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Ulrich Petzold
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Frage von Wolfgang S. •

Frage an Ulrich Petzold von Wolfgang S. bezüglich Recht

Thema: 3. SED-UnBerG

Sehr geehrter Herr Bundestagsabgeordneter Petzold

Der Artikel 17 des Einigungsvertrages spricht von „einer angemessenen Entschädigungsregelung“
In den „Eckpunkten für ein 3. SED-Unrechtsbereinigungsgesetz“ lesen wir Ausdrücke der Opferwürdigung. Dann die alles zunichte machende Bedürftigkeitsklausel. Letztere soll wörtlich aus der entsprechenden Regelung für NS-Verfolgte übernommen sein. Wir fragen:
• Sind die Auswirkungen der beiden Diktaturen auf das einzelne Opfer so vergleichbar, dass eine 1:1-Kopie der Regelung für NS-Opfer gerechtfertigt ist? ( Die NS-Diktatur währte 12 Jahre. Der Real-Sozialistischen Diktatur waren die Opfer bis zu 45 Jahren ausgesetzt, dreieinhalb Mal so lange. Oft war die „sozialistische Haftnachsorge“ (permanente Observation, Persönlichkeitszersetzung, massive Behinderung beruflichen Aufstiegs, Wohnungsverweigerung und Schweige-Gebot) von gravierenderer Auswirkung als die Haftzeit.
• Fände mit der Nichtanwendung einer Bedürftigkeitsklausel bei der Zahlung der Ehrenrenten für die bis 1989 in der Ex-DDR ansässigen NS-Opfer gegenüber der geplanten Anwendung einer Bedürftigkeitsklausel bei den Kommunismus-Opfern nicht ein Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz statt?
• Wenn darauf abgestellt wird, dass die NS-Opfer Ehrenrente ein Ergebnis des Einigungsvertrages (Besitzstands-Schutz) sei, so fragen wir, woran wird die angemessene Entschädigung für SED-Opfer – ohne Konflikt mit dem Gleichbehandlungsgrundsatz – gemessen?
• Welches Einkommen wird bei der in den Eckpunkten vorgesehenen Bemessung der Bedürftigkeit bei Verheirateten herangezogen? (Obwohl wir die gesamte Bedürftigkeitsklausel für unwürdig und unzumutbar halten, wäre Antwort 2 eine besonders eklatante Verhöhnung der Leiden der Mehrzahl der Opfer, meinen wir)
1. Das Einkommen des Opfers? oder
2. das Gesamteinkommen des Ehepaares?

Mit freundlichen Grüßen
für Kommunismusopferverbände in Sachsen-Anhalt
Wolfgang Stiehl

Portrait von Ulrich Petzold
Antwort von
CDU

Sehr geehrter Herr Stiehl,

die große Koalition hat auf Initiative der CDU/CSU-Fraktion am 13.06.2007 nach jahrelangen Diskussionen endlich die Einführung der SED-Opferpension beschlossen. *Das Gesetz bedarf noch der Zustimmung durch den Bundesrat.* Es ist davon auszugehen, dass das Gesetz nach Zustimmung durch den Bundesrat und Unterzeichnung durch den Bundespräsidenten im August oder September 2007 in Kraft treten wird. Da bis zuletzt um Einzelheiten, so auch einige von Ihnen angesprochene Problemstellungen gerungen wurde, machte eine vertröstende Antwort vorher keinen Sinn.

*Wer erhält nun die Opferpension?*
Anspruch auf Erhalt der Opferpension in Höhe von 250 Euro haben auf dem Gebiet der ehemaligen DDR politisch Verfolgte, die *rechtsstaatswidrig eine Freiheitsentziehung von insgesamt mindestens sechs Monaten erlitten* haben und *in ihrer wirtschaftlichen Lage besonders beeinträchtigt sind.*

*Wer sind politisch Verfolgte?*
Ehemalige politische Häftlinge, die in der Zeit vom 08.05.1945 bis 02.10.1990 durch ein Strafgericht der ehemaligen DDR verurteilt worden sind haben unter den genannten Voraussetzungen Anspruch auf die besondere Zuwendung. Das sind zum einen solche Personen, die eine politische Straftat begangen haben, in der Regel ungesetzlicher Grenzübertritt, staatsfeindliche Hetze, staatsfeindlicher Menschenhandel, landesverräterische Nachrichtenübermittlung. Zum anderen betrifft es aber auch Personen mit so genannten Übermaßverurteilungen, also Verurteilungen, bei denen die angeordneten Rechtsfolgen in grobem Missverhältnis zur zu Grunde liegenden Tat stehen.

Außerdem begünstigt sind Betroffene von außergerichtlichen Entscheidungen, die mit Freiheitsentzug verbunden waren. Darunter fallen Personen, die rechtsstaatswidrig in eine psychiatrische Anstalt eingewiesen worden sind, wenn die Einweisung der politischen Verfolgung oder sonstigen sachfremden Zwecken gedient hat. Aber auch Personen, die rechtsstaatswidrig unter haftähnlichen Bedingungen leben oder Zwangsarbeit leisten mussten, bspw. in DDR-Jugendwerkhöfen oder in Workuta/Sibirien, sind davon erfasst.

Keine Leistung erhält, wer gegen die Grundsätze der Menschlichkeit oder Rechtsstaatlichkeit verstoßen oder in schwerwiegendem Maße seine Stellung zum eigenen Vorteil oder zum Nachteil anderer missbraucht hat.

*Wann liegt eine besondere Beeinträchtigung der wirtschaftlichen Lage vor?*
In seiner wirtschaftlichen Lage besonders beeinträchtigt ist der Betroffene, wenn er bestimmte Einkommensgrenzen nicht überschreitet.

*Es kommt nur auf das Einkommen des Antragstellers an.*
Die Einkommensgrenze liegt dabei bei *Alleinstehenden bei derzeit 1.035 Euro* monatlich und bei *Verheirateten oder in Partnerschaft Lebenden bei 1.380 Euro*, *wobei das Einkommen des Ehegatten/Partners unberücksichtigt bleibt*.

Überschreitet das Einkommen die Grenze um einen Betrag, der geringer ist als 250 Euro, so erhält der Berechtigte den Differenzbetrag.

Bei der Bedürftigkeitsprüfung bleiben, unabhängig vom Alter des Betroffenen, Renten wegen Alters, verminderter Erwerbsfähigkeit, Arbeitsunfalls oder Berufskrankheit oder vergleichbare Leistungen unberücksichtigt.

Zum Einkommen zählen u.a. alle Einkünfte in Geld oder Geldeswert (z.B. aus nichtselbständiger Arbeit, Land- und Forstwirtschaft, selbstständiger Arbeit, Kapitalvermögen, Vermietung, Verpachtung) nach Abzug der Ausgaben, die zu ihrer Erzielung notwendig waren (z.B. Einkommenssteuer, Kirchensteuer, Pflichtbeiträge zur Sozialversicherung, Versicherungsbeiträge, Beiträge für staatlich geförderte Altersvorsorge).

Kein Einkommen in diesem Sinne sind beispielsweise Leistungen nach SBG XII (Hilfe zum Lebensunterhalt, Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung, Hilfen zur Gesundheit, Eingliederungshilfe für behinderte Menschen, Hilfe zur Pflege, Hilfe zur Überwindung besonderer sozialer Schwierigkeiten, Hilfe in anderen Lebenslagen), Grundrenten nach dem Bundesversorgungsgesetz und Anwendungsgesetzen, Renten oder Beihilfen nach dem Bundesentschädigungsgesetz für Schaden an Leben sowie an Körper oder Gesundheit bis zur Höhe der vergleichbaren Grundrente nach dem Bundesversorgungsgesetz, festgelegte vermögenswirksame Leistungen des Arbeitgebers (die vermögenswirksam angelegten Lohn- oder Gehaltsteile des Arbeitnehmers sowie die Arbeitnehmer-Sparzulage gehören dagegen zum Einkommen).

*Wie erhält man die Opferpension?*
Die Opferpension wird monatlich im Voraus gezahlt, beginnend mit dem auf die Antragstellung folgenden Monat.

*Voraussetzung für die Antragstellung ist das Vorliegen einer Rehabilitierungsentscheidung eines deutschen Gerichtes oder einer Bescheinigung nach § 10 Abs. 4 des Häftlingshilfegesetzes*.
Die Prüfung der wirtschaftlichen Lage wird einmalig bei Stellung des Erstantrags geprüft. Der Berechtigte ist danach verpflichtet, Einkommensänderungen mitzuteilen.

Die Zuwendung bleibt als Einkommen bei Sozialleistungen, deren Gewährung von anderen Einkommen abhängig ist, unberücksichtigt, ist unpfändbar, nicht übertragbar und nicht vererbbar.

Zuständig für die Gewährung der Leistung sind die Landesjustizverwaltungen, in deren Geschäftsbereich die Rehabilitierungsentscheidung ergangen ist *bzw. die von den Landesregierungen noch zu bestimmenden Stellen.*