Frage an Ulrich Maurer von Andreas K. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Hallo Herr Maurer,
ich höre in den Medien im Bezug auf die Linke relativ oft solche Phrasen wie "das ist Gefährlich" und "davon sollte man die Finger lassen". Und zwar nicht etwa von privaten Sendern sondern in den öffentlich Rechtlichen. Beispielsweise Deutschlandfunk.
Man bekommt dabei das Gefühl, die Linke wäre sowas wie die Rechte, hier und dort schmeißt man die beiden auch in einen Topf.
Es heißt, die Partei wäre zu extrem, die Forderungen utopisch. Manche Leute machen sich gar Sorgen, die Linke würde wieder die Mauer aufbauen oder gar einen Staat wie es in der DDR damals war. -Also mit der StaSi und all den "schönen Dingen".
Das wiederum widerspricht aber dem Programm der Linken, soweit ich weiß? Denn wie man hier zweifelsfrei nachlesen kann, war gerade die Linke gegen das neue BKA -Gesetz (also auch "StaSi 2.0" genannt), die CDU, von denen sich die Wähler aber genau das NICHT erhofft hätten, stimmte dafür.
Können Sie mir erklären, warum die Linke jetzt eigentlich angeblich so gefährlich sein soll? Warum die Linksfraktion in der Regierung den Weltuntergang einleiten würde? -Also das ist natürlich etwas übertrieben aber so in der Richtung kommt das in den Medien rüber.
Sorgen Sie auch für Klarstellung in den Medien? Denn soweit ich weiß, steht die Linke für mehr Demokratie ein, im Gegensatz zu den jetzt regierenden Parteien...
Ich freue mich über Ihre Antwort
Andreas Kolloch
Sehr geehrter Herr Kolloch,
Sie haben hier eine komplexe Frage gestellt, die gleich mehrere Problemfelder berührt.
Zuerst möchte ich Ihnen einen interessanten Artikel aus der Süddeutschen Zeitung empfehlen, der die politische Unabhängigkeit öffentlich rechtlicher Medien, hier am Beispiel des Hessischen Rundfunks, näher beleuchtet. ( http://www.sueddeutsche.de/kultur/702/462321/text/ )
Dazu erweist sich auch der Beitrag zu den Auseinandersetzungen beim ZDF zu Beginn dieses Jahres als hilfreich. ( http://www3.ndr.de/sendungen/zapp/archiv/medien_politik/brender116.html )
Schaut man sich also die Mehrheiten und Interessenvertreter innerhalb einiger Medien genauer an, kann man sich gewisse "Phrasen", wie sie es selbst nannten, über "DIE LINKE" auch erklären. Nicht ganz zu vergessen, dass alle Medien insbesondere in Form der Auswahl ihrer Sendungen bzw. der veröffentlichten Artikel abhängig von Einschaltquoten oder Verkaufszahlen sind, die sich nur über Inhalte verändern lassen - ganz abgesehen von der der Problematik der Werbeanzeigen. Das wirtschaftliche Überleben hängt demzufolge auch wesentlich von politischen Ausrichtungen sprich Inhalten ab, die somit Ergebnis von aber auch Voraussetzung für politische Mehrheiten sind. Deshalb sollte man genau prüfen, ob da, wo unabhängig draufsteht auch "Unabhängiges" drin ist. Oder, ob dieser Zusatz nicht einfach nur dazu verführen soll, dargestellte Positionen ohne Nachfrage als allgemein verbindlich zu verinnerlichen. Wir dürfen nicht vergessen, dass Die LINKE. konsequent Forderungen stellt, die den Reichtum der Besitzenden (die auch im Mediensektor bestimmende sind) zu beschneiden, weil dieser letztlich die Ursache der gesellschaftlichen Widersprüche darstellt. Das verschafft uns Ärger von dieser Seite.
Die von Ihnen angesprochene Gleichsetzung von Links und Rechts hat eine lange, antidemokratische und reaktionäre Tradition. Bei dieser Gleichsetzung wird der NS-Faschismus enorm relativiert, verharmlost sowie die Millionen Opfer vergessen gemacht und gleichzeitig soll linke Alternativen diskreditiert und kriminalisiert werden. Sie ist außerdem Ausdruck eines Antikommunismus, der die Zeit des "Kalten Krieges" überlebt hat und weiterhin in der Totalitarismustheorie, also der behaupteten Gleichsetzung von Rot und Braun manifestiert und am Leben erhalten werden soll.
Dass sich "DIE LINKE" bisher und auch weiterhin kritisch und selbstbewusst mit der Verantwortung für die Geschichte seitens linker Parteien und Bewegungen einschließlich der SED auseinandersetzt, spielt dabei für konservative Kräfte keine Rolle. Hier geht es darum, Ängste zu schüren und das proportional zur Entwicklung der Zustimmung in der Gesellschaft für linke Alternativen. Das gilt auch für die Behauptungen, wir würden einen neuen Mauerbau oder eine Neugründung der DDR beabsichtigen. Davon steht natürlich nichts in unserem Programm. Nicht nur, dass diese angeblichen Vorhaben jeglichem Realitätssinn widersprechen und weder den heute existierenden gesellschaftlichen Verhältnissen und Strukturen, noch dem gewachsenen Bewusstsein der Bevölkerung entsprechen, ist ersichtlich. Gleichzeitig dienen diese Behauptungen lediglich dazu, ein Zusammenwachsen von Ost- und West zu erschweren bzw. Solidarisierungen zu verhindern. Dazu werden dann positive Erinnerungen an real Erlebtes von ehemaligen DDR-Bürgern als Ostalgie hingestellt oder einzig mit den schlechten Lebensbedingungen nach 1990 begründet. Wirklich Positives darf es in der DDR nicht gegeben haben, um Vergleichen und linken Ideen von vorneherein das Wasser abzugraben.
Dabei ist das einzig Gefährliche an uns, dass wir einen Einstieg in eine andere Gesellschaft wollen, in der die Bedürfnisse, die Mitbestimmung und die Freiheit der Menschen im Mittelpunkt stehen. Das verstehen wir unter Demokratie. Da aber so viele schöne Worte über Freiheit geredet, aber nichts in der Welt so unfrei macht wie Armut (Martin Andersen Nexö), machen wir Vorschläge zur Umverteilung von oben nach unten. Wir wollen, wie Oskar Lafontaine es treffend gesagt hat, "Freiheit durch Sozialismus". Da unsere Forderungen aber die Macht und den Reichtum einer Minderheit beschneiden würden, die einen großen Einfluss auf und in Politik, Wirtschaft sowie Gesellschaft ausüben, sehen wir uns ständigen Anfeindungen ausgesetzt. Medien spielen dabei eine entscheidende Rolle. Gerade in Zeiten eines so gravierenden technischen Fortschritts auf dem Gebiet der Kommunikation.
Eine steigende Relevanz und Akzeptanz der LINKEN in den bürgerlichen Medien ist bei den derzeitigen politischen Mehrheiten aus bereits genannten Gründen aber nicht zu erwarten. Deshalb werden wir unsere bisherigen Möglichkeiten in Zukunft noch besser und offensiver nutzen müssen. Die auch von anderer Seite - s. z.B. unter http://www.nachdenken.de - geäußerte Anregung, stärker gegen die Medienoffensive gegen DIE LINKE. zu agieren, greifen wir dankend auf. Dabei verlassen wir uns lieber auf den Verstand sowie das Urteilsvermögen der Bevölkerung, die erkennen wird, wer ihnen den richtigen Weg zu sozialer Gerechtigkeit, für Demokratie und Frieden weisen wird.
Ihr Ulrich Maurer