Frage an Ulrich Lechte von Peggy R. bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen
Sehr geehrter Herr Lechte
der chinesische Präsident Xi Jinping hat 2018 auf dem Parteitag der KPC eine neue Strategie der chinesischen Entwicklung vorgelegt, die sogenannte Xi-Doktrin. Darin ist neben einer weiteren wirtschaftlichen Öffnung auch der Ausbau der chinesischen Beziehungen angedacht. U.a. soll eine neue Seidenstraße errichtet werden und bereit seit längerem Export China sehr intensiv nach Afrika.
Ich frage Sie deshalb
1) Wie verstehen Sie die Xi-Doktrin?
2) Worin die liegen die Chancen und Risiken für Deutschland? Welche Gegenpolitiken entwickeln Sie und Ihre Fraktion als Antwort auf die Xi-Doktrin?
3) Welche Risiken sehen Sie in der "neuen Seidenstraße"?
4) Welche Risiken sehen Sie in der chinesischen Exportpolitik nach Afrika?
Herzlichst, P. R.
Sehr geehrte Frau R.,
die Xi-Doktrin beinhaltet die „Vier umfassenden Grundsätze“ von Staats- und Parteichef Xi Jinping.
China soll laut Xi-Jinping durch die Maßnahmen auf eine neue Entwicklungsstufe gebracht werden.
Die vier maßgeblichen Grundsätze der Xi-Doktrin beinhalten die Förderung des Wohlstands für alle Menschen in China, die Vertiefung der Reform, die Herrschaft mithilfe des Rechts und die strenge Kontrolle über die Partei.
Bei der Xi-Doktrin handelt es sich v.a auch um ein Machtinstrument des Präsidenten. Vor gut einem Jahr hob der Nationale Volkskongress der Volksrepublik China die Amtszeitbegrenzung für Xi Jingping auf. Seither gilt er als „lingxiu“, ein Begriff für „Führer“, der vor mehr als drei Jahrzehnten nur in der Ära des Vorsitzenden Mao Zedong verwendet wurde.
Unter Xi Jinpings Regentschaft baut China seinen Einfluss in Wirtschafts- und Außenpolitik weiter aus.
Im Südchinesischen Meer erhebt die Volksrepublik beispielsweise Ansprüche auf rund 80% des Gebietes. Durch das Aufschütten von Inseln versucht China seine Ansprüche zu legitimieren. Beispielsweise wird das Urteil des Schiedsgerichts in Den Haag weiterhin ignoriert und China setzt seine expansive Erweiterungspolitik fort.
Neben dem militärischen geht China auch einen wirtschaftlichen Weg um seine Machtpositionen weiter auszubauen und zu festigen.
Im Rahmen seiner globalen Seidenstraßeninitiative investiert China weltweit in Infrastruktur: Flughäfen, Eisenbahnlinien, Pipelines, Häfen, Sonderwirtschaftszonen, Kraftwerke und Stromnetze, Militärinfrastruktur.
Über 100 Teilnehmerstaaten sind bereits am Seidenstraßenprojekt beteiligt.
Dazu gehören viele asiatische Staaten, nahezu alle afrikanischen Staaten südlich der Sahara und viele lateinamerikanische Entwicklungsländer.
Die Länder hoffen auf Wachstumsimpulse, verschulden sich aber durch die Aufnahme von Krediten. Bei Zahlungsschwierigkeiten ist China offen für Rückzahlungen durch Beteiligungen an natürlichen Ressourcen oder an den Projekten selbst, was die Staaten in eine finanzielle und politische Abhängigkeit treibt.
Nehmen wir als Beispiel die Demokratische Republik Kongo, die sehr vom Rohstoffhandel abhängig ist: Der Abbau von Kobalt ist ein wichtiger Wirtschaftsfaktor im Kongo und gleichzeitig zentraler Bestandteil für den Ausbau der E-Mobilität.
Neben den Abbaubedingungen im Kongo, wo Menschenrechte missachtet, Sozial- und Umweltstandards verletzt werden, hat die VR China zudem weitgehende Zugangsrechte zu diesem Konfliktrohstoff, die zu Abhängigkeiten führen und so zu einer Einschränkung von Menschenrechten führen.
Unter dem Schirm der Belt and Road Initiative trifft die chinesische Regierung Vereinbarungen mit Regierungen anderer Staaten und fördert Infrastrukturprojekte, die mehrfach unter Korruptionsverdacht standen. In zahlreichen Ländern entstanden durch diese Praxis bereits enorme Schuldenabhängigkeiten.
Die Freien Demokraten setzen sich deshalb für die Achtung, Wahrung und Einhaltung der Menschenrechte ein und fordern deshalb, sich für eine technologieoffene Mobilitätswende einzusetzen, die einseitige Abhängigkeiten von China und Ländern mit kritischen (Konflikt)Rohstoffen verhindert.
Europa muss aus den Fehlern anderer Staaten lernen: Der Umgang mit China ist in allen westlichen Ländern leider bisher sehr uneinheitlich und wird leider derzeit noch ohne klare Strategie verfolgt.
Deshalb ist eine bessere Verzahnung und eine klare einheitliche europäische Antwort nötig.
Der Einfluss Chinas wird in der EU durch die Neue Seidenstraßen-Initiative immer größer und erfordert Konkrete Maßnahmen:
Erstens ist ein Investitionsschutzabkommen auf EU-Ebene erforderlich, zweitens Deutschland muss aktiv auf die chinesische Wirtschaftspolitik zugehen und nicht nur reagieren. China ist schließlich Deutschlands größter Handelspartner. Drittens Deutschland muss bei allen ökonomischen Interessen auf die Wahrung der Menschenrechte pochen.
Ich hoffe hiermit Ihre Frage für Sie zufriedenstellend beantwortet zu haben.
Mit freundlichen Grüßen
Ulrich Lechte