Frage an Ulrich Lechte von Noell A. bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen
Sehr geehrter Herr Lechte
seit vielen Jahren tobt in Mogadischu ein Bürgerkrieg, der maßgeblich die die Al Shabab Milizen betrieben wird. Millionen von Menschen sind in die Nachbarländer geflohen, die Regierung von Somalia hat ihren Sitz in Kenya.
Gleichzeitig haben sich mit Somaliland und Pundtland zwei stabile Teile in Somalia für unabhängig erklärt, die durch ihre Arbeit auch im Lande stabile Verhältnisse geschaffen haben. Allerdings sind sie international nicht anerkannt mit allen daraus resultierenden Folgen.
1. Wie stehen Sie zu dem Konflikt in Somalia und wo liegen aus Ihrer Sicht die Ursachen hierfür?
2. Welche Lösung sehen Sie für die Flüchtlinge, die bereits seit vielen Jahren in den Nachbarländern in riesigen Camps leben? Wie wollen Sie die verlorenen Generationen unterstützen?
3. Welche Beziehungen hat Deutschland zur Regierung Somalias?
4. Sind Sie bereit, Somaliland und Pundtland als unabhängige Staaten anzuerkennen? Wenn nein, wieso nicht?
Sehr geehrter Herr A.,
ich bedanke mich für ihre Frage. Der Konflikt in Somalia ist sehr vielschichtig und langanhaltend. Seit 2012 konsolidiert sich langsam das politische System in Mogadishu, sodass Deutschland und die internationale Gemeinschaft die Kooperation und die entwicklungspolitische Zusammenarbeit mit der somalischen Regierung verstärkten. Nach wie vor kommt es regelmäßig zu Anschlägen auf Politiker. Aufgrund dieser bedrohlichen Sicherheitslage unterhält die Bundesrepublik Deutschland derzeit auch keine Botschaft in Mogadischu, sondern führt die diplomatische Arbeit von Nairobi im Nachbarland Kenia aus durch.
Der Krieg in Somalia sowie Hungersnöte haben viele Todesopfer gefordert und viele Menschen flohen innerhalb des Landes sowie ins Ausland. Allein in der Hauptstadt Mogadishu befinden sich in etwa eine halbe Million Binnengeflüchtete. Der Flüchtlingskommissar der Vereinten Nationen (UNHCR) beziffert die Zahl der somalischen Flüchtlinge auf 900.000. In etwa die Hälfte davon lebt in Lagern im Nachbarland Kenia unter teilweise menschenunwürdigen Zuständen. Der UNHCR leistet der kenianischen Regierung große Unterstützung bei der Versorgung und Verwaltung der Fluchtlager, hat aber nicht genügend Kapazitäten und Ressourcen. Der Gesamtbedarf des UNHCR ist nur in etwa zur Hälfte gedeckt! Hier muss die Bundesregierung ansetzen und ihren eigenen Verpflichtungen nachkommen und mehr Mittel für das UNHCR genehmigen, sowie Zweckbindungen reduzieren, da dies die Handlungsfähigkeit der Empfänger beeinträchtigt. In Krisen ist oftmals nicht genügend Zeit für lange Verhandlungen. Da müssen Gelder verfügbar sein, um schnell und unbürokratisch zu helfen. In den derzeitigen Haushaltswochen kämpfen wir von der Fraktion der Freien Demokraten dafür, dass die zugesagten Mittel auch tatsächlich bewilligt werden.
Des Weiteren müssen wir Fluchtursachen in Somalia bekämpfen, indem wir humanitäre Hilfe und Entwicklungshilfe vor Ort leisten.
Somaliland und Puntland stellen zwei Sonderfälle dar. Beide regeln ihre inneren Angelegenheiten weitgehend autonom und sind vergleichsweise stabil. Während Puntland weiterhin den Status eines föderalen Gliedstaats Somalias inne hat und sich an einer Vereinigung interessiert zeigt, beansprucht Somaliland seit 1991 seine Unabhängigkeit und ist in ständigem Konflikt mit der somalischen Regierung. Die internationale Gemeinschaft und Somalia sind an einem vereinigten Somalia interessiert. Auch Äthiopien, das mit Somaliland gute Beziehungen unterhält, erkennt es nicht als Staat an. Auch die Afrikanische Union hat den Antrag auf Anerkennung abgelehnt. Dennoch gibt es auch Kooperationen mit den de facto autonomen Regierungen zum Beispiel im Bereich der Pirateriebekämpfung.
Freundlichen Grüßen
Ulrich Lechte