Frage an Ursula Heinen-Esser von Michael P. bezüglich Recht
Sehr geehrte Frau MdB Heinen,
Sie sind CDU-Abgeordnete meines Kölner Wahlkreises - und ich möchte Ihnen gerne wenige - aber für Hundertausende Menschen sehr wichtige - Fragen stellen.
Hierzu sei vorweggestellt, dass ich nur deshalb Kölner bin, weil meine Mutter Rosemarie, geb. von Plessen, aus Mecklenburg 1945 vertrieben-, und anschließend durch DDR-Kommunisten zwangsenteignet- und mit Kreisverweisung bestraft wurde.
Meine Fragen an Sie:
Sind Sie dafür, dass die durch SED-Kommunisten und Stasi-Knechte zu Unrecht kriminalisierten- und politisch- bzw. strafrechtlich verfolgten Menschen aus der sowjetischen Besatzungszone (SBZ) heute strafrechtlich rehabilitiert werden? Wie Sie vielleicht wissen, wurden sämtliche Bauern über 100ha Landbesitz und unzählige bürgerliche Mittelständler pauschal und ohne Ansehen der Person als Nazis und Hauptkriegsverbrecher kriminalisiert-, verfolgt-, getötet oder zwangsvertrieben.
Sind Sie dafür, dass diesen unschuldigen- und NS-unbelasteten Binnenvertriebenen aus der SBZ heute eine Rehabilitierung und späte Gerechtigkeit widerfährt? Wie Sie vielleicht ebenfalls wissen, hat Ihre CDU auf Basis der sog. "Restitutionslüge" dafür gesorgt, dass die SED-Opfer/1945-49 aus der SBZ weder strafrechtlich rehabilitiert wurden/werden - noch (nennenswert) entschädigt wurden/werden. Sind Sie dafür, dass Deutsche Opfer der SED-Diktatur heute die analoge Gerechtigkeit und Reha erfahren, die man z.B. den jüdischen NS-Opfern zollt? (siehe: Wertheim-Erben-Vergleich - durch die Vermittlung des CDU-Altkanzlers Dr. Kohl). Oder war die SED- und Stasi Diktatur eine "gute" Diktatur, deren Verbrechen an redlichen Menschen auf ewig ungesühnt und unaufgeklärt bleiben sollen? Sind unschuldige deutsche Opfer der SED- und Stasi Diktatur etwa Menschen "zweiter Klasse" vor dem Grundgesetz und den internationalen Menschenrechten?? - (Bitte beantworten Sie die Fragen (ggf) hier öffentlich einsehbar.)
Vielen Dank
MfG
Michael Pfeiffer
Diplomverwaltungswirt
Sehr geehrter Herr Pfeiffer,
vielen Dank für Ihr Schreiben vom 18. April 2007.
Zurzeit wird von der Regierungskoalition an einem Gesetzentwurf für das 3. SED- Unrechtsbereinigungsgesetz gearbeitet.
Es lässt sich feststellen, dass für NS-Opfer eine einheitliche und sehr weitgehende entschädigungsrechtliche Gesetzgebung geschaffen wurde. Für die SED-Opfer besteht eine auf verschiedene Gesetze verteilte Gesetzgebung mit verkürzten Entschädigungsregelungen. Außer der Kapitalentschädigung gibt es bisher nur ungenügende soziale Versorgungsleistungen, die dem Entschädigungsgedanken nicht gerecht werden. Auch gesetzliche Novellierungen haben die Situation der SED-Opfer nicht verbessert.
Die Union hat sich in der Vergangenheit eindeutig für eine SED-Opferpension ausgesprochen. In unserem aktuellen Regierungsprogramm heißt es: „Wir halten an dem Ziel fest, für Menschen, die durch DDR-Willkür geschädigt worden sind, eine Opferpension einzurichten.“
Diesen Willen haben wir im Koalitionsvertrag verankert.
Ich bin sehr froh, dass auch unser Koalitionspartner erkannt hat, dass es an der Zeit ist, die Opfer der SED-Diktatur angemessen und sichtbar zur würdigen. Sie kennen sicherlich unsere Bemühungen der letzten Jahre. Bislang scheiterten unsere Anträge aufgrund fehlender Mehrheiten in den vergangenen beiden Legislaturperioden.
Das anstehende Gesetzgebungsverfahren gibt jedem die Möglichkeit, seine Meinung einzubringen. Der Gesetzentwurf wird in den nächsten Wochen in den zuständigen Ausschüssen beraten werden. Auch wird es eine Anhörung geben.
Ich muss leider zur Kenntnis nehmen, dass es den DDR-Systemträgern im Vergleich zu den Opfern des SED-Regimes wesentlich besser geht. Dies beruht im Wesentlichen auf Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts, die die durch den Gesetzgeber für die privilegierten staatsnahen Personenkreise vorgenommenen Rentenkappungen aufhoben und damit für diese zu erheblichen Verbesserungen im Versorgungs- und Rentenrecht führte. Mittlerweile belaufen sich die Rentennachzahlungen für ehemalige SED-Systemträger auf weit über drei Milliarden Euro pro Jahr.
In einer Zeit also, in der die SED-Funktionäre und ihre Helfershelfer höhere Renten erhalten und ehemalige Stasi-Offiziere zunehmend die Tätigkeit des Ministeriums für Staatssicherheit www.ursula-heinen.de öffentlich bagatellisieren, muss eine Opfer-Entschädigung auch für die Öffentlichkeit erkennbar sein.
Die Antwort ist die SED-Opferrente. Und zwar für diejenigen, die unter der Diktatur der SED besonders schwer gelitten haben: die ehemaligen politischen Häftlinge.
Bei der Opferpension handelt es sich um einen pauschalierten Nachteilsausgleich. Hier besteht erstmals die Chance, verfolgungsbedingte Schäden, die in ihrem Ausmaß ohnehin nicht exakt bestimmbar sind, pauschal zu entschädigen. Damit erübrigt sich der größte Teil aller bisher notwendigen Prüfungs- und Begutachtungsverfahren. Und in ihrer Wirkung führt die Opferpension neben dem Ausgleich von verfolgungsbedingten und zum Teil bis heute fortwirkenden Nachteilen zu einer symbolischen Wertschätzung und damit zu einer Würdigung der Betroffenen. Nur damit wird das Ziel einer Bereinigung von SED-Unrecht erreicht.
Die Zahl der Begünstigten wird bei ca. 16.000 liegen und beruht auf Schätzungen des Bundesfinanzministeriums, das Hochrechnungen, die einige Länder angestellt haben, und Zahlen der Stiftung für politische Häftlinge herangezogen hat.
Es ist geplant, die Zuständigkeit für die Gewährung der Zahlung der Zuständigkeit für die Gewährung der Kapitalentschädigung im Strafrechtlichen Rehabilitierungsgesetz folgen zu lassen. Wann ein Antrag gestellt werden kann, kann derzeit noch nicht genau bestimmt werden. Das Gesetz soll nach Verkündung in Kraft treten. Es ist beabsichtigt, das Gesetz im Bundestag noch vor der Sommerpause zu verabschieden.
Ich hoffe, ich konnte Ihre Fragen beantworten und verbleibe mit freundlichen Grüßen
Ursula Heinen