Portrait von Ulrich Maurer
Ulrich Maurer
DIE LINKE
Zum Profil
Frage stellen
Die Frage-Funktion ist deaktiviert, weil Ulrich Maurer zur Zeit keine aktive Kandidatur hat.
Frage von Clemens M. H. •

Frage an Ulrich Maurer von Clemens M. H. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrter Herr Maurer!
Sie sind als Abgeordneter auch im Rechtsausschuss. Dieser überprüft Gesetze auf ihre Verfassungsmäßigkeit und sorgt für deren eindeutige Formulierung. Er verfolgt die Rechtssprechung am BGH und gibt dem Bundestag Empfehlungen für laufende Gesetzgebungsverfahren.

In diesem Zusammenhang frage ich Sie:

Was tun Sie und DIE LINKE ganz konkret, um den Rechtswiderspruch aufzulösen, in dem sich die Hartz IV Gesetzgebung mit der Ein-Euro-Job-Zwangsverpflichtungen befindet gegen die Artikel 3 und 4 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten von 1950, die auch die Bundesrepublik unterzeichnet hat?

Insbesondere meine ich damit:

Artikel 3 - Verbot der Folter
Niemand darf ..... unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen werden.

Der Rechtsbruch:
Die Sanktionierungen, die die Hartz IV-Gesetze vorsehen, sind zweifellos unmenschlich und erniedrigend.

Artikel 4 - Verbot der Sklaverei und der Zwangsarbeit
4.2 Niemand darf gezwungen werden, Zwangs- oder Pflichtarbeit zu verrichten.

Der Rechtsbruch:
Da es nach derzeitiger Rechtslage nicht einmal möglich ist, per Widerspruch, Einspruch oder gerichtlicher Hilfe die Zuweisung eines Ein-Euro-Jobs begründet abzulehnen, ohne sanktioniert zu werden, handelt es sich um Zwangsarbeit im Sinne des Artikel 4.

Beste Grüße
Clemens M. Hürten
Stuttgart

Portrait von Ulrich Maurer
Antwort von
DIE LINKE

Ich lehne Ein-Euro-Jobs wegen ihres erniedrigenden Charakters grundsätzlich ab. Diese Art von "Beschäftigung" wurde vor allem aus einem Grund geschaffen: Ein-Euro-Jobber werden in der Statistik nicht als arbeitslos geführt.
Die Bundesregierung wurde kürzlich in ihrer ständig wiederholten Behauptung, diese Jobs hätten die Funktion einer besseren Integration in die "normale" Beschäftigung, von Bundesrechnungshof eines Besseren belehrt. Der BRH stellte in einer Evaluierungsstudie fest, dass die Ein-Euro-Jobs zur Integration in den allgemeinen Ar-beitsmarkt nicht geeignet sind.
Ein-Euro-Jobs sollen nach offizieller Version die "Beschäftigungsfähigkeit" verbessern, zielen aber in meinen Augen vor allem auf die soziale Kontrolle und Gängelung von Arbeitslosen ab. Dies wurde auch in einer Studie des Instituts für Arbeitsmarkt und Berufsforschung bei der Bundesagentur für Arbeit vom April diesen Jahres bestätigt.
Die LINKE hat im Bundestag in mehreren Anträgen die sofortige Abschaffung dieser Jobs und an deren Stelle die Umsetzung eines ganzen Pakets arbeitsmarkt- und wirt-schaftspolitischer Maßnahmen gefordert. Die Anträge wurden durchweg abgelehnt. Aber wir bleiben dran, im Bundestag, aber auch bei der Aufklärung der Bevölke-rung. Ich bin zuversichtlich, dass den Menschen immer handfester der Skandal der "Agenda 2010" vor Augen tritt, dass von Arbeitslosen zwar Vieles (und z.T. Entwür-digendes) gefordert wird, aber die "Förderung" außen vor bleibt.
Im einem Punkt muss ich Ihnen widersprechen: Ein-Euro-Jobs fallen nach meiner Auffassung nicht unter das Folterverbot, sie können auch nicht auf der Grundlage von Artikel 4 Grundgesetz verboten werden.

Ulrich Maurer MdB