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Frage von Stephan F. •

Frage an Ulrich Maurer von Stephan F. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrte Ulrich Maurer,

in kommender Woche soll über den Gesetzentwurf "zur Bekämpfung der Kinderpornografie in Kommunikationsnetzen" abgestimmt werden.
Es soll dabei eine neue Internetzensur-Infrastruktur aufgebaut werden, mit der Internetseiten mit kinderpornografischen Inhalt erstmals blockiert werden soll.
Die Medien berichten das im Ausland auch Webseiten ohne kinderpornografischen Inhalt gesperrt werden.
Experten berichten das diese Massnahmen für unsere Demokratie gefährlich wären, die Zensurinfrastruktur lässe sich zu leicht missbrauchen. Im übrigen berichten die Medien über einige Politiker sie wollen das ganze noch ausweiten: Glückspielseiten, Killerspielseiten, politische Seiten usw. zu zensieren.

Werden Sie für oder gegen dieses Gesetz stimmen?

Mit freundlichen Grüßen,
Stephan Ferraro

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Antwort von
DIE LINKE

Sehr geehrter Herr Ferraro,

ich habe, wie meine gesamte Fraktion, dem Gesetzentwurf nicht zugestimmt. Sie selbst haben in Ihrer Frage einige wichtige Gründe angeführt. Insgesamt halten wir dieses Gesetz für einen wirkungslosen Schnellschuss, der mehr dem Wahlkampf geschuldet war, denn Auswirkungen auf die Bekämpfung von Kinderpornografie und Kindesmissbrauch haben wird. Eine damit verbundene generelle Kriminalisierung und Diffamierung aller Nutzerinnen und Nutzer des Internets lehnen wir ab. Dabei haben wir deutlich gemacht, dass schon der Ansatz über Internetsperren zu gehen, falsch und darüber hinaus gefährlich ist.
Falsch, da er das Ursache-Wirkung-Prinzip negiert und als reine öffentlichkeitswirksame Symbolik fungiert. Statt Gewalt gegen Kinder in Deutschland ursächlich zu bekämpfen, wird wieder nur an Symptomen herum experimentiert. Dazu noch auf uneffektive Art und Weise, wie viele Experten belegen.
Was mit diesem Gesetz bezweckt wird und wem es nutzt bzw. nicht nutzt, hat Michael Rotert, Vorstandsvorsitzender des Verbandes der deutschen Internetwirtschaft (eco e.V.) in einem Interview in der taz auf den Punkt gebracht: "Genau dieses Thema und die Opfer für den Wahlkampf zu missbrauchen und dabei mit den Sperren noch nicht einmal Opferschutz oder Täterverfolgung zu bieten, ist eher eine Verhöhnung der Wähler, als solide und bürgerfreundliche Politik." ( http://www.taz.de/1/politik/schwerpunkt-ueberwachung/artikel/1/verheerender-ausblick/ ). Dem ist nichts hinzuzufügen.
Nur die Dokumentation eines Missbrauchs einzuschränken, dazu noch auf wirkungslose Art und Weise, dagegen den Missbrauch selbst nicht zu bekämpfen sowie Opferschutz und Täterverfolgung zu ignorieren, ist mit der Partei DIE LINKE nicht zu machen. Unsere Forderungen reichen von der Löschung der Seiten mit kinderpornografischem Inhalt, der Identifizierung der Opfer, der Schaffung eines breiten Netzes von Beratungs- und Aufklärungsstellen sowie von Hilfs- und Therapieangeboten bis zur strafrechtlichen Verfolgung der Betreiber. Dazu bedarf es Anstrengungen auf nationaler wie internationaler Ebene. Darüber hinaus fordern wir als einzig gangbaren, unbedingt notwendigen Schritt zur Bekämpfung der Ursachen u.a. die Rücknahme der beschlossenen Kürzungen im Bereich der Kinder- und Jugendhilfe.

Gefährlich ist dieses Gesetz, da es tatsächlich Tür und Tor für eine Internetzensur und -überwachung über Kinderpornografie hinaus öffnet. Dass einige Politiker und Parteien diese Option bereits mit diesem Gesetz im Geiste verankert haben, ist ja nicht unbekannt. Ganz Egal, ob ob Internetsperren wegen Urheberrechtsverletzungen, bei der Nutzung und Verbreitung "gewalthaltiger" Computerspiele oder gegen bestimmte politische Inhalte erwirkt werden - die interessengeleiteten Forderungen und Begehrlichkeiten zur Regulierung und Zensur des Internets erweisen sich als vielfältig. Deshalb ist es unerlässlich, dem Missbrauch durch Ermittlungsbehörden und/oder anderer staatlicher sowie privater Stellen vorzubeugen. Dabei ist Access Blocking auszuschließen, weiter eine rechtstaatliche Kontrolle aller Datenbanken, die in Verbindung mit der Erfassung kinderpornografischer Inhalte stehen, zu gewährleisten sowie schließlich richterliche Vorbehalte und effektiver Rechtschutz zu ermöglichen. Das beschlossene Gesetz zu Internetsperren wird weder inhaltlich noch formell diesen Ansprüchen gerecht. Wir lehnen es als unwirksame Symbolik ab und werden auch einer Ausweitung von Internetsperren nicht zustimmen.

Ihr Ulrich Maurer; MdB