Frage an Ursula Heinen-Esser von Olaf G. bezüglich Recht
Sehr geehrte Frau Heinen,
die Süddeutsche Zeitung berichtet darüber, dass die geplanten Stresstests für Atomanlagen von den Europäischen Energieministern abgeschwächt wurde. So soll verbindlich nur noch der Einfluss von Naturgewalten abgetestet werden.
Die Einflüsse von Sabotageakten, oder technischem Versagen ist demnach nicht mehr Bestandteil der EU-Vereinbarungen. Dies soll maßgeblich auf Einfluss von Frankreich und Großbritannien geschehen sein.
Sie wissen da mehr - schließlich sitzen Sie an der Quelle.
Mich interessiert, wie solche Beschlüsse zustande kommen. Zumal gerade die Briten ja diese Woche sehr empfindlich auf Menschen reagierten, die Atomanlagen fotografierten. Diese wurden unter Terrorverdacht festgenommen.
Warum hat die Ministerrunde die Abschwächung der Stresstests "durchgehen lassen"?
Warum ist nicht vereinbart worden, dass sämtliche Ergebnisse der Tests veröffentlicht werden (England will die Tests nicht veröffentlichen)?
Zusammenfassend:
- Trifft die Presseberichterstattung zu, dass einige Tests nun nur auf freiwilliger Basis durchgeführt werden?
- Warum ist man von der Verpflichtung zu umfänglicheren Tests abgewichen?
- Warum hat man nicht vereinbart, dass sämtliche Testergebnisse veröffentlicht werden?
Diese Fragen stelle ich Ihnen natürlich nicht in Ihrer Funktion als Staatssekretärin, mich interessieren Ihre Antworten als engagierte Abgeordnete.
Vielen Dank im Voraus
Sehr geehrter Herr Gehsing,
vielen Dank für Ihre Anfrage über Abgeordnetenwatch vom 4. Mai 2011 zum Thema „Stresstests“ für Atomanlagen.
Ich teile Ihre Bedenken hinsichtlich der „Stresstest“-Spezifikationen, über die tatsächlich innerhalb der Europäischen Union unterschiedliche Ansichten bestehen.
Sicherheit ist ein unteilbares Gut, und die Folgen nuklearer Unfälle machen an nationalen Grenzen nicht halt. Ich bin daher der Auffassung, dass in der Sicherheitsbewertung unbedingt auch menschengemachte Risiken berücksichtigt werden müssen. Darin stimme ich mit dem Deutschen Energiekommissar Günther Oettinger überein, der sich sehr für umfassende Kriterien einsetzt. Dies sind über die bisher berücksichtigten, natürlichen externen Ereignisse wie Erdbeben, Überflutungen und extreme Naturereignisse hinaus beispielsweise Flugzeugabstürze, terroristische Angriffe oder auch Cyber-Angriffe unter Berücksichtigung aller Sicherheitserwägungen im Bereich terroristischer Gefahren.
Die EU Kommission strebt an, die Tests zeitnah zu beginnen, so dass im Dezember ein Zwischenbericht vorliegen kann. Im Hinblick auf diesen Zeitplan hat sich beispielsweise der Chef der französischen Atomaufsicht, André-Claude Lacoste insofern kritisch über eine Ausweitung der Kriterien geäußert, als das er eine seriöse Prüfung über das terroristische Risiko in der für die „Stresstests“ vorgesehenen Zeit für nicht möglich hält. Momentan wird daher über ein zeitlich abgestuftes Vorgehen nachgedacht.
Da die Mitgliedsstaaten bei der Ausgestaltung der „Stresstests“ für ihre jeweiligen Atomanlagen rechtlich nicht an die Empfehlungen der EU Kommission gebunden sind, halte ich es persönlich für wichtig, dass die Testergebnisse so umfassend wie möglich veröffentlicht werden.
Mit freundlichen Grüßen
Ursula Heinen-Esser