Frage an Ursula Heinen-Esser von Johannes R. bezüglich Gesundheit
Sehr geehrte Frau Heinen,
Als Angehöriger Ihres Wahlkreises habe ich Sie 2005 in dem Vertrauen für den Bundestag gewählt, dass Sie als Vertreter einer "christdemokratischen" Partei auch in der Stammzellendebatte eine entsprechende Position beziehen.
Abgesehen von der Vertretbarkeit künstlicher Befruchtung stellt sich die Frage, ob etwa "Restembryonen" aus künstlicher Befruchtung zu Forschungszwecken genutzt werden können, aus folgenden Gründen nicht:
1) Die (Ihr Zitat) "qualvollen Leiden und Schicksale" werden weder gelindert noch behoben. Auch ist immer noch kein Forschungserfolg in Aussicht. Für diese Verhältnisse beantworten Sie die, wie Sie sie bezeichnen, "schwierige Abwägungsfrage" überraschend klar. Das dabei "auch (!) der hohe Standard des christlichen Menschenbildes eine bedeutende Rolle" spielt, macht Ihre Aussage für mich als Christen nicht verständlicher: was bedeutet dieser "hohe Standard" für Ihr konkretes Wirken als Abgeordnete, wenn Sie nicht seine Erfüllung anstreben?
2) Würden Embryonen aus künstlicher Befruchtung Ihrem Ansinnen nach freigegeben, wie soll Missbrauch des Gesetzes wirksam verhindert werden?
3) Was am schwersten wiegt: Es handelt sich um einen Embryo, der bereits das gesamte Potential menschlicher Entwicklung in sich trägt. Er besitzt damit die volle Menschenwürde. Hier gibt es keine "Abwägungsfrage", unser Grundgesetz drückt sich klar genug aus: die Würde ist unantastbar, zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.
Warum engagieren Sie sich nicht etwa für den Ausbau der Forschung an adulten Stammzellen bei sofortiger Einstellung der embryonenverbrauchenden Forschung? Es gibt dutzende aanerkannter und bereits durchgeführter Therapien auf dieser Grundlage Allen Beteiligten, Patienten, Ärzten, Forschern und "sogar" den Biotechnologie-Unternehmen wäre geholfen.
Ich appelliere an Sie als Katholik und bitte Sie als Ihr Wähler, Ihre Entscheidung noch einmal zu überdenken.
Mit freundlichen Grüßen,
Ihr
Johannes Richenhagen
Sehr geehrter Herr Richenhagen,
vielen Dank für Ihre Fragen vom 13. Februar 2008, die ich im Folgenden gern beantworten möchte:
Für mich persönlich steht die Ethik des Heilens im Vordergrund, denn das Gebot des Lebensschutzes kann auch durch Unterlassen verletzt werden. Die Politik muss Chancen und Hoffnungen schwer kranker Menschen und ihrer Angehörigen auf Heilung durch die Erforschung neuer medizinischer Therapien ermöglichen und darf diese nicht verbauen.
Ich möchte an dieser Stelle betonen, dass es bei der Forschung an embryonalen Stammzellen zu keinem Zeitpunkt um die Entscheidung geht, wird die befruchtete Eizelle zu Forschungszwecken verwendet oder wird sie in eine Gebärmutter eingesetzt und kann sich dort weiterentwickeln. Aus diesem Grund wird auch zu keinem Zeitpunkt de facto eine Entscheidung gegen entstehendes Leben getroffen.
Die Aufhebung des Stichtages in Deutschland öffnete doch nicht der Forschung Tür und Tor – sie findet weiterhin streng reglementiert statt. Das Robert–Koch-Institut wird auch in diesem Fall Anträge von Wissenschaftlern sehr genau nach den bereits bestehenden strengen Kriterien wie etwa Alternativlosigkeit anderer Methoden oder ethische Verwendung prüfen. Erst dann kann eine Zulassung eines Forschungsvorhabens erfolgen.
Die Aufhebung des Stichtages ist in meinen Augen darüber hinaus der beste Weg, embryonale Stammzellforschung durch die Weiterentwicklung der Forschung an adulten Stammzellen obsolet werden zu lassen. In den letzten Jahren wurden enorme Fortschritte auf dem Gebiet der adulten Stammzellforschung erzielt. Um diese aber für die medizinische Therapieforschung nutzbar zu machen, werden zum jetzigen Zeitpunkt noch embryonale Zelllinien benötigt. Die Grundlagenforschung an embryonalen Stammzellen ist unumgänglich, um zu klären, was adulte Stammzellen leisten können.
Mit freundlichen Grüßen
Ursula Heinen