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Ulrich Lechte
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Frage von Herbert L. •

Frage an Ulrich Lechte von Herbert L. bezüglich Innere Sicherheit

Sehr geehrter Herr Aumer
Wieso sollen erneut gesetzestreue Wähler durch die geplante WaffG-Änderung (Drucksache207/19 ) kriminalisiert werden
Nulla poena sine culpa (keine Strafe ohne Schuld) habe ich mal gelernt.
Allein wegen einer "Vielzahl ... Menschen" eine Verbotszone auszurufen, ist m.E. genauso gesetzeswidrig, wie das Blitzen an einem Nicht-Unfallschwerpunkt aber ich kann den Sinn schon verstehen. Jedoch deutschlandweit
alle Bürger quasi in Sippenhaft zu nehmen und damit nebenbei ganze Existenzen von Messermachern zu gefährden kann doch nicht gewollt sein? Bei jeder dieser Änderung sind unbescholtene Wähler gezwungen, mit viel Geld ihren Werkzeugbestand anzupassen.
Das ist wie eine Sondersteuer für Gesetzestreue während es Straftätern egal ist!?

Sind denn überhaupt die "weiterhin in hoher Zahl" verübten Angriffe mit schon verbotenen Messern verübt worden? Oder haben sich die Verbrecher an den §42a gehalten und nur erlaubte Messer bei Straftaten verwendet? Die Gefahren gehen nicht mit "dem Mitführen...einher", sondern mit dem Träger.
Es muss doch, nach der gefühlt zehnten Einschränkung, auch dem allerletzten irgendwann auffallen, dass sich VERBRECHER nicht an VERBOTE halten.

Verstehen Sie mich nicht falsch: ich bin ganz eindeutig für mehr Sicherheit, aber auf einem öffentlichen Waldweg kein Messer bei mir tragen zu dürfen wird keine Straftaten am Hauptbahnhof XY verhindern.

Wenn verhindert werden soll, dass ungeeignete Personen Messer tragen, warum dann nicht an den kleinen Waffenschein knüpfen da dieser u.a.
-keine Vorstrafen
-keine Drogen- oder Alk.abhängigkeit
-geistige Eignung
voraussetzt.
Das wäre mal ein kreativer Ansatz.

Als Messersammler, Schmied, Messerwerfer, Arbeitnehmer, Naturfreund und Apfelschäler gibt es keine Minute meines Tagesablaufs, die durch die geplante Änderung nicht beeinträchtigt,sogar verhindert würde.

Das Messer ist ein alternativloser Gebrauchsgegenstand und ich kein Krimineller!

Ich frage Sie daher, wie Sie dazu stehen.

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Antwort von
FDP

Sehr geehrter Herr L.,

da Sie eine Frage an Herrn Aumer stellen, bitte ich Sie ihn direkt anzuschreiben. Gern gebe ich Ihnen die FDP-Bundestagsfraktion Position zum Thema mit:

Die Gesetzesinitiative, die von den Bundesländern Bremen und Niedersachsen am 17. Mai 2019 im Bundesrat vorgestellt wurde, sieht zwei wesentliche Änderungen des Waffengesetzes vor. Zum einen möchte es der Gesetzesentwurf den Kommunen erleichtern, Waffenverbotszonen einzurichten, zum anderen wird die Definition erlaubnisfreier Messer geändert.

Die Initiative aus Bremen und Niedersachsen ist nicht neu. Bereits während der 208. Sitzung der Innenministerkonferenz im Juni 2018 kam es auf Vorschlag des Landes Hessen zu einer Diskussion rund um dieses Thema. Die Konferenzteilnehmer verständigten sich darauf, ein bundesweit einheitliches Vorgehen in Sachen „Waffenverbotszonen“ anzustreben. Gegenwärtig analysiert eine Arbeitsgruppe Straftaten mit Messern im Bundesgebiet und erarbeitet einen Vorschlag, wie Waffenverbotszonen unabhängig von Kriminalitätsschwerpunkten errichtet werden können. Die Landesregierungen von Bremen und Niedersachsen preschen jetzt vor, ohne das Ergebnis der Arbeitsgruppe abzuwarten.

§ 42 Abs. 5 WaffG berechtigt die Länder bereits jetzt, durch Rechtsverordnung an bestimmten Kriminalitätsschwerpunkten Waffenverbotszonen einzurichten. Der Gesetzesentwurf zielt darauf ab, diese Befugnisse auszuweiten, mit dem Ziel, Waffenverbotszonen auch präventiv an sensiblen Orten oder in ganzen Stadtteilen einzuführen.

Dieses weitreichende Vorgehen ist unverhältnismäßig. Das Mitführen von Waffen ist an sensiblen Orten, also beispielsweise an Schulen, Kindergärten oder in Gerichtsgebäuden auch ohne Gesetzesänderung leicht über die jeweilige Hausordnung zu verbieten. Auch das Verhängen einer Waffenverbotszone in bestimmten Stadtteilen ist bereits möglich, wenn diese Stadtteile durch besondere Kriminalität auffällig geworden sind. Von dieser Möglichkeit wird bei Bedarf auch Gebrauch gemacht, wie beispielsweise im Oktober 2018 in Leipzig.

Der Gesetzesentwurf stellt einen präventiven Eingriff in die Freiheitsrechte der Bürger dar, der nicht ausreichend gerechtfertigt ist. Das grundlose Einrichten von Verbotszonen mit der damit einhergehenden Möglichkeit, Passanten ohne Anlass auf das Mitführen von Waffen zu kontrollieren, widerspricht der freiheitlichen Ausrichtung der Grundrechte. Auch ist nicht erkennbar, dass hierdurch für den Bürger ein besseres Sicherheitsgefühl zu erreichen ist.

Nach dem gegenwärtigen Stand des Waffengesetzes unterfallen bereits eine große Zahl von Messern den waffenrechtlichen Regelungen, darunter auch Springmesser bis zu einer Klingenlänge von 8 cm. Darüber hinaus ist das Mitführen von Messern mit feststellender oder feststehender Klinge von über 12 cm untersagt. Der Gesetzgeber hat damit also bereits einen sehr engen Rahmen für das erlaubnisfreie Mitführen von Messern gesteckt.

Es besteht keine Notwendigkeit für eine Verschärfung dieser Regelungen. Ausweislich der polizeilichen Kriminalstatistik für das Jahr 2017 sind die angezeigten Fälle von gefährlicher Körperverletzung – dies umfasst nach § 224 Nr. 2 StGB auch Körperverletzungen mit Messern – im Vergleich zum Vorjahr um 2,1 % zurückgegangen, im Jahr 2018 konnte ein weiterer Rückgang verzeichnet werden. Eine genaue Erfassung von Straftaten mit Messern erfolgt durch das BKA gegenwärtig nicht. Demgegenüber erfassen einige Bundesländer solche Zahlen. Auf Anfragen von Abgeordneten haben lediglich die Länder Hessen und Rheinland-Pfalz einen Anstieg solcher Delikte gegenüber dem Jahr 2012 angegeben. In Berlin und Schleswig-Holstein blieben die registrierten Fälle dagegen stabil oder gingen sogar zurück.

Mit der Beschränkung der zulässigen Länge von Messern werden insbesondere traditionelle Messer kriminalisiert. In zahlreichen handwerklichen Berufen, für Wanderer und Bergsteiger, Fischer und Weinbauern gehört das Messer zur alltäglichen Ausrüstung. Diese Gruppen sind nicht besonders kriminalitätsgeneigt. Demgegenüber lassen sich Personen, die bereit sind, Messer auch zur Körperverletzung einzusetzen, regelmäßig nicht durch ein Verbot beeindrucken. Der Gesetzesentwurf trifft an dieser Stelle daher die Falschen. Der beste Weg zu einer verstärkten Sicherheit im öffentlichen Raum ist eine bessere Polizeipräsenz. Taschenmesser sind sicher nicht der Grund für ein größeres Sicherheitsbedürfnis in der Bevölkerung und das Verbot des Mitführens solcher Gegenstände in weiten Teilen unseres Landes wird die gegenwärtige Situation nicht verbessern.

Mit freundlichen Grüßen

Ulrich Lechte

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