Frage an Uwe Schmidt von Melanie B. bezüglich Energie
Wie werden Sie am 3.7. im Bundestag stimmen, wenn das neue Kohleausstiegsgesetz verabschiedet werden soll? Die Mitglieder der Kohlekommission kritisieren, dass es in seiner jetzigen Version signifikant hinter dem ausgehandelten Mindestkompromiss zurückbleibt. Die nun vorgesehenen Fördermengen liegen deutlich höher als im Entwurf vereinbart.
Zudem zementiert es Kohleverstromung für 18 weitere Jahre, obgleich sie schon jetzt nur durch Subventionen von Steuerzahlenden wirtschaftlich ist. Durch öffentlich-rechtliche Verträge mit RWE und LEAG würde ein früherer Ausstieg (und er wird kommen) die Steuerzahlenden > 4 Milliarden Eur kosten, Geld welches wir dringend für den sozialverträglichen ökologischen Wandel brauchen werden, insbesondere weil wir schon jetzt die Mittel künftiger Generationen für Konjunkturhilfen ausgeben.
Bitte denken Sie an unsere Kinder und Ihr Bundesland, welche lt. wissenschaftlicher Studien stark vom Meeresspiegelanstieg betroffen ist, wenn wir nicht berherzt umsteuern. Wie oft haben Sie den Vorträgen von WissenschaftlerInnen Ihres Bundeslandes zugehört?!
Sehr geehrte Frau Dr. Bergmann,
vielen Dank für Ihre E-Mail.
Für die Beantwortung Ihrer Frage muss ich etwas ausholen: Wir haben uns im Koalitionsvertrag vorgenommen, einen Plan zur schrittweisen Reduzierung und Beendigung der Kohleverstromung zu entwerfen. Auch wollten wir ein Ausstiegsdatum ins Auge fassen, bei dem es keinen Weg zurück zur Devise "Strom durch Kohle" gibt.
Gleichzeitig muss man aber die notwendigen rechtlichen, wirtschaftlichen, sozialen und strukturpolitischen Begleitmaßnahmen schaffen, damit kein Arbeitsplatz verloren geht und keine Region sich selbst überlassen bleibt. Und dazu braucht es eben (viel) Geld.
Zusammen mit der Union haben wir als SPD jetzt einen Weg gefunden, eine finanzielle Absicherung für den notwendigen Strukturwandel in den betroffenen Regionen und einen Fonds für Strukturwandel aus Mitteln des Bundes zu schaffen.
Wir lassen niemanden zurück!
Deutschland bleibt Vorreiter beim Klimaschutz, denn mit dem Kohleausstieg wagen wir erneut etwas, was sich keine vergleichbare Industrienation dieser Welt traut.
Wir sagen uns von einem zweiten zentralen Energielieferanten der Gegenwart los – dem Kohlestrom. Es gilt zu bedenken, wir wagen jetzt einen kombinierten Atom- und Kohleausstieg, etwas nie Dagewesenes. Das ist eine nationale Kraftanstrengung, die gelingen muss.
Ich sage ganz bewusst, hätten CDU und FDP den von SPD und Grünen beschlossenen Ausstieg aus der Atomenergie nicht temporär rückgängig gemacht - wir könnten heute schon weiter sein. Mit der SPD an der Regierung steht vielmehr fest: Die Zeit der Atom- und Kohleverstromung ist vorbei.
Nun zu den Zahlen: Für neue Jobs, neue Schienen- und Straßenanbindungen und Investitionen in Bildung und Forschung stehen bis 2038 (dem angesprochenen Ausstiegsdatum) insgesamt 40 Milliarden Euro zur Verfügung.
Damit sorgen wir für Sicherheit, Perspektiven und Zukunft der Beschäftigten und ihrer Familien. Darauf können sich die Menschen in der Lausitz wie auch im mitteldeutschen und rheinischen Revier verlassen. Für die SPD-Bundestagsfraktion ging und geht es vordergründig um einen gesicherten Zukunftspfad für die Kumpel und deren Familien.
Der Weg zum Kohleausstieg ist daher eine vernünftige ökologische, soziale und vor allem rechtssichere Kompromisslösung.
Die Kritik an politischen Kompromissen ist erlaubt, deswegen ist es wichtig zu betonen, dass ein entschädigungsfreier Ausstieg vor 2038 weiterhin möglich bleibt, wenn dies zur Erreichung der Klimaziele erforderlich wird. Wir haben im Kohleausstiegsgesetz deswegen für die Jahre 2022, 2026, 2029 und 2032 Überprüfungspunkte festgeschrieben, um die Einhaltung unserer Klimaschutzziele zu gewährleisten.
Ein Wort noch zu dem ökologischen Wandel, den Sie angesprochen haben: Gerade für die künftigen Generationen ist es ja immens wichtig, dass wir jetzt die Voraussetzung für den Ausstieg aus Atom und Kohle angehen und gleichzeitig den verstärkten Einstieg in die erneuerbaren Energien entschlossen angehen. Die erneuerbaren Energien sind das zentrale Element des zukünftigen Stromerzeugungssystems in unserem Land. Ziel ist es, den Anteil der erneuerbaren Energien am Bruttostromverbrauch bis 2030 auf 65 Prozent zu erhöhen. Das haben wir nun auch gesetzlich fixiert.
Um dieses Ziel sicher erreichen zu können, sind weitere Schritte im Rahmen der jetzt zügig durchzuführenden EEG-Reform notwendig. Dazu gehören aus Sicht der SPD-Fraktion insbesondere ambitionierte und gesetzlich verankerte Ausbaupfade für Wind und Photovoltaik, eine stärkere finanzielle Beteiligung der Bürgerinnen und Bürgern an den Erlösen der Windenergie, eine Reform des Mieterstroms und eine bessere Förderung großer Solar-Dachanlagen.
Mit freundlichen Grüßen
Uwe Schmidt