Frage an Ulrich Lechte von Emiaz A. bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen
Sehr geehrter Herr Lechte
der Spiegel berichtet in seiner neuesten Ausgabe vom 14. September 2019 (S.84) über die Präsidentschaftswahlen. Tunesien war der Ausgangspunkt des Arab Spring. Während Tunesien den Übergang zur Demokratie geschafft hat, haben dies viele andere Staaten nicht bzw. ihren eigenen Weg gefunden.
Wie beurteilen Sie den Prozess in Tunesien?
Ägypten hatte mir Mohammed Mursi einen demokratisch gewählten Präsidenten. Auch auf Veranlassung westlicher Staaten wurde Mursi durch den Militärdiktator Sisi gestürzt, der sich zwischenzeitlich als Präsident ausgerufen hat. Mursi wurde durch die Bundesregierung nicht empfangen, während Sisi regelmäßig mit Vertretern des Bundes zusammentrifft.
Wie beurteilen Sie die Situation in Ägypten und wie beurteilen Sie die Politik gegenüber Mursi und Sisi?
Deutschland hat sich auf Veranlassung des damaligen Außenministers nicht am Einsatz zur Stabilisierung der Situation in Libyen beteiligt. Diese Entscheidung hat sich zwischenzeitlich nach übereinstimmender Meinung der Fachwelt als falsch erwiesen (https://www.spiegel.de/politik/deutschland/westerwelle-gestorben-sein-aussenpolitisches-dilemma-a-1083152.html).
Wie beurteilen Sie die derzeitige Situation in Libyen? Welche Maßnahmen unternimmt Deutschland, um die Situation in Libyen zu stabilisieren und einen weiteren Zerfall des Staates zu verhindern?
Sehr geehrter Herr Afework,
vielen Dank für Ihre Anfrage. Als demokratisch gewählter Abgeordneter begrüße ich jede Entwicklung hin zu mehr Selbstbestimmung der Völker. Auch wenn den Bürgern Tunesiens in ganz beachtenswerter Weise gelungen ist, was anderen bislang verwehrt blieb, ist auch für Tunesien noch ein langer Weg zu gehen.
Maßgeblich unter deutscher Beteiligung wurde in Bezug auf den Konflikt in Libyen, in den auch Ägypten involviert ist, internationale Einigung vorangetrieben und damit ein weiterer Schritt hin zu einer friedvollen Lösung erzielt. Im Mai 2020 beschloss der Deutsche Bundestag eine stärkere deutsche Beteiligung an der neuen EU-Mission „Irini“.
Die Enthaltung Westerwelles wird heute von führenden Experten als richtig angesehen. Der veraltete Artikel, auf den sie sich beziehen, entspricht nicht mehr dem heutigen Ansichten. So konnte Deutschland dank Guido Westerwelles ehrlicher Makler bei der Berliner Konferenz sein und auch im UN-Sicherheitsrat eine entsprechende Resolution zu Libyen mit durchsetzen.
Mit freundlichen Grüßen
Ulrich Lechte