Frage an Uwe Feiler von Andy R. bezüglich Wissenschaft, Forschung und Technologie
Fast 90% des wissenschaftlichen Personals an deutschen Hochschulen ist befristet angestellt. Zusätzlich schafft das 2007 eingeführte WissZeitVG ein Sonderbefristungsrecht in der Wissenschaft. Insgesamt zwölf Jahre, aufgeteilt in sechs Jahre vor der Promotion und sechs Jahre nach der Promotion, können wiss. Mitarbeiter*innen an deutschen Hochschulen angestellt werden. Danach müssen sie, wenn sie keine Professur erhalten, die Wissenschaft verlassen. Dieses Gesetz führt zu prekären Arbeitsverhältnissen beim wissenschaftlichen Mittelbau. Wie stehen Sie zum WissZeitVG?
Sehr geehrter Herr Räder,
vielen Dank für Ihre Anfrage zum Wissenschaftszeitvertragsgesetz, die ich gerne beantworte.
Für unsere Gesellschaft und Deutschland als Innovationsland leisten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler mit ihrer Arbeit einen wichtigen Beitrag. Das Wissenschaftszeitvertragsgesetz (WissZeitVG) regelt, wie die Arbeitsverträge für das wissenschaftliche Personal an Hochschulen und Forschungseinrichtungen zeitlich befristet werden können, welche Voraussetzungen dafür erfüllt sein müssen und wo die Grenzen der Befristung liegen. Mit der Novellierung des Gesetzes im Jahr 2016 wurde nochmal nachgesteuert, um Nachwuchswissenschaftler besser vor unsachgemäßen Kurzbefristungen zu schützen. Ziel ist es Dauerbefristungen zu verhindern. Die wissenschaftliche Arbeitswelt steht aber auch vor anderen Herausforderungen als die allgemeine Arbeitswelt. Diesen Besonderheiten wird mit dem WissZeitVG Rechnung getragen, da es spezielle Regelungen für Befristungen vorsieht. Denn vor allem in der Phase der Qualifizierung des wissenschaftlichen Nachwuchses sind befristete Arbeitsverhältnisse sinnvoll und notwendig. Die Befristung ermöglicht das Rotationsprinzip und nachrückenden Generationen den Zugang zu wissenschaftlichen Tätigkeiten. Ohne diese Sonderbefristungsregelungen in der Wissenschaft würden, auch nach Meinung der großen Wissenschaftsorganisationen, insbesondere für junge Forschende die Möglichkeiten für eine wissenschaftliche Qualifizierung massiv eingeschränkt werden. Der Erwerb wissenschaftlicher Qualifikationen von mehreren zehntausend Personen jährlich in Deutschland ist sehr wichtig für unseren Wissenschaftsstandort, aber nicht alle können und müssen langfristig im Wissenschaftssystem tätig sein. Das WissZeitVG wurde daher als Instrument auf den Weg gebracht, um einen Ausgleich zwischen befristeten und unbefristeten Arbeitsverhältnissen herzustellen sowie wissenschaftlichen Nachwuchskräften jeder Generation den Zugang vereinfachen. Als Arbeitgeber sind die Hochschulen und Wissenschaftseinrichtungen angehalten verantwortungsvoll über die Arbeitsbedingungen zu entscheiden und mit den ihnen gewährten Freiräumen bzgl. der Befristungsmöglichkeiten umzugehen. Klar ist aber auch, es bleibt noch viel zu tun. Vor allem müssen wir an der Personalentwicklung bei Hochschulen und Wissenschaftseinrichtungen ansetzen, um klare Kriterien für den wissenschaftlichen Aufstieg zu definieren. Das WissZeitVG wird derzeit evaluiert und wenn die Ergebnisse im Frühjahr 2022 veröffentlicht werden, werden wir als Union genau schauen wo Handlungsbedarf besteht.
Ich freue mich, dass in den vergangen Jahren eine Reihe an Anstrengungen unternommen wurden, um die Karrierewege in der Wissenschaft attraktiver und planbarer zu machen. So hat die CDU-geführte Bundesregierung gemeinsam mit den Bundesländern die Exzellenzstrategie und den Zukunftsvertrag „Studium und Lehre stärken“ flächendeckend und auf Dauer gestellt. Allein für den Zukunftsvertrag stellt der Bund jährlich rund zwei Milliarden Euro zur Verfügung, damit vor allem unbefristetes, mit Studium und Lehre befasstes Hochschulpersonal ausgebaut wird. In den nächsten Jahren wird auch das Tenure-Track-Programm zur Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses seine Wirkung entfalten. Mit dem Programm sollen die Karrierewege in der akademischen Welt planbarer und transparenter werden. Um 1.000 zusätzliche Tenure-Track-Professuren zu fördern, stellt der Bund eine Milliarde Euro bereit. Seien Sie versichert, dass die Union die Sorgen der jungen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler ernst nimmt und wir auch weiterhin an einer Verbesserung der Arbeitsbedingungen und Karrieremöglichkeiten im Wissenschaftssystem arbeiten werden.
Mit freundlichen Grüßen
Uwe Feiler