Frage an Volker Kröning von Eva K. bezüglich Umwelt
Fokus: Agrospritpolitik
Sehr geehrter Herr Kröning
am 4. Dezember wird der Bundestag über die gesetzlich vorgeschriebenen Quoten für Agrosprit debattieren. Aus den Tropenländern werden riesige Mengen an Palm- und Sojaöl sowie Ethanol aus Zuckerrohr importiert, weil die hiesige Produktion nicht ausreicht und importierter Agrosprit sehr viel billiger ist. Es wird von Nachhaltigkeit geredet, die Industrie treibt angebliche „Ökosiegel“ für Palmöl, Soja und Zuckerrohr voran, doch das ist alles Betrug.
Welche gravierenden Schäden für Mensch, Umwelt und Klima der Agrospritwahn tatsächlich verursacht, können wir uns hier im Westen in Wirklichkeit überhaupt nicht vorstellen - oder haben Sie die späteren Folgen vor Augen - apokalyptische Landschaften, massenhafter Mord an Tieren, ihrer Heimat, Kultur- und Lebensbasis enteignete Menschen?
Werden Sie der sozial und ökologisch notwendigen Argumentation folgen:
Keine Zwangsbeimischung von Agrosprit
* Keine Subventionierung oder Förderung von Agrosprit
* Keine Förderung der Verfeuerung von Palm- und Sojaöl in Blockheizkraftwerken über das EEG
* Stopp sämtlicher Importe von Agrosprit wie Palm- und Sojaöl sowie Ethanol aus Zuckerrohr
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Sehr geehrte Frau König-Werner,
vielen Dank für Ihre Frage vom November 2008. Ich kann Sie erst heute beantworten, weil die von Ihnen angesprochene Problematik nach der 1. Lesung im vergangenen Jahr noch mit dem Koalitionspartner ausführlich beraten werden musste.
Wie Sie wissen, hat der Deutsche Bundestag Mitte 2008 auf Vorschlag von SPD und CDU/CSU die Novelle des EEG beschlossen. Wir waren uns einig, dass wir beim Einsatz von Palm- und Sojaöl endgültig die Einhaltung von Kriterien nachhaltiger Produktion sicherstellen wollten. Tatsächlich hätten die Netzbetreiber als Abnehmer des erzeugten Stroms bereits seit dem Inkrafttreten der EEG-Novelle aus dem Jahr 2004 solche Nachweise verlangen müssen.
Es schadet unserem gemeinsamen Anliegen eines forcierten Klima- und Umweltschutzes, wenn weiterhin Strom mit dem Etikett erneuerbarer Energie auf Basis von Rohstoffen erzeugt wird, die nicht nachhaltigen Kriterien genügen. Wir hatten daher für die Zeit nach dem 1. Januar 2009 vorgesehen, dass nicht nachhaltig erzeugtes Bioöl nicht mehr im Rahmen der nach EEG geförderten Stromerzeugung eingesetzt werden darf. Dabei gingen wir davon aus, dass auf EU-Ebene rechtzeitig eine entsprechende Regelung für nachhaltige Kriterien geschaffen und alle Akteure im Markt die weitere Beschaffung von Öl anhand dieser Kriterien vornehmen könnten.
Leider hat sich die Willensbildung auf EU-Ebene verzögert. Das lag nicht in deutscher Verantwortung. Vor diesem Hintergrund ist jedoch eine Übergangsregelung erforderlich geworden. Denn diese Regelungslücke kann sicher nicht zu Lasten der Betreiber solcher Stromerzeugungsanlagen auf Basis flüssiger Biomasse gehen, die derzeit noch keine Möglichkeit haben, sich Öle zu beschaffen, die nachhaltige Kriterien erfüllen.
Allerdings hat sich zugleich die Frage gestellt, ob solche nicht zertifizierten Öle auch weiterhin die erhöhte Förderung des Bonus für nachwachsende Rohstoffe in Anspruch nehmen sollten. Immerhin sind die Beschaffungspreise für Bioöle deutlich gesunken und lassen einen wirtschaftlichen Betrieb der Anlagen auch ohne den vorgenannten Bonus zu.
Die Koalitionsfraktionen haben sich im Dezember 2008 darauf verständigt, die Ausschlussregelung für nicht zertifiziertes Bioöl im Rahmen des EEG um ein Jahr zu verschieben. Für den Fall, dass die EU-weit festzulegenden Kriterien für eine nachhaltige Produktion solcher Öle vorher in nationales Recht umgesetzt werden, verkürzt sich diese Verlängerung entsprechend. In jedem Fall werden die Betreiber solcher Anlagen damit bei der künftigen Beschaffung von Bioöl über entsprechende Informationen zu den zwingend einzuhaltenden Kriterien im Sinne nachhaltiger Entwicklung verfügen.
Es ist der SPD nicht leicht gefallen, dieser Regelung zuzustimmen, zumal heute eingesetztes Bioöl vielfach den absehbaren Kriterien nachhaltiger Produktion nicht genügt. Das hat es zusätzlich erschwert, einem Aufschub beim Ausschluss von nicht zertifizierten Bioölen aus dem EEG-Regime zuzustimmen.
Da aber die erwähnte Verschiebung der Ausschlussregelung für unzertifiziertes Bioöl bis zum 31. Dezember 2009 befristet wird, muss eine nationale Regelung auf Basis EU-weiter Ziele noch im ersten Halbjahr 2009 beschlossen werden. Umso mehr drängen wir darauf, dass sich die Europäische Union umgehend auf entsprechende Kriterien verständigt, so dass wir anschließend nationales Recht schaffen können. Soweit bis dahin keine EU-weite Regelung vorliegt, können wir auch in Eigenregie vorgehen. Daher fordert die SPD die Bundesregierung eindringlich auf, umgehend eine nationale Regelung für Kriterien einer nachhaltigen Produktion vorzuschlagen.
Insgesamt wird mit der Übergangsregelung zweierlei erreicht:
- Wir verschieben die eigentlich für die Zeit ab 1. Januar 2009 vorgesehene Beschränkung beim Einsatz von Bioöl um maximal ein Jahr. Damit schützen wir auch die berechtigten Anliegen solcher Anwender von Bioöl, die auf die Definition nachhaltiger Kriterien warten und ähnliche Anforderungen schon heute bei der Beschaffung von Bioöl freiwillig einhalten.
- Und wir senden ein unmissverständliches Signal: Es gibt keinen Anreiz mehr für eine weitere Rodung von biologisch wertvollen Flächen für Zwecke der Bioölproduktion. Die Ölproduktion auf solchen Flächen wird nicht für die geförderte Stromerzeugung zugelassen. Eine ähnliche Regelung ist bereits für die über Quoten geförderten Biokraftstoffe vorgesehen.
Darüber hinaus haben die Koalitionsfraktionen auf Initiative der SPD einen Entschließungsantrag zur Stichtagsregelung bezüglich der Landnutzungsänderungen in den Deutschen Bundestag eingebracht. Während auf europäischer Ebene voraussichtlich der 1. Januar 2008 als Stichtag gewählt wird, streben wir an, nur jenes Öl von Plantagen zu fördern, die vor dem 1. Januar 2005 in Betrieb genommen wurden. Auch dies ist ein wichtiger Schritt hin zu einer nachhaltigen Nutzung von Bioölen.
Uns geht es gerade darum, dem weiteren Raubbau an der Natur Einhalt zu bieten. Wir wollen im Bereich der Bioenergie eben nicht, dass hier ökologische Etiketten entstehen, die faktisch zu Lasten der Biodiversität und des Klimaschutzes in Asien, Afrika und Südamerika gehen. An diesem Ziel halten wir fest.
Mit freundlichen Grüßen
Volker Kröning