Frage an Ursula Heinen-Esser von Kurt P. bezüglich Wissenschaft, Forschung und Technologie
Sehr geehrte Frau Heinen,
zu Ihrer Antwort auf die Befragung in der Kirchenzeitung Köln vom 14.12.0707 zur Änderung des Stammzellengesetzes:
Ihrer Auffassung kann ich in als Christ in keiner Weise folgen. Bei einer Chancenabwägung zwischen menschlichem Gewinn und religiösen Prinzipien kann nur Letzteren die Entscheidung zufallen. Wenn der Staat wirklich ALLES in seiner Macht stehende im Interesse der Gesundheit tun darf, dann sind wir so weit, dass alles erlaubt ist, was beliebt und an der Marke angekommen, wo religiös-ethische Grenzen verwischen. Im Übrigen schließe ich mich der Meinung von Herrn Dr. Eisel, Bonn, vollinhaltlich und dankbar an. Bitte, überdenken Sie Sie nochmals als katholische Christin Ihre Einstellung.
Freundliche Grüße mit dem Wunsch für ein gutes Neues Jahr
Kurt Peters
Sehr geehrter Herr Peters,
vielen Dank für Ihre Email vom 03. Januar 2008 zum Thema “Änderung des Stammzellengesetzes“.
Ich kann Ihnen versichern, dass wir Abgeordnete der CDU das Thema Stammzellenforschung sehr sorgfältig – unter der Berücksichtigung aller Einwände und Kritikpunkte – besprechen und wir es uns bei dieser schwierigen Abwägungsfrage nicht leicht machen.
Gestatten Sie mir, Ihnen meinen Standpunkt zu diesem Thema – in Ergänzung zu meiner kurzen Darstellung in der Kirchenzeitung – näher zu erläutern:
Als gläubige Christin fällt es mir wirklich nicht leicht, in dieser Frage eine Entscheidung zu treffen. Mit den Worten “religiöse Prinzipen“ in der Kirchenzeitung wollte ich diesen schwierigen Abwägungsprozess zum Ausdruck bringen. Die Möglichkeit, durch die Stammzellenforschung schwere Krankheiten zu heilen und die damit verbundene Möglichkeit der Heilung der Leiden von Schwerkranken, ist für mich ein Gebot christlicher Ethik. Ich kann es nicht mit meinem Gewissen vereinbaren, schwerkranken und leidenden Menschen nicht zu helfen, obwohl Heilungsmethoden aufgrund der Stammzellenforschung schon bald möglich wären.
In einer verantwortungsvollen Abwägung hat für mich die Möglichkeit, Leben heilen zu können und das Schicksal schwerkranker Menschen einen höheren Stellenwert gegenüber Stammzellenlinien – die ursprünglich im Rahmen der künstlichen Befruchtung gewonnen wurden – für die aber keine Chance mehr auf Implantation besteht.
Der verfassungsrechtliche Grundsatz des Lebensrechts gemäß Art. 2 II GG kann auch durch Unterlassen verletzt werden. Daher gibt es auch eine moralische und rechtliche Pflicht, Leben von schwerkranken Menschen zu erhalten. Durch die Zulassung der Stammzellenforschung können neue Methoden zur Heilung von Leiden entwickelt werden.
Die Entwicklung der sogenannten induzierten pluripotenten Stammzellen (iPS), d.h. künstlich erzeugten Stammzellen, gibt begründeten Anlass und die Hoffnung, dass langfristitg auf die Forschung mit embryonalen Stammzellen verzichtet werden kann. Ein sofortiger und völliger Ersatz der Forschung mit embryonalen Stammzellen durch die iPS ist aber leider derzeit noch nicht möglich. Zum einen enthalten die iPS aufgrund ihrer derzeitigen Herstellungsmethode Viren und sind somit für die Anwendung an Menschen unbrauchbar. Zum anderen ist für den Ersatz eine sorgfältige Vergleichsuntersuchung mit embryonalen Stammzellen erforderlich, da die Forschung erst am Anfang dieser neuen Entwicklung steht. So läßt sich die Qualität und Funktionalität nicht-embryonaler pluripotenter Stammzellen nur aus dem Vergleich mit embryonalen Stammzellen von hoher Qualität beurteilen.
Im Übrigen bitte ich Sie zu bedenken, dass es in dieser kontroversen Diskussion durchaus auch fundamentale Gemeinsamkeiten gibt. Zum Beispiel bei dem Grundsatz, dass embryonale Stammzellen nicht zu dem Zweck erzeugt werden dürfen, sie zu beforschen. Oder bei dem Grundsatz, dass embryonale Stammzellen, die aus einer Zeugung hervorgegangen sind und im Leib einer Frau wachsen, nicht zu Forschungen benutzt werden dürfen.
Mit freundlichen Grüßen
Ursula Heinen