Frage an Torsten Staffeldt von Jens C. bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen
Sehr geehrter Herr Staffeldt,
ich wende mich an Sie als Anwohner Ihres Wahlkreises und als jemand der bei der letzten Bundestagswahl durchaus auch ein Kreuz bei der FDP hinterlassen hat.
Momentan bin ich extrem erschreckt und verwundert vom Handeln und Agieren unserer Regierung in Sachen Prism, Snowden und der Überwachungsaffäre um die NSA.
Warum, so frage ich Sie, wird ausgerechnet ein Herr Friedrich, der nun ja ein extremer Befürworter, bisher jeder Überwachungsmaßnahme war, mit einer kritischen Auseinandersetzung mit der USA in dieser Sache betraut? Warum ist der Aufschrei unserer Regierung so klein?
Alle Minister der Bundesregierung werden mit folgendem Eid in Ihr Amt eingeführt:
"Ich schwöre, dass ich meine Kraft dem Wohle des deutschen Volkes widmen, seinen Nutzen mehren, Schaden von ihm wenden, das Grundgesetz und die Gesetze des Bundes wahren und verteidigen, meine Pflichten gewissenhaft erfüllen und Gerechtigkeit gegen jedermann üben werde. So wahr mir Gott helfe."
"Schaden von ihm wenden"? "Gesetze des Bundes wahren"? Wo genau bleiben diese Teile in der momentanen Situation und wo ist die laute, öffentliche Debatte?
Wie kann es sein, dass unsere Regierung sich mehr darüber aufregt, wenn irgendwelche Botschaften abgehört werden, als wenn unbescholtene Bürger einer Komplettüberwachung unterliegen?
Warum reden wir über Freihandelsabkommen, deren Nutzen für uns als Deutsche volkswirtschaftlich betrachtet von sehr überschaubarer Bedeutung sind?
Warum reden wir nicht erst einmal über die Lösung akuter Probleme?
Ich persönlich wünsche mir eine sehr harte Haltung unserer Regierung gegenüber der USA - und zwar unbeachtet jeder noch so positiven gemeinsamen Vergangenheit.
Wie ist Ihr persönlicher Standpunkt in dieser Sache?
Vielen Dank schon einmal für Ihre Bemühungen.
Mit freundlichen Grüßen
J.Clasen
Sehr geehrter Herr Clasen,
herzlichen Dank für Ihre Fragen.
Das Ausmaß der Überwachung, welches uns in den vergangenen Wochen offenbart wurde, hat uns, auch wenn man es vielleicht geahnt hatte, sehr überrascht. Die Aufarbeitung wird uns sicherlich noch weit bis in die nächste Legislaturperiode beschäftigen. Dabei leisten aber meines Erachtens gerade die Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger und der Bundeswirtschaftsminister Philipp Rösler sehr gute Arbeit. Zusammen mit Rainer Brüderle haben sie dazu auch kürzlich ein 13-Punkte-Papier zum Schutz von Daten vorgelegt.
Die Reaktion auf die Spionageaffäre muss aus meiner Sicht wie folgt geschehen:
1. Die Geheimdienste müssen durch das Parlament besser kontrolliert werden. Das Positionspapier der FDP-Bundestagsfraktion hierzu wurde bereits Ende 2012, also weit vor der Affäre, vorgelegt. Durch die neuen Enthüllungen sehe ich bessere Chancen, dieses auch mit den anderen Fraktionen durchzusetzen.
2. Das Geheimdienstabkommen mit den USA muss überarbeitet werden. Auf Drängen von Außenminister Westerwelle ist daher auch als eine Folge der Affäre ein Abkommen mit den USA, Großbritannien und Frankreich gekündigt worden, welches Privilegien für deren Geheimdienste vorsah. Dank der Bundesjustizministerin haben wir auch auf EU-Ebene ein gemeinsames Vorgehen. Erste Folge dessen ist eine Resolution, in der Ziele vorgegeben werden. Das Geheimdienstabkommen mit den USA darf nicht wie bisher ein reiner Verwaltungsakt sein, es muss durch einen völkerrechtlichen Vertrag abgesichert werden.
3. Deutschland und die EU müssen sich technisch auf Augenhöhe mit den USA bewegen. Momentan sind wir bei der Informationstechnologie nahezu vollständig abhängig von den USA. Deshalb hat Wirtschaftsminister Rösler die ersten Weichen gestellt, um ein europäisches Technologienetzwerk zu schaffen. Analog zu Airbus, welches auch als europäisches Gegenstück zu den USA entstand oder zu Galileo, welches die Unabhängigkeit von GPS gewährleistet, brauchen wir in der Informationstechnologie eigene Kompetenzen. Verträge sind wichtig und richtig, wer technologisch abhängig ist, wird allerdings nie auf Augenhöhe verhandeln können.
Ihre Einschätzung zum Freihandelsabkommen teile ich dabei ausdrücklich mit. Unabhängig von der Abhöraffäre ist das Freihandelsabkommen ein wichtiger Faktor, um den Wohlstand zu sichern. Es gibt eine ganze Reihe von Detailfragen zu klären, gleichzeitig bietet das Abkommen viele Vorteile. Wenn wir die Standards nicht setzen, werden dies in einigen Jahren andere tun, etwa die Chinesen. Daher sehe ich das Abkommen als wesentlichen Baustein für wirtschaftliche Zukunft und Wohlstand.
Ich freue mich darauf, mit Ihnen in Kontakt zu bleiben und ggf. weitere Diskussionen zu führen.
Mit freundlichen Grüßen
Torsten Staffeldt