Frage an Uwe Feiler von Jörg S. bezüglich Medien, Kommunikation und Informationstechnik
Sehr geehrter Herr Feiler,
wie stehen Sie zur biometrischen Erfassung der Bevölkerung in öffentlichen Räumen?
Würden Sie ein generelles Verbot automatisierter Gesichtserkennung unterstützen? Die aktuell laufende "Reclaim Your Face" Initiative möchte ein solches Verbot erreichen und die Berichterstattung darüber hat mich zu dieser Anfrage bewogen. Mein Standpunkt ist, dass Massenüberwachung aktuell technisch nicht einmal ausgereift, und damit nutzlos, ist und, dass das Missbrauchspotenzial jetzt und besonders durch zukünftige, weiter rechtsgerichtete Regierungskonstellationen viel zu groß ist.
Das Hauptargument für mehr Überwachung ist, dass dies "Die Sicherheit" erhöhen würde. Falls Sie dieses Argument stützen: Sind Ihnen Fälle bekannt, in denen Überwachung nachweislich Straftaten verhindert? Ich meine nicht die Verfolgung von Straftaten sondern deren Verhinderung, die in meinen Augen das vorrangige Ziel sein sollte. Wäre es nicht langfristig nicht effektiver, Geld in Sozialprogramme statt Überwachung zu investieren?
Wie stehen Sie außerdem dazu, dass die "Überwachungsgesamtrechnung" sowie die vorgeschriebene Evaluationen bestehender Überwachungsmaßnahmen regelmäßig von Ihrer Partei ignoriert werden?
Danke und freundliche Grüße,
Jörg Schumann
Sehr geehrter Herr Schumann,
gezielte und intelligente Videoerkennung kann einen erheblichen Mehrwert an Sicherheit bringen. So können insbesondere Straftäter und Terrorverdächtige viel einfacher erkannt und festgenommen werden. Die intelligenten Kameras können die Arbeit der Polizistinnen und Polizisten erheblich unterstützen, da sie zur gleichen Zeit eine viel größere Zahl an Menschen erfassen können. Wir haben in der letzten Legislaturperiode 10 000 zusätzliche Stellen bei den Bundessicherheitsbehörden geschaffen und in dieser Legislaturperiode die Schaffung von zweimal 7 500 zusätzlichen Stellen für Polizeibeamte beschlossen. Wir brauchen aber nicht nur mehr Polizistinnen und Polizisten, sondern auch Instrumentarien, damit sie ihre Arbeit vernünftig und gut erledigen können. Daher sollten wir moderne Techniken, die die Polizei unterstützen können, im Rahmen der Verhältnismäßigkeit einsetzen.
Bei der biometrischen Gesichtserkennung geht es in Deutschland nicht um eine flächendeckende staatliche Überwachung, sondern um individuelle Gesichtserkennung. Natürlich muss genau abgewogen werden, wo und inwieweit der Mehrwert an Sicherheit die Beeinträchtigung des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung überwiegt. Die Abwägung spricht jedoch im Ergebnis für einen Einsatz in klar umrissenen Grenzen: Die Beeinträchtigung der Grundrechte der Passanten ist gering, da die Nutzung der Technik auf bestimmte Orte und auf einen Abgleich mit einem Fahndungsbestand, in dem sich nur Personen befinden, von denen eine erhebliche Gefahr ausgeht, beschränkt werden sollte. Die Technik ist mittlerweile so ausgereift, dass die Quote 'falscher Treffer' insbesondere durch die Kombination mehrerer Systeme verschwindend gering ist. Und auch in Zukunft wird immer der Mensch bzw. die Polizistin oder der Polizist überprüfen und entscheiden, ob es sich tatsächlich um eine Übereinstimmung handelt, wenn der Abgleich der Kamera-Daten mit den Polizei-Daten zu einem Treffer führt.
Es war richtig, dass das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat im letzten Jahr die biometrische Gesichtserkennung aus der Novelle des Bundespolizeigesetzes rausgenommen hat. Denn zuerst müssen noch ein paar offene Rechtsfragen geklärt werden. Der Einsatz von biometrischer Gesichtserkennung muss auf einem eng begrenzten Katalog an Straftaten, an Fahndungsdateien und von bestimmten gefährlichen Orten basieren. Klar ist: Die Union spielt Sicherheit und Freiheit nicht gegeneinander aus. Bei der Entscheidung, unter welchen Bedingungen und in welchem Umfang entsprechende Systeme zur Gesichtserkennung und sonstigen intelligenten Videoüberwachung künftig zum Einsatz kommen können, ist auch der Datenschutz und das Recht auf informationelle Selbstbestimmung zu beachten. Basierend darauf kann ein verhältnismäßiger und rechtlich klar geregelter Einsatz von biometrischer Gesichtserkennung in Deutschland einen großen Sicherheitsgewinn bringen und eine präventive Wirkung an Orten mit besonders hohem Gefährdungspotenzial wie Bahnhöfe oder Flughäfen entfalten.
Mit freundlichen Grüßen
Uwe Feiler