört, offenbart von vornherein ein gesellschaftspolitisches Klassen-Denken, dass ich für grundlegend falsch halte. Denn ein Mensch ist doch nicht mehr oder weniger wert, weil er den einen oder anderen Schulabschluss hat, egal, ob es sich nun dabei um einen Hauptschul- oder Realschulabschluss oder die Allgemeine Hochschulreife (Abitur) handelt!
Der Erfolg und die Qualität einer Schulform bemisst sich danach, wie hoch der Anteil von erfolgreichen Absolventen dieser Schulform ist, die mit ihrem Abschluss und ihrem in dieser Schulform vermittelten Wissen und Wertegefühl in die Lage versetzt werden, ein glückliches und eigenverantwortliches, wirtschaftlich selbstbestimmtes Leben zu führen. Der Absolvent einer Stadtteilschule mit einem guten Hauptschulabschluss kann durchaus glücklicher durchs Leben gehen als ein Absolvent mit einem mittelmäßigen Abitur.
Deshalb ist es auch ein grundlegend falscher Ansatz, jetzt darüber nachzudenken, wie man eine möglichst hohe Quote von "gymnasialfähigen Schülern" auf die Stadtteilschule lenkt. Jede staatliche Lenkung von Schülerströmen z. B. durch Quotenregelungen oder eine "Steuerung" von Schullaufbahnempfehlungen in der Grundschule lehne ich deshalb strikt ab.
Es kommt deshalb bei der Förderung der Stadtteilschulen jetzt vor allem darauf an, den Schülerinnen und Schülern spätestens ab Klasse 7 eine gute externe Differenzierung in einem guten Kurssystem mit möglichst homogenen Lerngruppen anzubieten, wie es in Sachsen seit vielen Jahren sehr erfolgreich umgesetzt wird, und die Risiken, die mit der Abschaffung des Wiederholens ("Sitzenbleibens") verbunden sind, sehr schnell durch ein wirklich gutes und ausgereiftes Förderkurs-System auszugleichen.
Herzliche Grüße,
Walter Scheuerl