Frage an Tobias Lindner von Lutz F. bezüglich Umwelt
Sehr geehrter Herr Dr. Tobias Lindner,
die Konsultation zum Netzentwicklungsplan ist kürzlich beendet worden. Dieser Plan soll die Grundlage für den Bundesnetzplan werden. Für die HGÜ-Leitung von Emden nach Philippsburg ist eine Unterbrechung in Meerbusch-Osterath vorgesehen, welche technisch keinen Sinn macht, da bei jeder Unterbrechung solcher Leitungen riesige Mengen Strom sinnlos vernichtet werden.
Der Netzbetreiber Amprion hat für sich festgelegt, dennoch an der Unterbrechung festzuhalten, was grundsätzlich sein Recht ist. Allerdings plant Amprion die erforderliche Konverterhalle direkt im Anschluss an unser Wohngebiet. Hierdurch verändert sich die Lebenssituation der direkten Anwohner dramatisch. Daher möchte ich Ihnen die Frage stellen, wie Sie als Ausschussmitglied die gesundheitlichen und wirtschaftlichen Risiken für die Anwohner bewerten?
1. Starke Lärmbelastungen durch Kühlanlagen, die die Wärmeentwicklung von 30MW Leistungsverlusten pro Jahr abführen .
2. Starke Lärmbelästigungen durch Reflexionen von Bahn-und Autobahnlärm am Konvertergebäude.
3. Zerstörung der Siedlungsflächen! Die ersten Menschen ziehen schon jetzt aus Meerbusch-Osterath weg bzw. treffen ihre Entscheidung gegen Meerbusch-Osterath als Wohnort!
4. Geschätzte Wertminderung der Immobilien in Meerbusch-Osterath in Höhe von insgesamt ca. 200 -300 Millionen Euro.
5. Unerforschte Auswirkung von HGÜ-Feldern und HGÜ-Leitungen. Wir werden zum Versuchslabor für die Auswirkungen auf den Menschen.
6. Bei Bränden oder Unfällen ist eine HGÜ-Leitung und erst recht ein Konverter nicht so einfach vom Netz zu nehmen. Eine Brandbekämpfung innerhalb eines Konverters durch Menschen ist aus Sicherheitsgründen nicht möglich (Gefahr von spontanen Gasentladungen). Aufgrund der unmittelbar angrenzenden Wohnbebauung könnten Unfälle schnell zu Katastrophen führen. Wie stehen Sie zu diesem Risiko? Können Sie dies verantworten?
Sehr geehrter Herr Felder,
vielen Dank für Ihre Fragen vom 09.12.2012 zum Bau einer Konverterstation in Meerbusch-Osterath durch die Firma Amprion. Ich kann Ihre Empörung über das Vorgehen der Firma Amprion sehr gut nachvollziehen.
Bevor ich Ihre Fragen beantworte, erlaube ich mir zunächst folgende Vorbemerkung: Die Bundesnetzagentur hat der Grünen Bundestagsfraktion inzwischen mitgeteilt, dass im Bundesbedarfsplan keine genauen Standorte für Nebenanlagen benannt werden. Räumlich konkretisiert und verbindlich festgelegt werden im Bundesbedarfsplan nur die Netzverknüpfungspunkte als Anfangs- und Endpunkte des Vorhabens. Eine genaue räumliche Festlegung der Vorhaben einschließlich ihrer Nebenanlagen, z.B. von Konverterstationen im Bereich der Gleichstromübertragung, erfolgt durch den Bundesbedarfsplan hingegen nicht. Das heißt konkret: Amprion hat auch nach der Verabschiedung des Bundesbedarfsplans keinen rechtlichen Anspruch darauf, den Konverter am Standort Meerbusch-Osterath zu errichten. Wie mir von Fraktionskollegen berichtet wurde, hat der Präsident der Bundesnetzagentur, Herr Jochen Homann, sich auch auf der Protestveranstaltung am Sonntag den 02.12.2012 entsprechend öffentlich geäußert.
Zu Ihren konkreten Fragen:
1.) Starke Lärmbelastungen durch Kühlanlagen, die die Wärmeentwicklung von 30MW Leistungsverlusten pro Jahr abführen.
2.) Starke Lärmbelästigungen durch Reflexionen von Bahn-und Autobahnlärm am Konvertergebäude.
Im Rahmen eines Genehmigungsverfahrens müsste Amprion einen konkreten Nachweis über die Lärm- und Lichtemissionen führen. Bisher gibt es in Deutschland jedoch keinerlei Erfahrungen mit Emissionen, welche von Konverterstationen ausgehen.
3.) Zerstörung der Siedlungsflächen! Die ersten Menschen ziehen schon jetzt aus Meerbusch-Osterath weg bzw. treffen ihre Entscheidung gegen Meerbusch-Osterath als Wohnort!
Ich halte den momentanen Zeitpunkt nicht für geeignet, sich auf Grund der Pläne von Amprion gegen den Wohnort Meerbusch-Osterath zu entscheiden. Es ist keineswegs sicher, dass der Konverter gebaut wird, ich gehe derzeit nicht davon aus (siehe dazu auch die Begründung oben).
4.) Geschätzte Wertminderung der Immobilien in Meerbusch-Osterath in Höhe von insgesamt ca. 200 -300 Millionen Euro.
Grundsätzlich besteht die Gefahr, dass das Grund- und Hauseigentum der Anwohner infolge des Anlagenbaus eine Wertminderung erfahren wird. Meines Erachtens ist die Amprion GmbH als privatwirtschaftlicher Übertragungsnetzbetreiber rechtlich nicht dazu verpflichtet, hier einen Ersatz zu leisten. Die Beeinträchtigung durch Immissionen, welche von der Anlage ausgehen, wird bereits im Genehmigungsverfahren berücksichtigt. Ob und inwiefern das Unternehmen gleichwohl eine Ausgleichszahlung an betroffene Eigentümer zahlen wird, kann ich nicht beurteilen, wird aber sicher Gegenstand weiterer Diskussionen sein.
5.) Unerforschte Auswirkung von HGÜ-Feldern und HGÜ-Leitungen. Wir werden zum Versuchslabor für die Auswirkungen auf den Menschen.
Die HGÜ-Technik wird bereits heute an vielen Orten auf der Welt - sowohl im Wasser als auch an Land - erfolgreich eingesetzt. Es sind keine Gefahren für AnwohnerInnen bekannt. Da es sich dennoch um eine neue Technologie handelt, wird sich die Bundestagsfraktion Bündnis 90 / Die Grünen für ein konsequentes Monitoring und strenge Grenzwerte einsetzen.
6.) Bei Bränden oder Unfällen ist eine HGÜ-Leitung und erst recht ein Konverter nicht so einfach vom Netz zu nehmen. Eine Brandbekämpfung innerhalb eines Konverters durch Menschen ist aus Sicherheitsgründen nicht möglich (Gefahr von spontanen Gasentladungen). Aufgrund der unmittelbar angrenzenden Wohnbebauung könnten Unfälle schnell zu Katastrophen führen. Wie stehen Sie zu diesem Risiko? Können Sie dies verantworten?
Die Gewährleistung eines umfassenden Brandschutzes obliegt der Firma Amprion, die selbstverständlich gehalten ist, ein Brandschutzkonzept für die Anlage auszuarbeiten. Die Feuerwehr ist zumeist als organisatorische Einrichtung der Kommune verfasst. Daher kann auch die Kommune, gegebenenfalls in Kooperation mit der Amprion GmbH, für die Feuerwehr im Falle eines Brandes auf der Anlage ein effizientes und die Anwohner bestmöglich schützendes Löschkonzept ausarbeiten sowie mehr Mittel für erforderliche besondere Ausrüstung zur Verfügung stellen.
Die Bundestagsfraktion Bündnis 90 / Die Grünen hat in Ihrem Fraktionsbeschluss Stromnetze 2020Plus ihre Position zum Netzausbau zusammengefasst. Diesen finden Sie unter: http://www.gruene-bundestag.de/fileadmin/media/gruenebundestag_de/themen_az/energie/PDF/stromnetze_2020plus.pdf
Mit freundlichen Grüßen
Tobias Lindner