Frage an Tobias Fabian-Krause von Wilfried M. bezüglich Gesundheit
Sehr geehrter Herr Fabian- Krause,
schön, daß man sich mit Ihnen streiten kann.
Auch wenn ich nicht Ihr "Stammkunde" sein, überhaupt nicht mit Ihnen ins "Geschäft" kommen möchte.
Leider haben wir Ärzte uns nicht rechtzeitig eingemischt in eine erst noch richtig zu führende Debatte, die bislang von strategisch planenden Leuten mit sehr hohem Gestaltungsanspruch und viel politischem Einfluß bestimmt wurde.
Ich hoffe, das relativiert sich nun.
Zu diesem Zweck habe ich erneut die doch sehr meinungsbeherrschenden Herren Prof. Nagel und Prof. Oberender angeschrieben und angeregt, über eine wirkliche Diskussion mit Ärzten nachzudenken. Auch zu dem Vorsitzenden des (ja recht großen) Ärztlichen Kreisverbandes nahm ich Kontakt auf.
Wir wären in Bayreuth vermutlich ganz besonders gut in der Lage, sozusagen an der Basis und doch auch im Streit mit den global denkenden, aber in der medizinischen Landschaft m.W. hier kaum in Erscheinung tretenden viel gefragten Beratern von z.B. Kirchentagsbewegungen, Ministerien, "Gesundheits"kassen, Politikern, Verwaltungen und - leider zunehmend nicht mehr ganz so differenziert berichtenden bzw. analysierenden - Medien voneinander zu lernen.
Natürlich haben wir Ärzte auch sehr selbstkritisch zu sein. Daß wir uns aber von Ökonomen zu Gewerbetreibenden machen lassen sollen, ist für mich inakzeptabel und in Wahrheit - alle Kosten für das Gemeinwesen zusammengedacht - viel teurer.
Der uns im Krankenhaus abverlangte Paradigmenwechsel beinhaltet eindeutig, daß wir im Patienten einen "Kunden" sehen und auf Gewinnmaximierung vor medizinischer Sinnhaftigkeit achten sollen.
Das möchte ich Ihnen, wenn Sie Interesse haben, einmal mündlich auseinadersetzen.
Haben Sie Interesse?
Was ist denn aus den Dr.- Berger -Fragen geworden? Ist Ihnen aus der deutschen Geschichte der Fall Guillaume ein Begriff?
Mit freundlichen Grüßen
W. Meißner
Sehr geehrter Herr Meißner,
Sie schrieben:
"Natürlich haben wir Ärzte auch sehr selbstkritisch zu sein. Daß wir uns aber von Ökonomen zu Gewerbetreibenden machen lassen sollen, ist für mich inakzeptabel und in Wahrheit - alle Kosten für das Gemeinwesen zusammengedacht - viel teurer."
Emotionale Reaktionen dieser Art sind mir hinlänglich bekannt und ich kann diese gut nachvollziehen. Aus meiner Sicht hängt dies zum Teil mit der etwas technokratisch anmutenden Sprache der Ökonomie zusammen.
Dass das Gesundheitswesen eine ökonomische Fragestellung darstellt ist aus meiner Sicht schlichtweg nicht zu bestreiten.
Wir haben knappe finanzielle Ressourcen, die es möglichst für alle nutzbringend einzusetzen gilt. Dies ist eine klassische Aufgabenstellung für die Ökonomie. Auch den Gegensatz zu Gewerbetreibenden würde ich nicht zu hoch hängen. Natürlich sind die meisten Ärzte keine reinen Gewinnmaximierer, aber entgegen mancher Vorurteile sind viele "Gewerbetreibende" das auch nicht. Viele Mittelständler sind stolz auf das, was sie produzieren und sind emotional sehr stark daran interessiert, dass sie vernünftige Produkte abliefern. Nicht wenigen bedeutet eine gute Versorgung der Kunden sehr wohl etwas.
Aber eine vernünftige Versorgung ist dauerhaft nur dann möglich, wenn vernünftig gewirtschaftet wird.
Davon abgesehen: ich kenne viele Ärzte, die sowohl mit Leib und Seele Mediziner sind als auch Interesse an einem guten Verdienst haben. Teilweise sind sie regelrecht auf einen hohen Deckungsbeitrag angewiesen. Mein Vater arbeitet als Arzt für innere Medizin mit einer beträchtlichen Anzahl teuerer Geräte (Farbdoppler, Gastroskope, Kolloskope, EKG, Stressechocardiographie), die erst einmal finanziert sein wollen.
Zusammenfassend: ich habe hohen Respekt vor dem Berufsethos und der Einstellung von Ärzten und Therapeuten, aber dennoch dürfen die Kosten des Gesundheitswesen nicht ins uferlose steigen und deswegen müssen Effizienreserven gehoben werden und deswegen habe ich eine gewisse Grundsympathie für das was die Professoren Obereneder und Schlüchtermann machen, was nicht heißt, dass ich jede Maßnahme, die diese Herren vorschlagen billige und selbst propagiere.
"Der uns im Krankenhaus abverlangte Paradigmenwechsel beinhaltet eindeutig, daß wir im Patienten einen "Kunden" sehen und auf Gewinnmaximierung vor medizinischer Sinnhaftigkeit achten sollen."
Wenn dies der Fall ist, bedauere ich dies. Aus meiner Sicht ist dies aber keine zwangsläufige Folge des Paradigmenwechsels, sondern häufig eher eine Folge der mangelnden Kreativität bei der Umsetzung dieses Wandels. Von der Idee her ist das eine ungewolle Fehlentwicklung, denn natürlich soll auch ein "Kunde" medizinisch sinnvoll versorgt werden.
Dieser Mangel an Kreativität und Kommunikation erscheint mir aber behebbar. Ein Zurück in ein medizinisches Paradies, in dem Kosten keine Rolle spielen, ist leider nicht denkbar.
"Was ist denn aus den Dr. Berger-Fragen geworden?"
Ich weiß nichts von Dr. Berger-Fragen. Sind die an die mail an Jerzy Montag angehängt? Sorry, tut mir leid, bei der Flut an Informationen, mit der Sie mich versorgen, müssen mir diese Fragen entgangen sein. Wenn Sie Ihnen wichtig sind, schicken Sie sie mir bitte nochmals.
"Ist Ihnen aus der deutschen Geschichte der Fall Guillaume ein Begriff?"
Sicher.
Mit freundlichem Gruß
Tobias Fabian-Krause
PS: ich würde es begrüßen, wenn Sie mir Fragen künftig privat schicken würden. Auf www.kandidatenwatch.de sollen sich auch diejenigen, die nicht so viel Zeit aufwenden wie wir knapp über meine Ansichten informieren können.