Frage an Ulli Nissen von Thomas S. bezüglich Arbeit und Beschäftigung
Guten Tag Frau Nissen,
laut meiner Beobachtung lassen nicht wenige Unternehmen in ihren Ausschreibungen betreffs Jobs und Praktika eine unfaire und teils devote Praxis erkennen.
1. Problem: Tabuisierung der Lohnfindung
Während die meisten Unternehmen sachlich dienliche Beschreibungen leisten, welche Aufgaben mit der jeweils ausgeschriebenen Tätigkeit verbunden sind und welche Anforderungen diesbezüglich an etwaige Bewerber/innen gestellt werden, wird die Frage der Lohnfindung oft nichtssagend behandelt, Das sehe ich als unfair gegenüber den einen Job oder Praktikumsplatz suchenden jungen Menschen gegenüber, die teils nur über ein schmales Budget verfügen und sicher so wie ich gerne schnell und unkompliziert an Hand einer Ausschreibung erfahren möchten, ob die dort angebotene Beschäftigung eine angemessene Vergütung verspricht.
Die Dienstleistungs-Gesellschaft Hochtaunus gGmb verwendet z.B. in einer aktuellen Ausschreibung für die Beschreibung von Aufgaben und Voraussetzungen 92 Wörter, für die der Lohnfindung nur 2 (zudem nichtssagende) Wörter.
https://stellenmarkt.studentenwerkfrankfurt.de/anzeige/203940-schulbegleiterin-mwd
Screeenshot; https://www.directupload.net/file/d/6063/4bfleo9m_jpg.htm
Frage 1:
Was halten Sie von der Idee, dass der Gesetzgeber aussagefähige Informationen in Ausschreibungen betreffs der Vergütung vorschreibt?
2. unvergütete Praktika
Das Zentrum für Psychotherapie Wiesbaden bietet aktuell eine Stelle für ein 5-monatiges Pflichtpraktikum mit durchschnittlich 23 Wochenstunden an drei bis vier Tagen (insgesamt 480 Stunden) an, das nicht vergütet wird.
Screenshot: https://www.directupload.net/file/d/6063/5syi9xgk_jpg.htm
Was halten Sie von einem Mindestlohn für Praktika, damit die Arbeit der dort Beschäftigten nicht ausgenutzt werden kann?
Viele Grüße T. S.
Sehr geehrter Herr Schüller,
vielen Dank für Ihre Anfrage.
1) Als SPD setzten wir uns grundsätzlich für eine umfassende Tarifbindung ein.
Besteht ein Tarifvertrag, stellt sich das Problem der Lohnfindung nicht, da die betreffenden Lohngruppen in den Stellenangeboten angegeben werden.
Auf jeden Fall sollten aber bestimmte Erfahrungsstufen auch meiner Meinung nach bei der Lohnfindung in Stellenangeboten berücksichtigt werden.
Ebenfalls setzen wir uns für transparente Lohnstrukturen ein. Bereits in der letzten Legislaturperiode haben wir das Entgelttransparenzgesetz (Gesetz zur Förderung der Transparenz von Entgeltstrukturen) beschlossen, das am 6. Juli 2017 in Kraft getreten ist.
Damit werden Beschäftigte dabei unterstützt, ihren Anspruch auf gleiches Entgelt bei gleicher oder gleichwertiger Arbeit künftig besser durchzusetzen.
Hintergrund war die Durchsetzung des Prinzips "Gleicher Lohn für gleiche oder gleichwertige Arbeit" für Frauen und Männer in der Praxis. Hier vorgesehen ist u.a. ein individueller Auskunftsanspruch für Beschäftige.
2) Bei Praktika ist zu berücksichtigen, dass Pflichtpraktika grundsätzlich von Arbeitsverhältnissen zu unterscheiden sind.
Handelt es sich um ein Pflichtpraktikum im Rahmen der beruflichen Aus- und Weiterbildung, bzw. für Studierende um ein Praktikum nach der Studienordnung, steht der Bildungsgedanke im Vordergrund.
Steht hingegen der Mehrwert, bzw. Wertschöpfungsgedanke für den Arbeitgeber, bzw. die Arbeitgeberin im Vordergrund, müssen die Regelungen des Mindestlohngesetzes eingehalten werden.
Mit herzlichen Grüßen
Ihre
Ulli Nissen, MdB