Frage an Ute Leidig von Daniel D. bezüglich Bildung und Erziehung
Ihre Partei hat 2017 Studiengebühren für Internationale nicht-EU Studierende eingeführt. (vgl. https://mwk.baden-wuerttemberg.de/fileadmin/redaktion/m-mwk/intern/dateien/pdf/Landeshochschulgesetz/Gesetzblatt-2017_245_Gesetz_zur_%C3%84nderung_des_Landeshochschulgeb%C3%BChrengesetzes_und_anderer_Gesetze.pdf ).
Davon fließen jedoch nur 20 % an die Hochschulen direkt für die Betreuung dieser Studenten (vgl. http://www.landesrecht-bw.de/jportal/portal/t/f50/page/bsbawueprod.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&documentnumber=1&numberofresults=1&fromdoctodoc=yes&doc.id=jlr-HSchulGebGBWV8P4#focuspoint LHGebG §4.3), wie ist dies dann vereinbar mit der Aussage ihrer Fraktion, dass die Studiengebühren nötig sind, denn "[...] [es] hat sich auch der Bedarf an Betreuung erhöht. Um dem gerecht zu werden und unsere guten Studienbedingungen zu erhalten, können Gebühren ein wesentliches Instrument sein." (vgl. Wahl-O-Mat zur Landtagswahl 2021, Standpunkt der Grünen auf die These 28 "Baden-Württemberg soll die Studiengebühren für alle internationalen Studierenden abschaffen."), wenn die Hochschulen für diese Betreuung nur 20% der Gebühren erhalten?
Da also 80 % dieser Gebühren nur zur Finanzierung der Schuldenbremse genutzt werden (vgl. https://www.studis-online.de/hochschulpolitik/studiengebuehren2017-baden-wuertemberg.php) ist eine Erinnerung an das deutsche Grundgesetz, das für die ausländischen Studierenden in gleichem Maße gilt, wohl auch noch einmal nötig:
GG Artikel 3 Abschnitt (3) Niemand darf wegen [...] seiner Heimat und Herkunft [...] benachteiligt werden.
Wie sind denn Studiengebühren die alleinig anhand der Herkunft festgesetzt werden mit diesem Artikel vereinbar?
Sehr geehrter Herr Drapler,
vielen Dank für Ihre Nachfrage. Das Thema Studiengebühren für Studierende aus dem Nicht-EU-Ausland führt verständlicherweise immer wieder zu Diskussionen. Die grundlegende Frage dabei ist, wie eine gute Balance zwischen der Sicherung von guter Betreuung und hohen Bildungsstandard an den Hochschulen durch eine ausgewogene Hochschulfinanzierung auf der einen Seite und einer gleichzeitig möglichst allgemeinzugänglichen Hochschulbildung auf der anderen Seite geschaffen werden kann.
2017 hat die grün-schwarze Landesregierung Studiengebühren für nicht-EU Ausländer eingeführt. Hintergrund dieser Maßnahme war vor allem die Einführung der Schuldenbremse. Die Schuldenbremse hat zur Folge, dass in jedem Bereich Einsparungen in Millionenhöhe erbracht werden müssen, auch im Bereich Wissenschaft und Forschung. Um trotzdem eine umfassende und auskömmliche Hochschulfinanzierung sicherzustellen, hat Wissenschaftsministerin Theresia Bauer sich dazu entschieden, zusätzliche Einnahmen zu generieren statt bei der Landesunterstützung der Hochschulen zu kürzen. Dies ist auch der Hintergrund, warum die Hochschulen zur Deckung des zusätzlichen Betreuungsaufwandes von nicht-EU-Studierenden nur 20% der Studiengebühren erhalten. Die restlichen Gelder fließen sozusagen als Teil der Landesfinanzierung der Hochschulen erst indirekt an die Hochschulen.
Um Härtefälle zu vermeiden wurde mit der Erhebung der Studiengebühren auch eine 5% Regelung geschaffen, mit der die Hochschulen individuell 5% der betroffenen internationalen Studierenden von den Gebühren befreien können. Auch weitere Regelungen für Studierende aus ärmeren Verhältnissen wurden getroffen. Insgesamt hat die juristischen Prüfungen der Studiengebühren mit Blick auf Art. 2 und 3 des Grundgesetzes eine angemessene Verhältnismäßigkeit ergeben, da das Ziel eine auskömmliche Finanzierung der Hochschulen einen legitimen Grund darstelle.
Meiner Kenntnis nach hat die Einführung der Studiengebühren für Studierende aus dem Nicht-EU-Ausland übrigens nicht zu einem Rückgang dieser Personengruppe an Hochschulen in Baden-Württemberg geführt. Wahrscheinlich hängt das damit zusammen, dass die Studiengebühren im internationalen Vergleich immer noch sehr niedrig sind.
Die Studiengebühren stellen aktuell leider notwendige Maßnahme für die ausgewogene Finanzierung der Hochschulen dar. Die im Gesetz verankerte regelmäßige Überprüfung der Regelung werden wir Grüne auch dazu nutzen um immer wieder zu hinterfragen, ob die Gebühren noch notwendig sind.
Freundliche Grüße
Ute Leidig