Frage an Ulrich Petzold von michael w. bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen
Werter Herr Petzold
Bitte erklären Sie mir und dem restlichen Bürgern und Wählern, warum Sie entgegen den Gesetzen dieses landes handeln und militärische Gewalt in fernen Ländern unterstützen. Soweit ich weis heist es im Grundgesetz das von deutschen Boden nie wieder Krieg ausgehen darf. Krieg ist doch meines wissens nach wenn direkte Gewalt angewendet wird? Oder werfen unsere Soldaten da nur mit Wattebällchen?
Bitte erklären Sie mir und dem restlichen Bürgern und Wählern, warum Sie entgegen den Gesetzen dieses Landes handeln (Artikel 20 GG) und mit Ihrer Stimme die Haushaltssouveränität des Bundestags auf die ESM-Finanzbehörde
übertragen haben. Dieses Verhalten ist wohl als ganz klar gegen die Interessen des deutschen Volkes anzusehen.
In meinen Augen ist dieses Verhalten nicht nachvollziehbar. Da bleibt mir jetzt nur noch eine letzte Frage: Wem nutzten Ihre Entscheidungen?
Mit freundlichen Grüßen
Michael Wuttig
Sehr geehrter Herr Wuttig,
da haben Sie leider die verfassungsrechtlichen Abläufe und Grundsätze nicht richtig verfolgt und verstanden. Zum einen handeln wir weder gegen Gesetze noch gegen die Verfassung. Fakt ist, dass Terroristen, die in Deutschland gelebt und sich hier in islamistischen Kreisen radikalisiert hatten, einen terroristischen Angriff auf die USA mit Zielrichtung der freien Welt und demokratischer Gesellschaftsordnungen gestartet hatten. Die Terrororganisation Al Qaida wurde als Urheber ausgemacht. Terroristische Angriffe dieser radikalislamistischen Organisation gab es auch in Madrid, in London und andernorts mit vielen unschuldigen Opfern. Von daher besteht die _Pflicht eines demokratischen Rechtsstaates und seines Parlamentes_ seine Bürger zu schützen. Da sich diese Terroristen leider nicht offen zu erkennen geben, ist die Bekämpfung um so schwieriger. Als Keimzelle dieser Terroristen war jedoch Afghanistan mit den radikalislamistischen Taliban identifizierbar, die im Übrigen die Hälfte ihrer Bevölkerung - nämlich die Frauen - von jeglichen Rechten ausschließen. Sie werden unterdrückt, dürfen keine Schulen besuchen und führen ein sklavenähnliches Leben. Heißen Sie ein solches System für gut ? Von daher hat die zivilisierte Welt in der UNO über Reaktionen und Lösungen lange debattiert. Der ISAF-Einsatz wurde dann vom _UNO-Sicherheitsrat am 20.12.01 *einstimmig*_**als Reaktion auf die Anschläge des 11. September beschlossen; zwei Tage später beschloss der Bundestag als Mitglied der internationalen Staatengemeinschaft mit breiter Mehrheit (538:35:8) das Mandat zur deutschen Beteiligung. Der Einsatz richtet sich zudem nicht gegen die Zivilbevölkerung, sondern gegen terroristische Ziele. Auf Grundlage des 2012 erneut verlängerten UN-Mandats beteiligt sich die Bundeswehr an der ISAF-Mission, an der auch zahlreiche nicht-NATO-Staaten beteiligt sind.
Der Schwerpunkt des deutschen militärischen Engagements liegt weiter auf dem Schutz der afghanischen Bevölkerung, der Schaffung zivilgesellschaftlicher Strukturen wie Schulen - auch und vor allem auch für Mädchen - , Krankenhäusern und vor allem auf der Ausbildung der afghanischen Sicherheitskräfte.
Nach dem Beginn der Übergabe der Sicherheitsverantwortung an die Afghanen im Sommer 2011 wird die Zahl unserer ISAF-Kräfte kontinuierlich reduziert. Die neue Mandatsobergrenze wird von 4.900 (ursprünglich 5.350) auf 4.400 gesenkt. Je nach Entwicklung der Sicherheitslage und dem Verlauf des Übergabeprozesses folgt eine weitere Verringerung auf 3.300 bis Anfang 2014. Ende 2014 soll der Einsatz in seiner bisherigen Form beendet sein. Der Rücktransport deutscher Soldaten und Materials ist bereits in vollem Gange.
Damit endet unsere Verantwortung aber nicht. Unsere Anstrengungen und Opfer in Afghanistan wären vergebens gewesen, wenn wir Afghanistan nach dem Ende des ISAF-Einsatzes sich selbst überlassen würden. Nach 2014 wird sich der von den Vereinten Nationen mandatierte ISAF-Einsatz unter Führung der NATO zu einer Ausbildungsmission wandeln. Zur Bewältigung dieser Aufgaben wird die Bundeswehr weiterhin mit 600-800 Soldatinnen und Soldaten für zunächst zwei Jahre in Nordafghanistan präsent bleiben.
Deutschland engagiert sich weiter als Teil der internationalen Gemeinschaft in Afghanistan, um zu verhindern, dass Afghanistan wieder zum Rückzugsraum internationaler Terroristen wird. Der Einsatz der Bundeswehr war und ist im dringenden Interesse der Sicherheit unseres Landes.
Unsere Sicherheit wird heute von Entwicklungen gefährdet, die weit außerhalb unserer Grenzen entstehen können. Die Sicherheit und Stabilität Afghanistans wirken sich unmittelbar auf uns aus.
Auch die Entscheidungen zum ESM sind in diesem internationalen Kontext zu sehen. Wir leben eben nicht mehr auf Wolke sieben, losgelöst vom Rest der Welt, wie sich dies manche politische Gruppierungen der Linken vorstellen. Sondern wir sind eingebunden in internationale, hier vor allem europäische Verpflichtungen und Ziele. Wir wollen ein wirtschaftlich und politisch starkes Europa mit einem starken EURO, denn nur so kann Europa sich international behaupten. Die Einzelstaaten wären hierzu gar nicht mehr in der Lage. Deshalb ist solidarisches Handeln erforderlich bei der Bewältigung der Krise, in der sich manche europäische Nachbarn zweifelsohne befinden. Deutschland ist hierbei sicherlich ein wesentlicher Motor, der verantwortungsvoll und besonnen manche Planken ziehen kann, ohne historisch bedingte Ängste zu schüren. Bundeskanzlerin Angela Merkel und Finanzminister Schäuble sind die besten Garanten für diese Kontinuität und Verlässlichkeit deutscher Europapolitik im Gegensatz zu manch unbedachten und überheblichen Äußerungen des sozialdemokratischen Gegenkandidaten.
Mit freundlichen Grüßen
Ulrich Petzold