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Frage von Torsten K. •

Frage an Ulrich Maurer von Torsten K. bezüglich Recht

Radwegbenutzungspflicht:

Sehr geehrter Herr Maurer,

in einer Antwort auf eine vorige Frage äußern Sie, dass Sportradfahrer gehalten sind, Radwege NICHT zu benutzen. Dies halte ich für sehr sinnvoll und Sie beweisen hierdurch Weitsicht und Sachverstand. Gibt es hierzu öffentliche Beschlüsse, auf die man sich bei Diskussionen mit Autofahrern oder Polizisten berufen kann?

Mit freundlichen Grüßen

Torsten Kuhnert

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Sehr geehrter Herr Kuhnert,

ihre Frage veranlasst mich dazu, den Sachverhalt Radwegebenutzungspflicht weniger missverständlich nach derzeit geltendem Recht darzulegen.

Die Benutzungspflicht gilt grundsätzlich ohne Ausnahme für bestimmte Fahrradtypen (wie z. Bsp. Rennräder) oder eine Verknüpfung an bestimmte Geschwindigkeiten seit der Novelle der Straßenverkehrsordnung von 1998. Allerdings müssen benutzungspflichtige Radwege durch ein blaues Schild (Zeichen 237, 240, 241) gekennzeichnet sein. Nur wo diese fehlen, darf neben einem Radweg auch die Fahrbahn benutzt werden. Radfahr- und Schutzstreifen bedürfen ebenfalls einer gesonderten Kennzeichnung. Durch das Inkrafttreten der neuen Novelle am 01. September 2009 wird zumindest die bisher festgeschriebene Bevorzugung des Anlegens von Radwegen zurück genommen und der Radfahrstreifen dem Fahrradweg gleichgestellt. Die Benutzungspflicht wurde nicht abgeschafft, soll aber auf die notwendigen Fälle beschränkt werden, wo dies aus Verkehrssicherheitsgründen unbedingt erforderlich und für Radfahrer zumutbar ist. Damit komme ich zu den einzigen Ausnahmen für alle Radfahrer. Die erste ist die Zumutbarkeit. Radwege dürfen nur als benutzungspflichtig gekennzeichnet sein, wenn sie nach der Beschaffenheit und dem Zustand zumutbar, die Linienführung eindeutig, stetig und sicher und die Anordnung der Radwegebenutzungspflicht erforderlich und verhältnismäßig ist. Ist der Radweg objektiv unbefahrbar (wie z. Bsp. bei Vereisungen, Überwucherungen durch Pflanzen, Glas, oder parkende Autos) darf auf die Fahrbahn ausgewichen werden. Entspricht er in Breite, Oberfläche, Linienführung und Knotenpunktführung nicht den gesetzlich vorgeschriebenen Qualitätsmerkmalen ist eine durch Verkehrsschilder angezeigte Benutzungspflicht rechtswidrig. Die Verkehrsbehörden sind in diesem Falle angewiesen, bereits aufgestellte Schilder zu entfernen oder Radwege dementsprechend herzurichten. Benutzt man wegen der Unzumutbarkeit eines benutzungspflichtigen Radweges die Fahrbahn und erhält trotzdem einen Bußgeldbescheid, besteht erstmal die Möglichkeit des Widerspruches bei der ausstellenden Behörde. Es ist aber davon auszugehen, dass die Behörde ihren Ermessensspielraum bei der Feststellung der Zumutbarkeit (bei einem MTB beispielsweise anders als bei einem Rennrad) nutzen und eine Klage notwendig wird. Dabei ist auf die Einhaltung der sehr knappen Fristen zu achten.

Sie haben sich bei Ihrer Frage auf eine Antwort gestützt, die ich auf die Zustände in Stuttgart bezogen habe und die nicht verallgemeinerbar sind. Sollte dies missverständlich gewesen sein, bitte ich um Entschuldigung. Das größte Problem in Stuttgart ist nämlich, dass Radfahrer bis auf wenige Ausnahmen keine eindeutige, stetige und sichere Radwegeführung vorfinden. Dafür ist ein Durcheinander von Radwegen, Radstreifen und anderen Wegen für Radfahrer verantwortlich. Dazu werden viel zu oft Gehwege für den Radverkehr geöffnet, obwohl dies nur als allerletzte Möglichkeit vorgesehen ist. Erschwerend kommen Verschwenkungen an Kreuzungen, vermeidbare Gefährdungen an Kreisverkehren, Hindernisse auf Radwegen oder zugeparkte, zu schmale oder in schlechtem Zustand befindliche Radwege etc. hinzu. Genaueres ist einem gemeinsamen kommunalpolitischen Handlungspapier von ADFC, BUND, NABU, Naturfreunde, VCD zu entnehmen. Infolge dessen ist die Zumutbarkeit für eine Benutzungspflicht oft nicht gegeben und beim Fehlen selbiger die Fahrbahn zu benutzen.
Darüber hinaus entfällt eine Benutzungspflicht bei geschlossenen Verbänden ab 16 Radfahrern gem. § 27 StVO. Sie dürfen die Fahrbahn zu zweit nebeneinander befahren unabhängig vom benutzten Fahrradtyp. Eine weitere theoretische Möglichkeit bietet der § 46, Abs. 1, Satz 1 StVO. Darin ist geregelt, dass die Straßenverkehrsbehörden von den Vorschriften über die Straßenbenutzung (§ 2) in bestimmten Einzelfällen oder allgemein für bestimmte Antragsteller Ausnahmen genehmigen können.

Mit freundlichen Grüßen

Ulrich Maurer, MdB