Frage an Ursula Helmhold von Marcel H. bezüglich Innere Sicherheit
Sehr geehrte Frau Helmhold,
ich möchte gerne von ihnen wissen, wie sie zu der von Herrn Koch geforderte Verschärfung des Jugendrechts stehen. Finden sie, dass man gegen die Gewalt der Jugendlichen härter vorgehen sollte oder dass man die Ursachen effektiver bekämpfen sollte. Herr Koch hat auch gefordert die gewalttätigen Ausländer schneller Abzuschieben, was halten sie davon? Und was sehen sie als die zentralen Gründe für die Gewalt von Jugendlichen? Ein Beispiel der Amoklauf in Erfurt 2002. Wie kann man sich davor schützen, ohne unbedingt gewalttätige Ausländer abzuschieben, denn es sind auch Deutsche Jugendliche, die gewalttätig sind.
Mit freundlichen Grüßen
Marcel Hasse
Lieber Herr Hasse,
vielen Dank für Ihre Anfrage. Wir betrachten die Äußerungen von Herrn Koch und anderen konservativen Politkern als Polemik und als billigen Versuch, von eigenen Versäumnissen abzulenken. Statt nach Warnschussarrest, der Anhebung der Höchststrafe oder gar Abschiebung zu rufen, sollten Bedingungen geschaffen werden, damit die vorhandenen Gesetze auch umgesetzt werden können. Zudem sollte man endlich auf die Fachwelt hören. Richterbund, Staatsanwälte und Kriminologen lehnen die geforderten Gesetzesänderungen als untaugliche Maßnahme ab. Alle wissenschaftlichen Erkenntnisse und die Stellungnahmen von Fachleuten und Verbänden beweisen unisono: Jugendliche Straftäter vermehrt und länger wegzusperren hilft nicht gegen die Jugendgewalt. Jugendliche Straftäter handeln nicht rational und lassen sich durch Strafdrohungen nicht abschrecken. Gewalt haben sie oft genug selber zum Beispiel im Elternhaus erfahren. Das bestehende Gesetz zur gewaltfreien Erziehung wird nicht genügend angewandt. Wer Gewalt in der Jugend erfährt, wird oft selbst zum Täter. Es bedarf hierbei einer stärkeren "Kultur des Hinsehens".
Außerdem brauchen wir bessere Angebote und Betreuungsmöglichkeiten, Hilfe bei der beruflichen Qualifikation sowie mehr Unterstützung für überforderte Eltern, die möglichst schon in Kitas und Schulen ansetzen muss. Entscheidend ist die Zusammenarbeit von Justiz, Polizei, Schule und Jugendhilfe. Auch der Täter-Opfer Ausgleich sollte unserer Ansicht nach ausgebaut werden.
Schützen kann man sich vor Gewalt wohl kaum, allerdings sind laut Bundespolizei, die die Kriminalität in S-Bahnen im Blick hat, die Bahnen insgesamt sehr sicher.
Mit freundlichen Grüßen
Ursula Helmhold