Frage an Ursula Heinen-Esser von Wolfgang S. bezüglich Wirtschaft
Sehr geehrte Frau Heinen,
dies ist keine Frage zu den Internet-Sperren gegen Kinderpornografie (obwohl mich auch dazu Ihre Meinung interessiert, falls sie sich von den Standard-Antworten der CDU unterscheidet). Ich möchte aber einleitend sagen: Die Logik der Sperren beruht ja darauf, dass in einem internationalen Medium - dem Internet - wir uns von anderen Staaten abgrenzen müssen, deren Regeln nicht den unseren entsprechen.
Nun ist ja zunehmend auch die reale GüterWirtschaft global. Müssen wir uns nicht auch hier von anderen Staaten abgrenzen, in denen - bes. durch Kinderarbeit, aber auch z.B. durch fehlende Umweltauflagen - Bedingungen herrschen, die wir als unmoralisch ansehen?
Mit anderen Worten: Dürfen wir Produkte importieren, die von ausgebeuteten Kindern hergestellt wurden, und so diesen Missbrauch von Kindern finanziell unterstützen?
Mit freundlichen Grüßen,
Wolfgang Schwarz.
Sehr geehrter Herr Schwarz,
herzlichen Dank für Ihre Anfrage bei Abgeordnetenwatch vom 21. Mai 2009. Zur Diskussion über Internet-Sperren verweise ich auf die entsprechenden Antworten meiner Kollegen der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, mit denen ich vollständig übereinstimme.
Zu Ihrer Frage zum Thema Kinderschutz: Sie haben völlig Recht: Die Verantwortung für Kinder beschränkt sich nicht darauf, sie vor sexueller Ausbeutung zu schützen, sondern umfasst auch den Schutz vor wirtschaftlicher Ausbeutung und Gesundheitsbeeinträchtigung. Deshalb begrüße ich das Engagement vieler deutscher Firmen, die genau kontrollieren, dass in ihren ausländischen Zulieferbetrieben keine Kinder beschäftigt werden und die Produktionsbedingungen ein menschenwürdiges und gesundes Arbeiten zulassen.
Am 24. April 2009 trat zudem eine Reform des deutschen Vergaberechts in Kraft, die ein wichtiger Beitrag für die weltweite Umsetzung grundlegender Sozialstandards und die Gestaltung einer gerechten Globalisierung ist. Öffentliche Auftraggeber können seitdem explizit soziale und ökologische Kriterien, zum Beispiel das Verbot ausbeuterischer Kinderarbeit, für die Ausführung öffentlicher Aufträge vorgeben. Dies trägt ganz konkret dazu bei, die Armut der Produzenten in Entwicklungs- und Schwellenländern zu verringern und die Lebensumstände der Menschen zu verbessern.
Zudem arbeitet das Bundesentwicklungsministerium seit Jahren mit Unternehmen, Gewerkschaften, Nichtregierungsorganisationen und Produzenten bei der Erarbeitung und Umsetzung von freiwilligen Standard- und Labelinitiativen zusammen. Beispiele sind Public-Private-Partnership-Projekte im Textil- und Kaffeesektor, Dialoginitiativen wie der Runde Tisch Verhaltenskodizes oder Informationsarbeit zum Fairen Handel.
Die Bundesregierung unterstützt ausdrücklich die Internationale Arbeitsorganisation im Kampf gegen die Kinderarbeit. Sie setzt sich für die weltweite Ratifizierung der ILO-Konvention zur Verhinderung von Kinderarbeit ein, die den Einsatz von Kindern bis zum 18. Lebensjahr für jegliche Arbeit untersagt, die ihre Gesundheit, Sicherheit und moralische Entwicklung gefährdet. Die Konvention verpflichtet außerdem zum Vorgehen gegen die schlimmsten Formen von Kinderarbeit: gegen Versklavung, Schuldknechtschaft, Kinderhandel, Prostitution, Pornographie, Zwangsrekrutierung als Kindersoldaten und andere Formen des Einsatzes von Kindern zu unerlaubten Tätigkeiten. Die Bundesregierung setzt sich darüber hinaus auch für eine Verankerung dieser Normen in der Arbeit des Internationalen Währungsfonds (IWF) und der Weltbankgruppe ein.
Bereits seit Anfang der 1990er Jahre fördert die deutsche Entwicklungszusammenarbeit das internationale Programm zur Abschaffung der Kinderarbeit (IPEC) der ILO. Es ist inzwischen in 88 Ländern aktiv und unterstützt die Regierungen bei der Umsetzung von Strategien zur Bekämpfung der Kinderarbeit. Dazu gehören das Schaffen rechtlicher Regelungen und breit angelegter Bildungsangebote sowie der Einsatz von Arbeitsinspektoren, Öffentlichkeitsarbeit und direkte Hilfe für die betroffenen Kinder und ihre Familien. Seit 2002 werden so bereits rund 5 Millionen Kinder erreicht.
Ein weiterer Schwerpunktbereich bei der Bekämpfung von Kinderarbeit ist die partnerschaftliche Zusammenarbeit mit der Wirtschaft. Das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung hat im Jahr 2001 aktiv die Einberufung des Rundes Tisches "Gütesiegel und Verhaltenskodizes" unterstützt und moderiert diesen. Hier treffen sich Vertreterinnen und Vertreter aus Unternehmen, Zivilgesellschaft und Bundesregierung, um konkrete Maßnahmen zur Einhaltung von internationalen Sozialstandards in Entwicklungsländern zu verabreden. In konkreten Projekten, etwa im Kaffee,- Kakao- und Textilsektor, unterstützt die deutsche Entwicklungszusammenarbeit Unternehmen bei der Erarbeitung und Umsetzung von Verhaltenskodizes, die neben zahlreichen anderen Aspekten immer auch die Vermeidung ausbeuterischer Kinderarbeit bezwecken. Derartige Dialogforen gibt es auch auf internationaler Ebene. So unterstützt Deutschland die von UN-Generalsekretär Kofi Annan ins Leben gerufene Initiative des "Global Compact", in der sich weltweit mehr als 3.700 Unternehmen zur Einhaltung grundlegender Sozialstandards bekennen.
Die Bundesregierung setzt sich zudem aktiv für den Fairen Handel ein, denn dieser garantiert eine Herstellung ohne ausbeuterische Arbeit und eine gerechte Entlohnung der Produzentinnen und Produzenten in Entwicklungsländern, so dass diese ihre Kinder zur Schule schicken und ein Leben ohne Armut führen können.
Mit freundlichen Grüßen
Ursula Heinen