Frage an Ulrike Gottschalck von Winfried B. bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen
Sehr geehrte Frau Gottschalck,
der Parteivorsitzende und Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel hat angekündigt, dass er CETA trotz der darin enthaltenen Investorenklagen zustimmen will. Das widerspricht dem Punkt 8. des gemeinsamen Kriterienkataloges von Gewerkschaftsbund und Sigmar Gabriel, der auf dem SPD-Parteikonvent der SPD beschlossen wurde.
Viele Bürger sehen in diesem Meinungswechsel eine große Gefahr. Wie sehen Sie diese Kehrtwende? Werden Sie dieser Kehrtwende in SPD-internen Beschlüssen oder in einem Abkommen, bei dem diese Kehrtwendung vollzogen wurde, bei einer Abstimmung zustimmen? Wenn ja, warum?
Sehr geehrter Herr Born,
vielen Dank für Ihre Anfrage. Sie bringen Ihre Sorge bezüglich CETA und den Investorenklagen zum Ausdruck. Mich erreichen momentan sehr viele Anfragen rund um die Themen CETA und TTIP und ich freue mich, dass Sie sich ebenfalls für die Freihandelsabkommen interessieren.
Die Kampagnenplattform Campact hat kürzlich dazu aufgerufen, sich an die SPD-Bundestagsabgeordneten zu wenden und behauptet, der Bundeswirtschaftsminister und SPD-Vorsitzende Sigmar Gabriel wolle die Mitglieder der SPD-Bundestagsfraktion darauf einschwören, dem kanadischen Freihandelsabkommen trotz enthaltener Investorenschiedsgerichtsverfahren zuzustimmen und in der letzten Fraktionssitzung vor Weihnachten zur Abstimmung bewegen. Allerdings entspricht die Darstellung von Campact nicht den aktuellen Tatsachen. Es findet weder in Berlin, noch in Brüssel eine Abstimmung über CETA statt. Nachfolgend der aktuelle Sachstand zu CETA, um die Diskussion zu versachlichen:
Es steht keine Abstimmung bevor, sondern mindestens noch ein Jahr Verhandlungen, sowohl auf europäischer als auch auf nationaler Ebene, die die SPD-Fraktion auch nutzen wird, um die Vorbehalte gegen das CETA-Handelsabkommen abzubauen:
1. Der zwischen Kanada und der EU fertig verhandelte Vertragstext wird derzeit auf EU-Ebene überarbeitet. Das Bundeswirtschaftsministerium bringt dabei im Rat der Handelsminister der EU insbesondere Änderungsvorschläge zu den Schiedsgerichtsverfahren (ISDS) im Rahmen des Investorenschutzes ein.
2. Der Rat, in dem die nationalen Regierungen vertreten sind, sowie das Europäische Parlament, werden frühestens Ende 2015, eher Anfang/Mitte 2016 über das Abkommen entscheiden.
3. Dann erst kann das Abkommen in Kraft treten, allerdings auch nur vorläufig, sollte es sich um ein gemischtes Abkommen handeln, d.h. ein Abkommen, was nicht nur die EU, sondern auch Politikbereiche der Gemeinschaftsländer betrifft. Bei einem gemischten Abkommen müssten alle 28 Mitgliedstaaten das Handelsabkommen ratifizieren. Dies würde voraussichtlich im Jahr 2017 der Fall sein.
Der Bundesminister für Wirtschaft und Energie und der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) haben gemeinsame Ziele und Anforderungen an die Verhandlungen zum transatlantischen Freihandelsabkommen TTIP formuliert, die auch für das Abkommen mit Kanada (CETA) gelten. Der Parteikonvent der SPD hat diese Ziele und Forderungen aufgegriffen und beschlossen, dass der fertige Vertrag dies inhaltlich berücksichtigen muss.
Die SPD wird in den anstehenden Verhandlungen weiter für die beschlossenen Ziele bei europäischen Partnern werben und sich für die Durchsetzung einsetzen. Sigmar Gabriel hat deutlich gemacht, dass am Ende der Verhandlungen ein SPD-Parteitag beziehungsweise ein Parteikonvent vor der endgültigen Abstimmung um Zustimmung gebeten wird.
Vielen Dank noch einmal für Ihr Engagement, ein frohes Fest und einen guten Start in ein gesundes und erfolgreiches Jahr 2015 wünscht
Ulrike Gottschalck