Wie werden Sie als linker Abgeordneter über den parteiübergreifenden Antrag, ein Verbotsverfahren durch das BVerG gegen die AfD einzuleiten, abstimmen?
Sehr geehrter Herr Perli,
leider habe ich Sie nicht auf der Liste der Abgeordneten gefunden, die ein Verbot der AfD durch das BVerG vorantreiben.
Nach den Demonstrationen der Zivilgesellschaft in allen Teilen Deutschlands Anfang des Jahres, nach Jahren der faschistischen, antidemokratischen und menschenverachtenden Rethorik der AfD, nach Jahren des vergeblichen Versuchs der „Entzauberung“ in den Medien, nach dem ebenso vergeblichen Versuch, die AfD "inhaltlich zu stellen", nach den Ergebnissen der Landtagswahlen in Sachsen, Thüringen und Brandenburg halte ich ein Verbotsverfahren für zwingend erforderlich.
Wie werden Sie als Linker Abgeordneter über diesen parteiübergreifenden Antrag abstimmen? Ich und viele andere werden Sie daran messen.
MfG
Sehr geehrte Frau L.,
vielen Dank für Ihre Frage. Ich teile Ihre Sorgen mit Blick auf das Erstarken der AfD und den damit verbundenen Gefahren für die Demokratie, unseren Sozialstaat und das gesellschaftliche Klima. Ein Verbotsverfahren ist eine Möglichkeit gegen die AfD vorzugehen. Allerdings benötigt so ein Verfahren mehrere Jahre und es sind sehr hohe verfassungsrechtliche Anforderungen zu erfüllen. Ein Scheitern eines Verbotsverfahrens wäre ein Debakel, ebenfalls eine - absehbar - fehlende Mehrheit bei einer Abstimmung im Bundestag. Deshalb muss aus meiner Sicht das oberste Ziel sein, ihr politisch den Nährboden zu entziehen. Dazu möchte ich Sie auf eine Veröffentlichung des DGB Niedersachsen hinweisen. Es ist mittlerweile durch Studien erwiesen, dass von einer staatliche Kürzungspolitik, von Sozialabbau und einer Einschränkung öffentlicher Dienstleistungen in ganz Europa vorwiegend Parteien der extremen Rechten profitieren. Dagegen zeigt eine Studie des Instituts für Weltwirtschaft (IfW Kiel), dass spürbar höhere staatliche Investitionen in die gesellschaftliche Infrastruktur und öffentliche Daseinsvorsorge zum gegenteiligen Effekt führen und somit die Demokratien stärken.
Es gibt hierzulande einen dringenden Bedarf an zusätzlichen Investitionen, zum Beispiel in das Bildungssystem, die Gesundheitsversorgung, die Schaffung und Sicherung bezahlbaren Wohnraums, den Erhalt der Industrie und für die langfristige Sicherung guter Arbeit mit ordentlichen Löhnen und Renten. Der Niedriglohnsektor und Armutsrenten müssen zurückgedrängt werden. Um diese Ziele durchzusetzen, müssten SPD, CDU/CSU, Grüne und FDP ihre bisherige Politik korrigieren. Dafür gilt es Druck zu machen, auch mit Blick auf die kommenden Wahlen.
Sehr empfehlenswert finde ich zudem die Vorschläge von Professor Klaus Dörre im Podcast der Zeitung „Freitag“: https://www.freitag.de/autoren/podcast/klaus-doerre-im-podcast-vier-ideen-wie-wir-die-afd-besiegen-koennen
Mit freundlichen Grüßen
Victor Perli