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Walter Scheuerl
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Frage von Bianca W. •

Frage an Walter Scheuerl von Bianca W. bezüglich Recht

Sehr geehrter Herr Scheuerl,

in der Dokumentation von ARD-Exclusiv mit dem Titel "Die KiK-Story: Die miesen Methoden des Textildiscounters" wird ausgesagt, dass sie als Anwalt von Kik Teile der Ausstrahlung des Films versucht haben zu verhindern.

Die Dokumentation kann man sich bei YouTube hier anschauen:
http://www.youtube.com/watch?v=e2L8N6uNxW4

Entspricht es ihrem Verständnis von Pressefreiheit, die Aufdeckung von unmenschlichen Arbeitsbedingungen durch die Presse zu verhindern?
Werden Sie sich im Falle einer Regierungsmehrheit der CDU auch so für die Rechte der Hamburger Wirtschaft, gegen die Rechte der Hamburger Arbeitnehmer einsetzen?

Gruß B. Wendt ...

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Antwort von
SCHEUERL

Sehr geehrte Frau Wendt,

vielen Dank für Ihre Frage. Die Reportage des Magazins PANORAMA ist im sog. Presenter-Format gedreht worden, einem Programmformat, bei dem vor allem der agierende Reporter Gelegenheit erhält, sich in den nach-gedrehten Rechercheszenen selbst in Szene zu setzen, was den einen oder anderen Journalisten gelegentlich dazu verleitet, der "Story" wegen die eine oder andere Ungenauigkeit "gerade" sein zu lassen (siehe dazu näher: http://www.daniel-bouhs.de/2010/04/21/der-reporter-ist-das-programm/ ).

Im Fall der Sendung über das Textilunternehmen KiK werden Sie festgestellt haben, dass der Beitrag an vielen Stellen sehr tendenziös ist. Tatsächlich enthielt er darüber hinaus aber auch objektiv falsche Tatsachendarstellungen, wie z. B. die Darstellung über die Kündigung einer Mitarbeiterin und den dadurch vermittelten falschen Eindruck, man habe ihr gekündigt, weil sie an der Gründung eines Betriebsrates gearbeitet hätte. Das Landgericht Hamburg hat diese Darstellung des NDR in dem Beitrag verboten. Jeder Betroffene hat in der Bundesrepublik Deutschland das verfassungsrechtlich garantierte Recht, gegen falsche Tatsachenbehauptungen vorzugehen, die über ihn verbreitet werden. Das gilt selbstverständlich auch für Unternehmen und ist ein wichtiger Eckpfeiler unserer freiheitlichen demokratischen Grundordnung. Diese Rechte als Rechtsanwalt und damit Organ der Rechtspflege für ein Unternehmen anwaltlich zu vertreten, das vielen Tausend Menschen einen Arbeitsplatz bietet, ist aus meiner Sicht völlig legitim.

Soweit in dem Bericht generell über die Arbeits- und Lebensverhältnisse in Bangladesh berichtet worden ist, müssen wir uns als Westeuropäer immer vor Augen halten, dass Bangladesch weltweit zu den führenden Textil-Exportländern gehört. Deutschland ist für Bangladesh inzwischen der zweitwichtigste Exportmarkt nach den USA. Allein im Jahr 2009 beliefen sich die Deutschen Importe aus Bangladesh auf ca. 1,9 Milliarden (!) Euro, wobei mehr als 90 Prozent der Importe Fertigkleidung sind. Diese Importe stellen damit für die Volkswirtschaft in Bangladesh einen ganz wesentlichen Bestandteil dar, wobei die Bestellungen der KiK Textilien und Non-Food GmbH nur einen sehr, sehr kleinen Bruchteil ausmachen. Nahezu jedes Unternehmen, das in Deutschland Fertigtextilien vertreibt, darunter auch zahlreiche bekannte und teure Markenartikler, gehört deshalb zu den Importeuren oder Verarbeitern von Textilien aus Bangladesh. Dass der NDR deshalb in seinem Beitrag gleichsam versucht, das Unternehmen KiK stellvertretend für alle anderen Unternehmen anzuprangern und für die Lebensverhältnisse in Bangladesh generell anzuprangern, liegt in erster Linie daran, dass KiK eben inzwischen eine bekannte Marke in Deutschland ist. Wenn Sie den Folgebeitrag gesehen haben, der von PANORAMA im August 2010 ausgestrahlt worden ist, werden Sie gesehen haben, dass die Arbeitsumgebung für die Mitarbeiter bei dem dortigen Lieferanten von KiK auch nach deutschen Maßstäben in keiner Weise zu beanstanden gewesen ist.

Abschließend möchte ich noch ansprechen, dass ein anwaltliches Vorgehen gegen unrichtige Darstellungen in einem tendenziösen TV-Beitrag kein Vorgehen "gegen die Rechte von ... Arbeitnehmern" ist, wie Sie schreiben. Meine Aufgabe als Rechtsanwalt auf dem Gebiet des Medienrechtes ist es, durch ein Vorgehen gegenüber falschen Berichterstattungen dazu beizutragen, dass Redaktionen wie die PANORAMA-Redaktion, die davon leben, alle par Wochen vier bis fünf neue (angebliche) "Skandal"-Berichte zu liefern, ihre journalistische Sorgfaltspflicht ernst nehmen. Dass eine solche anwaltliche Tätigkeit wichtig ist, zeigen gerichtliche Verbote wie das oben genante Verbot gegenüber dem NDR.

Als Abgeordneter in der Hamburgischen Bürgerschaft werde ich mich - das entspricht meiner tiefen demokratischen Überzeugung - als Vertreter aller Hamburgerinnen und Hamburger verstehen und meine Tätigkeit in der Wahrnehmung des Mandates in den Dienst der Bevölkerung insgesamt stellen.

Ich hoffe, Ihre Frage erschöpfend beantwortet zu haben.

Herzliche Grüße

Ihr
Walter Scheuerl