Frage an Ulrich Schneider von Markus Z. bezüglich Jugend
Sehr geehrter Herr Schneider,
ich möchte gerne folgendes von Ihnen wissen:
Sie wollen ein Adoptionsrecht für gleichgeschlechtliche Partnerschaften erreichen. Mit welcher Begründung fordern Sie dies? Zwar bemerken Sie richtigerweise, dass das BVerfG hier eine Gleichstellung zu heterosexuellen Partnerschaften fordert, jedoch ist dies meiner Meinung nach nicht so zu verstehen, dass Artikel 6 GG hier nicht mehr gilt. Dort heißt es unmissverständlich: " Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutze der staatlichen Ordnung." und "Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht. " Nach meinem Verständnis wird hier der Ehe (also der heterosexuellen Form einer auf Dauer angelegten Partnerschaft) sowie den Eltern (dies sind in der Regel Mutter und Vater) Vorrang eingeräumt. Verstehen Sie mich nicht falsch, ich habe keinerlei Probleme mit gleichgeschlechtlichen Lebensweisen. Aber hier sollte doch noch ein Unterschied gemacht werden zugunsten der tradierten Form der Ehe. Nicht umsonst suchen Kindergärten händeringend männliche Erzieher, damit die Kinder nicht nur weibliche Kompetenzen vermittelt bekommen. Und in einer lesbischen Partnerschaft soll das aber plötzlich nicht mehr gelten? Das passt irgendwie nicht zusammen. Und weiter haben Kinder von Natur aus doch eine sehr enge emotionale Bindung an ihre Mutter, die sie zur Welt gebracht hat, wie soll da bei zwei Vätern einer einen adäquaten Ersatz darstellen?
Ich würde es sehr begrüßen, von Ihnen Ihren Standpunkt zu hören.
Viele Grüße
Ihr Markus Ziegler
Sehr geehrter Herr Ziegler,
vielen Dank für Ihre Frage. Dieses Thema ist mir wichtig, deswegen antworte ich Ihnen gerne darauf.
Unabhängig von der Elternkonstellation muss es immer und in erster Linie um das Kindeswohl gehen. Lesben und Schwule sind keine schlechteren und keine besseren Eltern als heterosexuelle Männer und Frauen. Kinder brauchen gefestigte Eltern, die ihnen Liebe, Zuneigung und Verlässlichkeit geben können, die sexuelle Identität der Eltern ist dabei nebensächlich. Und lesbische und schwule Paare haben bereits heute Kinder. Für mich ist Familie überall dort, wo Menschen verbindlich füreinander Verantwortung übernehmen, und insbesondere dort, wo Kinder sind: in Ehen mit und ohne Trauschein, in Patchwork- und Regenbogenfamilien, bei Alleinerziehenden, bei Adoptiv- oder Pflegeeltern.
Alle diese Familien unterstehen dem Schutz des Art. 6 GG. Es ist nicht die Aufgabe des Staates, Menschen eine bestimmte Form des Zusammenlebens vorzuschreiben. Die Zahl der Familien, die aus zwei verheirateten Erwachsenen (Mann und Frau) bestehen, die mit ihren biologischen Kindern zusammen leben, nimmt ab. Die Zahl der Scheidungen nimmt zu, auch die Zahl der Alleinerziehenden. Es geht mir darum, das Aufwachsen von Kindern zu fördern, denn: Jedes Kind muss die gleichen Rechte und die gleiche Absicherung haben. Familien mit Kindern werden derzeit grundlegend anders besteuert, je nachdem ob die Eltern verheiratet, allein erziehend sind oder in einer Eingetragenen Lebenspartnerschaft leben. Ich will eine steuer- und sozialpolitische Gleichbehandlung aller Lebensgemeinschaften mit Kindern. Ich will das Adoptionsrecht auch für gemeinschaftliche Adoptionen durch Eingetragene Lebenspartnerschaften öffnen bzw. diese Gleichstellung durch Öffnung der Ehe erreichen. Adoptionen unterliegen in Deutschland strengen Kriterien, sind nur nach einer sorgfältigen Prüfung des Kindeswohls durch das Jugendamt möglich. Viele Lesben und Schwule wünschen sich Kinder, gerade in Großstädten gibt es eine große Anzahl von Regenbogenfamilien, in denen vier Personen (ein lesbisches und ein schwules Paar) zusammen ihre biologischen bzw. sozialen Kinder erziehen.
Hier brauchen wir neue Lösungsansätze im Familienrecht, gerade auch im Interesse der Kinder, die ansonsten durch Tod oder Trennung eins ihrer Elternteile verlieren. Eine Ausweitung der Adoptionsregelungen auf gleichgeschlechtliche Paare ist einer dieser Bausteine, die rechtliche Absicherung von sozialen Eltern ein weiterer. Eine rechtliche Gleichstellung von lesbischen und schwulen Paaren finde ich unerlässlich, da, wie eingangs bemerkt, nicht die sexuelle Identität der Eltern entscheidend ist, sondern ist die Liebe und Zuneigung, die sie ihren Kindern schenken.
Mit freundlichen Grüßen
Ulrich Schneider