Frage an Ulrich Petzold von wolfgang s. bezüglich Soziale Sicherung
sie werben in einer anzeige für rentengerechtigkeit und ihre frau merkel.wie paßt das zusammen wenn merkel eine anpassung der renten zwischen ost und west auf unbestimmte zeit verschieben will und doch in ihrer "regentschaft" etwas anderes gesagt hat?
Sehr geehrter Herr Schlunke,
in der Tat werben wir für mehr Rentengerechtigkeit. Nur die Berechnung der Renten ist eine sehr komplexe Angelegenheit, die nicht auf Knopfdruck mal eben umgestellt werden kann. *Grundlage* der Rentenanpassung ist die*Lohnentwicklung*. Die Rentenformel setzt sich dann aus *Entgeltpunkten, Bezugsgröße, Beitragsbemessungsgrenze, Nachhaltigkeitsfaktor und Aktuellem Rentenwert* zusammen. Dabei werden die Entgeltpunkte aus dem persönlichen Bruttoarbeitsentgelt und dem durchschnittlichen Bruttoarbeitsentgelt aller Versicherten ermittelt.
_Die letzte Rentenanpassung vom Juli d.J. zeigt klar_: Der Osten holt auf. Der aktuelle Rentenwert in den neuen Ländern steigt von 88,8 Prozent auf 91,5 Prozent des Wertes in den alten Ländern. Die Angleichung der Renten in Ost und West kommt damit einen wichtigen Schritt voran. So stiegen die gesetzlichen Renten zum 1. Juli 2013 in den alten Ländern um 0,25 Prozent und in den neuen Ländern um 3,29 Prozent. _
Der deutliche Unterschied hat zwei Gründe_: Zum einen stiegen die beitragspflichtigen Löhne und Gehälter 2011 im Vergleich zu 2010 im Osten deutlich stärker als im Westen. Zum anderen machen sich im Westen noch Abschläge infolge der Rentengarantie bemerkbar. Wegen der eingebrochenen Löhne hätten die Renten in der Krise 2009 eigentlich sinken müssen, was die damals eingeführte Rentengarantie mit nachhaltigem Erfolg für die gesamtwirtschaftliche Stabilität verhinderte.
Entschuldigen Sie, wenn ich jetzt etwas mehr in die tiefe der Rentenformel gehe und es dadurch etwas komplizierter wird:
Die für die Rentenanpassung relevante Lohnsteigerung betrug in den alten Ländern zuletzt1,50 Prozent und in den neuen Ländern 4,32 Prozent. Die anpassungsrelevante Lohnentwicklung ist in den alten Ländern geringer, weil dort 2011 die zur gesetzlichen Rentenversicherung beitragspflichtigen Entgelte schwächer gestiegen sind als in den neuen Ländern. Bei der Berechnung der rentenanpassungsrelevanten Lohnentwicklung wird seit 2005 außer der Entwicklung der Löhne und Gehälter auch die Entwicklung der beitragspflichtigen Entgelte der Versicherten der Rentenversicherung berücksichtigt, die für die Einnahmensituation der gesetzlichen Rentenversicherung entscheidend ist. Neben der Lohnentwicklung ist auch der *Nachhaltigkeitsfaktor* in der Anpassungsformel relevant, der die Veränderung des Verhältnisses von Rentenbeziehern zu Beitragszahlern auf die Rentenanpassung überträgt. Der Nachhaltigkeitsfaktor wirkt in diesem Jahr mit 0,72 Prozentpunkten anpassungsdämpfend. Auch der sogenannte Faktor *„Altersvorsorgeaufwendungen“* geht in die Rentenanpassung ein. Er spiegelt die Belastungen der Beschäftigten beim Aufbau ihrer Altersvorsorge wider - durch zusätzliche Vorsorge wie auch in der gesetzlichen Rentenversicherung. Dieser Faktor wirkt sich dieses Jahr mit 0,26 Prozentpunkten dämpfend auf die Anpassung aus. Diese Wirkung setzt sich zusammen aus einer Dämpfung von rund 0,65 Prozentpunkten aus der nächsten Stufe der sogenannten „Riester-Treppe“ und einer Anpassungssteigerung von rund 0,39 Prozentpunkten durch die Beitragssatzsenkung zum 1. Januar 2012.
Aus diesen Daten ergibt sich rechnerisch eine *Rentenanpassung von 0,50 Prozent in den alten Ländern und von 3,29 Prozent in den neuen Ländern*. Auch in diesem Jahr wird der Ausgleichsbedarf - der früher unterbliebene Rentenkürzungen widerspiegelt - weiter abgebaut. Diese nicht realisierten Wirkungen müssen im Sinne der Generationengerechtigkeit nachgeholt werden. Der Ausgleichsbedarf in den alten Ländern beträgt derzeit noch 0,71 Prozent. Um ihn weiter abzubauen, wird die rein rechnerisch mögliche positive Rentenanpassung halbiert. Die Rentenanpassung West beträgt daher 0,25 Prozent. Der aktuelle Rentenwert stieg zum 1. Juli 2013 daher von gegenwärtig 28,07 Euro auf 28,14 Euro. Der Ausgleichsbedarf verringert sich dementsprechend auf 0,46 Prozent.
In den neuen Ländern wurde der Ausgleichsbedarf Ost bereits letztes Jahr vollständig abgebaut.
Die rechnerische Rentenanpassung Ost wird daher nicht mehr reduziert. Der aktuelle Rentenwert (Ost) steigt zum 1. Juli 2013 von gegenwärtig 24,92 Euro um 3,29 Prozent auf 25,74 Euro. Im Gegenzug erhielt die junge Generation die Zusage, dass die Kosten der Rentengarantie in den Folgejahren schrittweise wieder hereingeholt würden. Dieser Prozess ist im Osten bereits seit dem vergangenen Jahr abgeschlossen. Hintergrund ist, dass die Ost-Rentner in der Krise weit weniger auf die Schutzwirkung der Rentengarantie angewiesen waren als Ruheständler im Westen, wo insbesondere massive Exporteinbrüche auf die Löhne drückten.
Sehr geehrter Herr Schlunke, Sie sehen vielleicht aufgrund dieser kurz angerissenen *Komplexität der Berechnungsformel*, wie schwierig dieser Prozess ist, denn er muss zahlenbasiert sein, schließlich müssen wir neben der *Rentengerechtigkeit* auch die *Generationengerechtigkeit* im Auge behalten, schließlich muss die jetzige junge Generation die Beiträge für die jetzige Rentnergeneration aufbringen und der *demographische Wandel* verheißt der jetzigen jungen Generation, das sie ohne *eigene Vorsorge* mit geringeren Renten rechnen muss. Von daher ist auch die "Rente mit 67" leider unvermeidbar. Wer Ihnen da etwas anderes verspricht belügt und betrügt die junge Generation. Dem entgegen zu wirken, ist eine ganz große Herausforderung an die Politik.
Ulrich Petzold