Frage an Victor Perli von Hans-Joachim H. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Hei Herr Perli,
welche Meinung haben Sie zum PV-Beschluß zur Ankündigung einer Kundgebung am 14.12.2017 auf dem Rosa-Luxenburg-Platz in Berlin. Dabei setze ich voraus, daß Sie die Vorgeschichte dazu kennen. Mich interessiert auf welcher Seite Sie stehen.
Dann würde mich noch Ihre Meinung zum BGE interessieren.
Mit freundlichen Grüßen
Hajo Hagen
Sehr geehrter Herr H.,
das bedingungslose Grundeinkommen (BGE) ist eine spannende Idee, die von vielen Menschen diskutiert wird. Mit ihr wird die linke Vision einer Gesellschaft ohne Armut und Existenzangst verbunden. Es gibt aber kein BGE-Konzept, das mich überzeugt und das umsetzbar wäre, ohne den Sozialstaat weiter zu schwächen oder ihn zu zerstören. Ein starker Sozialstaat soll Ungerechtigkeiten bekämpfen und beim Ausgleich von Benachteiligungen helfen. Beim BGE bekommt ein Milliardär aber genau so viel wie ein Mensch mit schwersten Behinderungen, obwohl der viel mehr braucht als 1.000 Euro im Monat. Dazu kommt das Problem der Finanzierung: Ein bedingungsloses Grundeinkommen von 1.000 Euro pro Monat kostet eine Billion Euro pro Jahr. Die jährlichen Steuereinnahmen des Staates liegen bei 600 bis 700 Millionen Euro. Die neoliberalen Modelle für eine BGE sehen zur Finanzierung die Abschaffung des Sozialstaats, der Sozialversicherungen usw. sowie eine extrem hohe Mehrwertsteuer vor. Das führt dann dazu, dass Arme ihr Grundeinkommen selbst finanzieren, Kranke sich ihrer Krankenversicherung nicht mehr sicher sind und Superreiche ihre Luxusgüter irgendwo auf der Welt steuerbefreit kaufen werden. Das ist ganz sicher kein sozial gerechtes Modell.
Ich setze mich stattdessen für einen starken und solidarischen Sozialstaat, für eine Umverteilung durch höhere Steuern auf große Gewinne und Vermögen sowie für eine Arbeitszeitverkürzung mit höheren Löhnen ein. Bei der Bundestagswahl war ein zentrales Anliegen der LINKEN eine sanktionsfreien Mindestsicherung oberhalb der Armutsgrenze, damit niemand in Armut leben muss. Die Grenze, ab wann Menschen arm sind, ist nach wissenschaftlichen Standards zu berechnen und liegt derzeit bei knapp 1.050 Euro. Deshalb fordert DIE LINKE derzeit eine sanktionsfreie Mindestsicherung in Höhe von 1.050 Euro. Damit würden nicht nur in die skandalösen Verhältnisse bei Hartz4 verändert, sondern auch gesellschaftliche Teilhabe gesichert und Altersarmut effektiv unterbunden. Um Kinderarmut zu bekämpfen, wollen wir das Kindergeld erhöhen, eine Kindergrundsicherung von 564 Euro einführen und Chancengleichheit und Gebührenfreiheit in der Bildung durchsetzen (www.die-linke.de/themen/mindestsicherung/) .
Zu Ihrer weiteren Frage:
Meine Partei hat zu Recht eine distanzierte Haltung eingenommen zu dieser (spärlich besuchten) Kundgebung und der zugehörigen Veranstaltung in Berlin, bei der Künstler mit Verbindungen ins rechte Milieu und bekannte Holocaustrelativierer aufgetreten sind.
Mit freundlichen Grüßen
Victor Perli