Frage an Volker Kröning von Reinhard T. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Tach auch Herr Kröning, ich spreche sie auch aus Bremer Sicht an.Bei der Diätenerhöhung die sich die Bundesabgeordneten bewilligt haben, ist überall Unmut entstanden, insbesondere die Höhe. In Bremen ist ein unabhängiger Ausschuss vorhanden der unter bestimmten Gesichtspunkten die Höhe der Diätenerhöhung vorschlägt, 0,3% waren es jetzt, wenn ich richtig unterrichtet wurde. Ist dieses Verfahren nicht auch für den Bund übertragbar, um die Selbstbedienungsvorwürfe entkräften zu können Gruß R.Tümmel
Sehr geehrter Herr Tümmel,
Sie beanstanden die Höhe der Diätenerhöhung für die Bundestagsabgeordneten und fragen, wie der Vorwurf der Selbstbedienung entkräftet werden könnte.
Der Gesetzgeber hatte in der Vergangenheit die Höhe der Entschädigung mit jener von Bürgermeistern kleinerer Städte mit 50 bis 100.000 Einwohnern gleichgestellt. Dies schien der Verantwortung der Abgeordneten, die immerhin Entscheidungen für 80 Millionen Bundesbürger treffen müssen, angemessen. Abgeordnete gehören damit nicht zu den Geringverdienern, doch sie gehören auch nicht zu den Großverdienern im Unternehmensmanagement, selbstständigen Handwerk oder in Freien Berufen wie Rechtsanwälte, Ärzte oder Architekten (womit ich keineswegs behaupte, dass alle Angehörigen dieser Berufe Großverdiener seien).
Eine Diskussion über die Höhe der Diäten muss daher immer drei Dinge im Auge behalten: Die Verantwortung der Abgeordneten, die Anforderungen an ihre Fähigkeiten und die Bereitschaft, diesen Job auszuüben. Die Verantwortung habe ich angesprochen. Die Anforderungen an Abgeordnete sind sowohl im fachlichen als auch in dem Bereich des persönlichen Engagements groß. Abgeordnete sollen Fachleute für bestimmte Themen sein und gleichzeitig den Überblick über das Ganze behalten; sie sollen kompetent, vertrauenswürdig, unbestechlich, sachlich und gerecht entscheiden. Neben ihren Aufgaben in Plenum, Ausschüssen und Arbeitsgruppen des Bundestags und ihrer Fraktion sollen sie mit Ministerien, Wirtschaft, Arbeitnehmern, Bürgerinnen und Bürgern, Presse und vielen Interessenvertretern sprechen und Abend für Abend, Wochenende für Wochenende an Veranstaltungen in Berlin oder ihrem Wahlkreis teilnehmen.
Verstehen Sie mich nicht falsch, ich beklage mich nicht über die Bürde des Mandats. Im Gegenteil: Ich nehme mein Mandat sehr gerne wahr und habe mich vor langer Zeit ganz bewusst und inzwischen viele Mal dafür entschieden, nicht allein als niedergelassener Anwalt Geld zu verdienen, sondern mich für das Gemeinwohl unseres Landes einzusetzen.
Gleichzeitig bin ich der Meinung, dass unser Parlament den Querschnitt der Bevölkerung widerspiegeln sollte. Damit muss es auch jedem und jeder die Möglichkeit gewähren, das Mandat unanfechtbar wahrzunehmen. Eine niedrige Diät würde z.B. möglicherweise zu amerikanischen Verhältnissen führen, wo nur Präsident werden kann, wer das nötige Geld oder die entsprechenden Unterstützer bereits besitzt. Das Streben nach hohem Verdienst ist wie das Streben nach Macht ein schlechter Berater für Politiker. Es gehört eine große Portion Idealismus und Verantwortungsbewusstsein dazu.
Tatsächlich erregt die Erhöhung der Diäten durch uns Abgeordnete selbst immer wieder Unmut und ist auch für uns kein schöner Zustand. Das Grundgesetz lässt in Artikel 48 Absatz 3 aber keine andere Wahl, wie das Bundesverfassungsgericht deutlich gemacht hat. Die nun gefundene Lösung passt die Entwicklung der Diäten wieder an die Vergütung der Bürgermeister kleiner Städte und von Gemeinden mit 50 000 bis 100 000 Einwohnern und im Übrigen der einfachen Bundesrichter an, von der sie zuletzt auch durch vier Nullrunden erheblich abwich. Eine Anhebung der Entschädigung erfolgt künftig nur, wenn sich die Vergütung der mit den Abgeordneten vergleichbaren Bürgermeister und der Bundesrichter ändert; der Bundestag beschließt darüber aber weiterhin jedes Mal neu in einem eigenen Gesetz. Als Orientierungsgröße für die Abgeordnetenschädigung soll im Übrigen künftig nur noch das monatliche Grundgehalt der kommunalen Wahlbeamten und der Bundesrichter – d.h. ohne die anteiligen Sonderzahlungen – gelten; deshalb wird die gesetzliche Orientierungsgröße von einem Zwölftel der Jahresbezüge auf die Monatsbezüge abgesenkt.
Ich stehe zu dem Ergebnis, auch wenn ich hinsichtlich der Versorgungsregelung gerne anders entschieden hätte. Wenn Sie Interesse daran haben, mehr über die Anpassung der Abgeordnetenentschädigung und die Gründe zu erfahren, dann kann ich Ihnen empfehlen, die Einleitung zum Gesetzentwurf zu lesen; sie finden sie auf der Internetseite des Deutschen Bundestags in der Drucksache 16/6924.
Mit freundlichen Grüßen
Volker Kröning