Frage an Uli Watermann von Wolfgang H. bezüglich Raumordnung, Bau- und Wohnungswesen
Sehr geehrter Herr Watermann,
Die Wohnungsleerstandsquote beträgt derzeit in HM-Pyrmont 6,0 % mit steigender Tendenz; minus 8,9 % in der Nachfrage.
Dies ist meines Erachtens ein wenig erfreulicher Sachverhalt - auf den die Politik mit gespielter oder unwissender Gelassenheit reagiert. Es wird jedoch Zeit, dass die Landespolitik agiert.
Denn: Wenn Senioren versuchen, sich aus Altersgründen von ihrer Immobilie zu trennen erleben sie ein regelrechtes Fiasko, weil ihr Häuschen - ursprünglich als Vorsorge gegen Altersarmut gedacht - in ihrem Ort entweder nicht verkäuflich ist oder sie nur einen Bruchteil des eigentlichen Wertes als Kaufpreis erzielen können.
Der - dadurch erzwungene - Verbleib in ihrer Immobilie erfordert nicht nur Erhaltungsaufwand, sondern auch im Vergleich zu einer Mietwohnung überproportionale Kosten für Energie.
Beides wird für Rentnerhaushalte zu einer existenzbedrohenden Belastung - und trotz Bauzinsen auf Niedrigstniveau erhalten Rentner kaum noch Kredite für Sanierung und energetische Verbesserung.
Statt auf diese Entwicklung zu reagieren, hat die vorherige Landesregierung sogar noch die Lage der Betroffenen verschärft, indem sie die Grunderwerbssteuer in Niedersachsen auf 4,5 % angehoben hat.
Wäre es nicht - insbesondere sozialdemokratische - Aufgabe der jetzige Landesregierung, die Grunderwerbssteuer für Altimmobilien (z.B. Ein- und Zweifamilienhäuser älter als 30 Jahre)zu senken oder auszusetzen?
Und obendrein den Erwerb von Altimmobilien für junge Familien durch steuerliche Anreize (z.B. Erstattung der MWST auf Handwerker- und Baumarktrechnungen für bis zu 3 Jahre nach Erwerb der Altimmobilie) und Kreditunterstützung für energetische Sanierung zu fördern?
Statt ineffiziente, akademische Diskussionforen in den betroffenen Kommunen durchzuführen, ist es höchste Zeit der "Vergreisung" mit intelligenten Konzepten gegenzusteuern.
Deshalb bitte ich Sie, mir Ihre Meinung und politische Haltung mitzuteilen.
Mit freundlichem Gruß
Sehr geehrter Herr Hartmann,
vielen Dank für Ihre Nachricht vom 09. September 2013. Ich teile Ihre Sorgen ausnahmslos und möchte Ihnen im Folgenden meinen Standpunkt hierzu erläutern.
Hameln-Pyrmont ist trotz seiner Städte ein vergleichsweise ländlich geprägter Landkreis mit vielen kleinen Ortschaften. Diese Ortschaften, ich nenne nur beispielhaft Wallensen oder Nettelrede, haben zunehmend mit einem steigenden Wohnungsleerstand zu kämpfen. Die Folge von Demographischem Wandel und zunehmendem Wegzug aus den ländlichen Gebieten rein in die Ballungszentren führt unter anderem zu diesem Wohnungsleerstand, zu verfallenden Häusern und natürlich auch dazu, dass Eigentum aufgrund zu geringer Nachfrage nicht mehr zu einem angemessenen Preis verkauft werden kann. Das bringt gerade die Eigentümer, die ihre Häuser oftmals aus verschiedenen Gründen verlaufen müssen, in große finanzielle Bedrängnis.
Die Gründe für diese Tendenzen sind vielfältig. Für junge Familien, aber auch für die ältere Generation ist das Leben auf dem Land zunehmend unattraktiv. Das liegt zum einem an einem immer größeren Rückbau der Infrastruktur, seien es Lebensmittelgeschäfte, Ärzte, Kindergärten oder Schulen. Dies liegt aber zum anderen auch an der Tatsache, dass diese in die Ballungszentren wandernde Infrastruktur zunehmend schlecht zu erreichen ist. ÖPNV-Verbindungen in die kleinen Ortschaften nehmen beispielsweise aufgrund der als zu gering empfundenen Nachfrage oder Unwirtschaftlichkeit zusehends ab.
Genau hier liegt ein Punkt, an dem Politik eingreifen kann. Wir müssen dafür Sorge tragen, dass niemand aufgrund fehlender oder nur gering vorhandener Mobilität vom gesellschaftlichen Leben ausgeschlossen wird. Einkaufsmöglichkeiten, Kitas, Schulen und Ärzte müssen zumindest erreichbar bleiben. Kann dies sichergestellt werden, steigt nach meiner Überzeugung auch die Attraktivität vom Wohnen im ländlichen Raum. Die Mehrheitsgruppe aus SPD/Grüne/Piraten hat aus diesem Grund beispielsweise in der vergangenen Woche einen Antrag auf einem Workshop gestellt, der die Mobilität in unserem Landkreis zum Thema haben soll. Die Sicherstellung von Mobilität in allen Bereichen unseres Landkreises, auch durch neue Mobilitätskonzepte mit Bürgerbus oder Carsharing sollen hier diskutiert und auf den Weg gebracht werden.
Ein weiteres Konzept, auf das wir als Mehrheitsgruppe im Kreistag bauen geht in Richtung ihrer Vorschläge. Vor einigen Monaten haben wir daher auf unsere Initiative hin einen Antrag im Kreistag beschlossen, der den Kauf von Altimmobilien attraktiver machen soll. Unter dem Motto „Jung kauft Alt“ werden so Menschen finanziell gefördert, die leerstehende Bestandimmobilien erwerben möchten.
Ihre Ideen, einerseits die Grunderwerbssteuer für Altimmobilien zu senken oder auszusetzen und andererseits steuerliche Anreize zu schaffen, finde ich gut. Gerne nehme ich diese Anreize mit in die Fraktionen auf Kreis- und Landesebene. Wir beschäftigen uns intensiv mit dem Thema Wohnungsleerstand und Verstädterung und ich bin mir sicher, dass wir auch weiterhin gute Konzepte auf den Weg bringen werden.
Mit freundlichen Grüßen
Ulrich Watermann, MdL
Innenpolitischer Sprecher der
SPD-Fraktion im Niedersächsischen Landtag