Torsten Staffeldt
FDP
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Frage von Reinhard T. •

Frage an Torsten Staffeldt von Reinhard T. bezüglich Wirtschaft

Tach auch Herr Staffelt.

Im Weser-Kurier stehen folgende Aussagen von Ihnen. Tricksereien und Insolvensverschleppung im Zusammenhang der Griechenlandhilfe.
Hierzu folgende Frage von mir: IST IHNEN BEKANNT, dass Griechenland Fortschritte gemacht hat und einen Haushaltsüberschuss erwirtschaftet hat ohne der Berücksichtigung des Schuldendienstes. Ein "SCHULDENSCHNITT", der GL die Möglichkeit gibt die Restschulden zu tilgen wäre doch der Königsweg und allen geholfen.Warum verweigern Sie sich und ihre Partei diesen Weg zu gehen.

mfG Reinhard Tümmel

Antwort von
FDP

Sehr geehrter Herr Tümmel,

zunächst bin ich ein wenig über die Frage überrascht, da Sie wirklich der erste sind, der meinen Entscheidungen zu den Griechenlandhilfen NICHT zustimmt. Aber so erhalte ich nun die Gelegenheit, auch auf Abgeordnetenwatch meine Entscheidung zu begründen. In dem Sinne, danke für ihre Frage.
Ich habe der ersten Griechenlandhilfe vor nunmehr zwei Jahren trotz schwerster Bedenken zugestimmt. Meine Entscheidung ist wirklich erst in den letzten Minuten vor der namentlichen Abstimmung im Bundestag gefallen. Letztendlich habe ich so entschieden, da ich gehofft habe, dass dies eine einzige und einmalige Hilfe sein würde. Diese Hoffnung zerstob innerhalb kurzer Zeit. In dieser Legislaturperiode beschäftigen wir uns quasi kontinuierlich mit Griechenland, aber auch Irland, Portugal, Spanien, Italien und hoffentlich nicht irgendwann Frankreich. Irland hat sich entschieden den harten und schwierigen Weg der Konsolidierung aus eigener Kraft zu gehen - und ist damit offensichtlich erfolgreich. Spanien ist zu stolz um Hilfen anzunehmen. Die Italiener kaufen ihre eigenen Staatsanleihen selber aus Patriotismus und helfen so ihrem Land. Alle Länder, insbesondere die Griechen wissen, dass Hilfen, so Sie denn gewährt werden, mit Auflagen verbunden sind.

Zu Griechenland im speziellen. Ich erkenne an, dass das griechische Parlament nach zwei Wahlen einige der geforderten Maßnahmen in Gesetzestext gegossen hat. Gesetz und Umsetzung sind in einem Rechtsstaat untrennbar verbunden. Während in Deutschland die Umsetzung weitestgehend gut funktioniert, ist dies in Griechenland leider oft nicht der Fall. Hierzu gibt es eine Reihe von Beispielen. Seien es nun Rücktritte von Steuerprüfern, Staatsanwälten oder dem Chef des Privatisierungsfonds. Da die bisherige Gesetzeslage oft nur unzureichend durchgesetzt wurde, habe ich größte Zweifel, ob dies in Zukunft der Fall sein wird. Der oberste Steuerfahnder Griechenlands, Nikos Lekkas, hat selbst die überaus unzureichende Steuermoral im Land angeprangert. Der Bericht der Troika ist aus meiner Sicht "weiße Salbe" und im übrigen auch nicht zu 100% vollständig. Vor allem zweifele ich aber an der Neutralität des Troika-Ergebnisses, da alle Beteiligten, IWF, EZB und EU-Kommission Eigeninteressen haben und bereits jetzt durch einen Schuldenschnitt, wie Sie ihn fordern, betroffen wären.

Ein Haushaltsüberschuss ohne Berücksichtigung der Schuldenlasten ist kein Haushaltsüberschuss. Oder würden Sie für ihr persönliches Ausgabeverhalten sagen, wenn Sie ihre Schulden nicht bezahlen oder einfach vergessen, haben Sie Geld zum Konsum übrig? Das ist ein Teufelskreis und der Kameralistik geschuldet, die für die Vermögens- (oder Unvermögens-) betrachtung von Staaten gewählt wird. Müssten Länder wie Unternehmen bilanzieren, nach der sogenannten Doppik, dann würden die Schulden selbstverständlich in der Bilanz auftauchen. Und dann wäre Griechenland pleite und hätte längst Insolvenz anmelden müssen. So ist der Hinweis auf die Insolvenzverschleppung zu verstehen.
Als Trickserei bezeichne ich den gestern mit großer Mehrheit verabschiedeten Gesetzesentwurf, da er ermöglicht, dass alte Griechenlandschulden, die ursprünglich 100% wert waren, dann schon im Rahmen des ersten Schuldenschnittes abgewertet wurden, nun von Griechenland für einen noch niedrigeren Kurs (Stichtag 23.11.2012, Kurswert ca. 30% des ursprünglichen Wertes) zurückgekauft werden sollen. So erhofft man sich, dass die Gesamtverschuldung Griechenlands dann geringer wird und die Euroretter ca. 41 Mrd. Euro an Griechenland auszahlen können. Voraussetzung dafür ist natürlich, dass die Inhaber der Griechenlandschuldverschreibungen mitmachen. Das ist nicht sicher. Zweite Voraussetzung ist, dass Griechenland die dafür benötigten geschätzten 10 Mrd. Euro liquide Mittel auch zur Verfügung hat um zurückkaufen zu können. Und nun raten Sie mal, woher die 10 Mrd. Euro wohl kommen werden?
Wenn das keine Trickserei ist, was dann?
Zu ihrem Vorschlag des Schuldenschnittes. Einen gab es schon, der zweite wird ohnehin kommen. Alle die können, versuchen auszusteigen oder pokern auf einen Schuldenschnitt, der mehr wert sein wird als der Preis, zu dem Sie Griechenlandanleihen angekauft haben.
Schuldenschnitt ist nicht gleich tilgen sondern nichts anderes als Enteignung, in dem die Schulden weniger wert sind.
Es entspricht nicht meinem Rechtsverständnis denjenigen, die aus eigenem schuldhaftem Verhalten resultierend Schulden angehäuft haben, diese Schulden einfach zu erlassen. In privatem und geschäftlichem Verhalten muss jeder und jede die Verantwortung für seine Entscheidungen übernehmen. Nur weil es ein Staat oder eine systemrelevante Bank ist darf das Prinzip der Verantwortung nicht ausgehebelt werden. Sonst heißt es, wie in anderen Fällen schon geschehen, "Bei den Großen kommt der Bundesadler, bei den Kleinen der Pleitegeier". Wollen Sie das?

Mit liberalen Grüßen

Torsten Staffeldt