Frage an Ulrich Maurer von Dietmar N. bezüglich Arbeit und Beschäftigung
Sehr geehrter Herr Maurer,
bei der letzten Bundestagswahl ging meine Erststimme an Sie, damals kandidierten Sie allerdings noch für die SPD. Mit welchen Argumenten wollen Sie mich und andere Wähler davon überzeugen, dass Erst- und ggf. Zweitstimme in fünf Wochen bei Ihnen bzw. bei "Die Linke" gut aufgehoben sind? Insbesondere würde mich dabei interessieren, wie Ihre neue Partei die zahlreichen Wahlversprechen finanzieren will (im Wahlprogramm findet sich da kaum Konkretes) und wie Sie persönlich zur mangelnden Aufarbeitung der SED-Vergangenheit durch die PDS stehen.
Vielen Dank im voraus für Ihre Antworten.
Lieber Herr Näher,
zu Ihrer ersten Frage: Die Folgen der neoliberalen Politik der letzten Jahre sind nur allzu deutlich. Auf der einen Seite haben wir sinkende Realeinkommen, Massenarbeitslosigkeit und weit reichende soziale Ungerechtigkeit, die in Hartz IV ihren bislang unerträglichsten Auswuchs erfuhr. Die öffentlichen Haushalte sind dank der Steuersenkungsorgien zugunsten der Reichen ruiniert. Auf der anderen Seite hat sich das private Finanzvermögen in zwölf Jahren auf gewaltige Summe von 4.000 Milliarden Euro verdoppelt, einzelne Manager haben Einkommen, die der gesamten Lohnsumme eines mittleren Industrieunternehmens entsprechen. Die Aufzählungen in dieser Gegenüberstellung sind keineswegs abschließend. Auf einen kurzen Nenner gebracht: Es hat eine gigantische Umverteilung von unten nach oben stattgefunden.
Die Vorherrschaft des Neoliberalismus in allen Fraktionen des Bundestags hat einen großen Teil unserer Bevölkerung in die Wahlenthaltung und Politikverdrossenheit getrieben. Sämtliche Fraktionen steuerten und steuern bis heute den gleichen Kurs, der sich nicht mehr an den Bedürfnissen der Menschen orientiert, sondern nur noch an den Interessen der Wirtschaft. Die Bürger hatten lediglich die Wahl zwischen Neoliberalismus ‚light’ und Neoliberalismus ‚brutal’.
Sowohl die Linke als auch ich ganz persönlich wollen, dass in Deutschland wieder das Primat der Politik gilt und nicht mehr das Diktat der Wirtschaft. Wir wollen eine Politik, die ihre eigentliche Aufgabe wahrnimmt und sich für das Wohlergehen der Menschen in diesem Land stark macht. Die Linke fordert die neoliberalen Machteliten heraus und bietet den Wählern damit eine echte Alternative. Sofern Sie, Herr Näher, sich mit unseren Zielen identifizieren können, sind ihre beiden Stimmen zur Bundestagswahl bei uns gut aufgehoben.
Zu Ihrer zweiten Frage: In unsrem Programm findet sich eine ganze Menge zum Thema Finanzierung bzw. Steigerung der Einnahmen auf verschiedenen Gebieten, so dass ich mich des Eindrucks nicht erwehren kann, dass Sie das Programm möglicherweise doch nicht gründlich genug gelesen haben. Da ich hier nicht alle entscheidenden Stellen des Wahlprogramms der Linken referieren möchte, gebe ich nur den Hinweis auf die wohl wichtigste Grundlage zur Finanzierung unseres Konzepts:
Zum Kern unseres Programms gehört ein solidarisches Steuermodell, dass vor allem dazu dient, die in den letzten Jahren zunehmend praktizierte Umverteilung von unten nach oben umzukehren und die Reichen und Vermögenden wieder angemessen an der Finanzierung der öffentlichen Aufgaben zu beteiligen. Trotz Steuerentlastungen für untere und mittlere Einkommen hätten wir mit diesem Steuermodell sofort Mehreinnahmen von jährlich 60 Milliarden Euro.
Zu Ihrer dritten Frage nur so viel: Gregor Gysi und Lothar Bisky waren Gegner von Honnecker und haben jede Form von undemokratischer Machtausübung auch auf dem letzten Parteitag der Linkspartei eine klare Absage erteilt.
Mit freundlichen Grüßen
Ulrich Maurer