Frage an Ute Granold von Ivan T. bezüglich Recht
Sehr geehrte Frau Granold,
wir, eine studentische Arbeitsgruppe des Lehrstuhls Verwaltungswissenschaft der Universität Potsdam sind auch DAAD-Teilnehmer an einem Internationalen Masterstudiengang mit einer Russischen Universität der Völkerfreundschaft und führen im Rahmen eines Seminars "Design empirischer Fallstudien in Politik- und Verwaltungsforschung". Grundlagen der Politikfeldforschung am Beispiel ausgewählter Politikbereiche (Prof. Hucke) eine Studie zum Thema "Einfluss der Politik auf das energiepolitische Ziel der Energie(quellen)sicherheit" durch. Dabei interessieren uns besonders Fragestellungen hinsichtlich der Kooperation bzw. Zusammenarbeit Deutschlands und seiner Partner im Bereich der Erdgaslieferungen sowie der Sicherstellung der Energieversorgung. Zum Erreichen unseres Untersuchungsziels, möchten wir Sie bitten sich an unserem Projekt teilzunehmen. Dafür möchten wir Sie bitten die follgende Fragen zu beantworten:
1. Wie und mit welchen Ressourcen kann man die zukünftige Energielücke Deutschlands schließen?
2. Welche Rolle kann Erdgas spielen um diese Energielücke zu schließen?
3. Welche Vorteile und Nachteile der Schließung der Energielücken mit Hilfe des Erdgases müssen vor allem berücksichtigt werden?
4. Welche Vorteile und Nachteile der Schließung der Energielücken durch die Verstärkung der Energiepartnerschaft mit Russland müssen berücksichtigt werden?
5. Welche Optionen zur Schließung der Energielücken sind für Deutschland angesichts ihrer Ökonomie und Ökologie zu bevorzugen?
Vielen Dank für Ihre Hilfe!
Mit freundlichen Grüßen,
Alexander Galdun, Alexander Gusev und Ivan Tsurkanu
Sehr geehrter Herr Galdun,
sehr geehrter Herr Gusev,
sehr geehrter Herr Tsurkanu,
ich danke Ihnen für Ihr Schreiben vom 15. Juli 2011, in dem Sie mich bitten, Fragen zu Erdgaslieferungen sowie zur Sicherstellung der Energieversorgung zu beantworten. Nachstehend finden Sie meine Antworten auf Ihre Fragen.
1. Wie und mit welchen Ressourcen kann man die zukünftige Energielücke Deutschlands schließen?
Nach der Reaktorkatastrophe im japanischen Fukushima am 11. März 2011 hat die Bundesregierung beschlossen, bis Ende 2022 vollständig auf Kernenergie zu verzichten. Die 17 deutschen Kernkraftwerke erzeugten bis vor wenigen Monaten eine Leistung von 21,5 Gigawatt, was einem Anteil von rund 23 Prozent an der gesamten Stromerzeugung entsprach. Dieser Strom soll künftig in erster Linie durch den Ausbau erneuerbarer Energien erzeugt werden. Bis 2020 soll ihr Anteil an der Stromerzeugung von heute 17 Prozent auf 35 Prozent steigen und im Jahr 2050 bereits 80 Prozent betragen. Die wichtigsten Energieressourcen sind hierbei Windenergie (On- und Offshore), Biogas, Photovoltaik und Solarstrom. Um dieses ehrgeizige Ziel zu erreichen, investiert die Bundesregierung massiv in den Ausbau erneuerbarer Energien. So werden beispielsweise Windparks auf See mit 5 Mrd. Euro jährlich gefördert. Auch werden große Beträge in den Ausbau neuer Leitungsnetze investiert.
2. Welche Rolle kann Erdgas spielen, um diese Energielücke zu schließen?
Bei der Schließung der Energielücke liegt der Schwerpunkt eindeutig auf erneuerbaren Energien. Dennoch werden in Deutschland derzeit 17 konventionelle Kraftwerke mit einer Gesamtkapazität von 10,9 Gigawatt (GW) neu gebaut, davon entfallen 1,2 GW auf (Erd-)Gas- und Dampfturbinen-kraftwerke, 7,0 GW auf Steinkohlekraftwerke und 2,7 GW auf Braunkohlekraftwerke.
3. Welche Vor- und Nachteile der Schließung der Energielücke mit Hilfe von Erdgas müssen vor allem berücksichtigt werden?
Bei einem beschleunigten Ausbau der erneuerbaren Energien muss ein passender Kraftwerkspark zur Verfügung stehen, der das schwankende Stromangebot flexibel ausgleichen kann. Gaskraftwerke sind hierzu besonders geeignet, denn sie können bei Bedarf relativ schnell hoch- und heruntergefahren werden. Darüber hinaus sind sie relativ kostengünstig und besitzen einen hohen Wirkungsgrad. Falls wir zu stark auf Erdgas setzen, würde der Strompreis und die Abhängigkeit steigen, denn die größten Gasfelder liegen in Sibirien.
4. Welche Vor- und Nachteile der Schließung der Energielücken durch die Verstärkung der Energiepartnerschaft mit Russland müssen berücksichtigt werden?
Deutschland und Russland verbindet bereits heute eine sehr enge Energiepartnerschaft. Wichtige Exportpipelines führen von Russland nach und über Deutschland. Eine Sonderrolle nimmt hierbei die Ostsee-Gaspipeline „Northstream“ ein. In dieser Partnerschaft sind beide Länder gleichermaßen aufeinander angewiesen. Einerseits ist Russland Deutschlands bedeutendster Energielieferant. Gleichzeitig ist Deutschland Russlands größter Kunde bei Erdöl und Erdgas und hat dem Land im Bereich Energieeffizienz viel zu bieten. Jedoch ist es auch ein erklärtes Ziel der Bundesregierung, sich bei der Energieversorgung nicht zu sehr in die Abhängigkeit eines Landes zu begeben, sondern seine Energieimporte zu diversifizieren. Darüber hinaus setze ich mich als Menschenrechtspolitikerin dafür ein, dass trotz des berechtigten Interesses an stabilen Energiebeziehungen auch in Zukunft im deutsch-russischen Dialog Menschenrechtsfragen nicht in den Hintergrund treten.
5. Welche Optionen zur Schließung der Energielücken sind für Deutschland angesichts seiner Ökonomie und Ökologie zu bevorzugen?
Für die deutsche Wirtschaft - aber auch für Verbraucherinnen und Verbraucher - steht die Versorgungssicherheit zurecht im Mittelpunkt. Deutschland als eine der größten Exportnationen der Welt und größte Volkswirtschaft in Europa braucht eine verlässliche Energieversorgung, um auch in Zukunft wirtschaftlich erfolgreich zu sein. Gleichzeitig verfolgen wir mit unserer Energiepolitik wichtige Klimaschutzziele. Bis zum Jahr 2020 sollen die Treibhausgasemissionen um 40 Prozent und bis zum Jahr 2050 um mindestens 80 Prozent gegenüber 1990 reduziert werden. Damit nimmt die Bundesrepublik eine Vorreiterrolle bei der Bekämpfung des Klimawandels ein und löst seine in internationalen Verträgen abgegebenen Versprechen ein. Die Herausforderung der Energiewende besteht darin, diese beiden Ziele - Versorgungssicherheit und Klimaschutz - zusammen zu führen.
Ich hoffe, Ihnen mit diesen Antworten gedient zu haben. Für die Durchführung Ihres Seminars wünsche ich Ihnen alles Gute und viel Erfolg!
Mit freundlichen Grüßen
Ute Granold MdB