Frage an Ulrich Lechte von Gudrun W. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrter Herr Lechte,
eine kritische Zivilgesellschaft ist existenziell für eine lebendige Demokratie. Wer sich uneigennützig und im Rahmen des Grundgesetzes für Gerechtigkeit, Rechtsstaatlichkeit und die Demokratie einsetzt, muss als gemeinnützig anerkannt werden. Daher würde ich gern von Ihnen erfahren, was Sie tun werden, um die Anerkennung der Gemeinnützigkeit bei attac, VVN/BDA, change.org, campact und anderen wichtigen Organen der kritischen Zivilgesellschaft zu schützen.
Mit freundlichen Grüßen,
Gudrun Witschetzky
Sehr geehrte Frau W.,
ich bedanke mich herzlich für Ihre Anfrage. Ich teile Ihre Ansicht, dass eine kritische Zivilgesellschaft Kern und Rückgrat einer jeden Demokratie sind. Dazu zählt zu einem ganz wesentlichen Teil das Engagement in Vereinen und Parteien.
Im Kern dreht sich Ihre Frage um die Gemeinnützigkeit, d.h. die steuerliche Begünstigung eines Vereins, und damit um die Auslegung des §52 AO. Wie alle Gesetze ist auch dieser Paragraph nicht gegen unterschiedliche Auslegungen immun. So ist er elementarer Bestandteil einer andauernden Debatte über die Grenzen der Gemeinnützigkeit von Vereinen, sowohl in Bezug auf den Einzelfall, als auch mit Blick auf die Entwicklung als Ganzes.
Abschließend gilt es zu erwähnen, dass zu einer demokratischen Gesellschaft neben einer kritischen Zivilgesellschaft auch die Rechtsstaatlichkeit gehört. Die in Deutschland höchste Instanz in dieser Frage, der 5. Senat des BGHs, hat Anfang des letzten Jahres die Gemeinnützigkeit von Vereinen im Sinne des §52 AO u.a. dann grundsätzlich negiert, wenn die Grenzen von politischer Meinungsbildung zum politischen Aktivismus überschritten werden. Organisationen, die sich durch Folgeentscheidungen eingeschränkt sehen, steht glücklicherweise das Verfechten ihrer Interessen über den Rechtsweg offen.
Mit freundlichen Grüßen
Ulrich Lechte