Torsten Staffeldt
FDP
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Frage von Andreas K. •

Frage an Torsten Staffeldt von Andreas K. bezüglich Wirtschaft

Sehr geehrter Herr Staffeldt,

als Führungskraft im mittleren Management eines großen Konzerns gehöre ich zu denjenigen Bürgern, die zwischen 45-55 Stunden wöchentlich, phasenweise unter recht hohem Druck, arbeiten und pünktlich ihre Steuern zahlen. Das Einkommen ist leicht überdurchschnittlich, der Lebensstandard durchaus akzeptabel, aber bei weitem nicht exorbitant hoch. Insgesamt habe ich den Eindruck, dass zwei Schichten unserer Gesellschaft deutlich besser wegkommen. Da sind zum Einen sogenannte Spitzenmanager, denen ich bei guten Unternehmensergebnissen durchaus ein höheres Einkommen gönne, deren tatsächliche Einkommen allerdings jenseits von Gut und Böse liegen. In keiner Volkswirtschaft kann die Arbeits-/Managementleistung so überragend sein, dass sie mehrere Millionen per anno einbringt. Zum Anderen wächst m. E. die Zahl derjenigen, die sich trotz recht jungem Lebensalter frühzeitig auf eine Statsversorgung für ihr Leben einstellen und damit zumindest annähernd gut über die Runden kommen, weil eben viele Arbeitsanreize genommen werden (Bezahlen von Haushaltsgeräten; Miete; Möbeln etc.). Mit dieser Klientel hatte ich als Personalverantwortlicher für ca. 500 Mitarbeiter bereits mehrere erfolglose Einstellungsgespräche. Viele konnten sich nicht vorstellen für ca. 10 Euro die Stunde zu arbeiten, schon gar nicht Samstags oder bereits ab 06:00 Uhr.

Herr Staffeldt, auf welche Weise würden Sie/Ihre Partei diese volkswirtschaftliche Schieflage beheben bzw. sehen Sie die geschilderte Problematik komplett anders ?

Antwort von
FDP

Sehr geehrter Herr Krause,

recht herzlichen Dank für Ihre Frage. In der Tat sprechen Sie hier ein Thema an, dass die Schieflage in unserer Gesellschaft widerspiegelt und das ich, als Inhaber eines kleinen mittelständischen Betriebes, ebenfalls so wahrnehme. Auf der einen Seite beobachte ich die schwindelerregenden Gehälter von Spitzenmanagern. Für mich ist es kaum nachvollziehbar, dass einige Unternehmen, die hohe Verluste gemacht haben und die sich insbesondere unter den Schutzschirm des Staates begeben haben, weiterhin hohe Boni für ihre Mitarbeiter zahlen. Hohe Gehälter, hohe Boni und hohe Abfindungen trotz Managementfehlern und schlechter wirtschaftlicher Lage - dafür habe weder ich noch die Öffentlichkeit Verständnis. Dieses ist auch mit meiner Vorstellung vom Leistungsprinzip nicht in Einklang zu bringen. Allerdings gilt für mich auch zwischen Unternehmern und deren Mitarbeitern der Grundsatz der Vertragsfreiheit. Es ist nicht Aufgabe des Staates zu bestimmen, welche Leistung einer Person für ein Unternehmen wie viel Wert ist. Die Frage nach der "gerechten Vergütung" kann der Staat nicht beantworten. Allerdings lässt sich bei genauerer Betrachtungsweise auch feststellen, dass es sich um einen überschaubaren Kreis von Vorständen von Aktiengesellschaften handelt. Hier gilt es aus meiner Sicht, die Rechte der Aktionäre auch bezüglich der Gehaltsfragen zu stärken. Denn schließlich sind die Aktionäre die Eigentümer der Unternehmen. Schon aufgrund ihrer Größe kann die Aktionärshauptversammlung zwar nicht das Gremium sein, das jedes einzelne Vorstandsgehalt festlegt. Aber die Grundzüge für die Vorstandsvergütungen können hier beschlossenen werden. Dazu gehört aus meiner Sicht auch der Bereich der variablen Vorstandsvergütungen, die zukünftig wieder stärker am dauerhaften Unternehmenserfolg ausgerichtet sein müssen. Vorstände und Spitzenmanager dürfen aber nicht nur am Erfolg eines Unternehmens partizipieren, gleiches gilt für mich auch bei Misserfolgen. Als mittelständischer Unternehmer hafte ich selber mit meinem Privatbesitz, so dass es für mich eine Selbstverständlichkeit ist, dass Manager, die gute Gehälter beziehen, auch entsprechend für Fehlentscheidungen haften müssen.
Auf der anderen Seite sehe ich ebenfalls im Bereich der staatlichen Steuer- und Transfersysteme die Notwendigkeit eines Umsteuerns, denn diese sind ungerecht, unfair und leistungsfeindlich. Ungerecht, weil der erwerbstätigen Bevölkerung trotz immer höherer Abgaben immer weniger Leistungen des Staates gegenüber stehen. Unfair, weil unsere komplizierten Steuer- und Transfersysteme mit ihrer mangelnden Transparenz vor allem die Findigen und nicht die Fleißigen belohnt. Und leistungsfeindlich, weil unser Steuer- und Transfersystem zusätzliches Arbeitsengagement nur wenig honoriert und negative Arbeitsanreize setzt. In der zu kleinen Spanne zwischen Transferleistungen auf der einen Seite und den Nettoeinkommen im Niedriglohnbereich sehe ich auch die Gründe für die hohe strukturelle Langzeitarbeitslosigkeit in Deutschland. Für jemanden, der arbeitslos wird, ist es vergleichsweise unattraktiv eine neue Arbeit mit einem etwas geringeren Gehalt anzunehmen. Einige fliehen daher in die Schwarzarbeit, um der Anrechnung des Erwerbseinkommens zu entgehen. Die mangelnde Attraktivität von gering bezahlter Arbeit hat für die Arbeitslosen aber eine entscheidende Kehrseite: Die sehr langen Wartezeiten auf eine neuerliche Beschäftigung entwerten die Qualifikationen und reduzieren somit die Wiedereinstellungschancen, was zu einer weiteren Verfestigung der strukturellen Arbeitslosigkeit führt. Als Unternehmer habe ich dabei dieselben, zum Teil frustrierenden, Erfahrungen im Rahmen von Einstellungsgesprächen gemacht und kann Ihre Einschätzung dazu nur teilen.
Um hier einen Mentalitätswandel herbeizuführen, setze ich mich für das liberale Bürgergeld und somit für einen aktivierenden Sozialstaat ein. Dadurch lässt sich ein für die Bürger transparentes System staatlicher Sozialleistungen schaffen, das die materielle Lebensgrundlage sichert und gleichzeitig stärker als bisher die Aufnahme eigener Erwerbstätigkeit belohnt. Damit der bedürftige Bürger einen hinreichenden Anreiz zur Arbeitsaufnahme hat und danach weniger auf staatliche Transfers angewiesen ist, muss die Einkommensanrechung so ausgestaltet sein, dass die Arbeitsaufnahme gegenüber dem heutigen System immer stärker mit verfügbarem Einkommen belohnt wird. Ich glaube, dass wir mehr erreichen, wenn wir unserem Sozialstatt mehr Leistungsanreize hinzufügen, als mit Sanktionen die Hürde zur Arbeitsaufnahme nur noch höher zu legen und damit den Status Quo verfestigen.

Mit freundlichen Grüßen
Torsten Staffeldt