Timon Gremmels
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Frage von Rohin K. •

Wieso werden die geflüchteten aus der Ukraine anders behandelt wie die aus Syrien, sprich Anträge, Arbeitsmarkt, uvm. Beide flohen vor russische Bomben?

Sehr geehrter Herr Gremmels,

ich finde es nicht in Ordnung dass geflüchtete in Deutschland unterschiedlich behandelt werden. Nur weil die einen unsere Hautfarbe haben und uns ähnlicher aussehen ? Sollten geflüchtete Menschen nicht einfach als menshh CH bewertet werden. Ich sehe es eher so dass geflüchtete aus islamischen Ländern einfach anders behandelt werden.

Mit freundlichen Grüßen

Timon Gremmels
Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr K.,

vielen Dank für Ihre Frage.

Die EU-Staaten haben sich am 3. März dieses Jahres auf eine unbürokratische Aufnahme von ukrainischen Schutzsuchenden geeinigt. Dazu wird erstmals seit der Einführung 2001 die sogenannte "Massenzustrom"-Richtlinie aktiviert. Sie ermöglicht es Kriegsflüchtlingen, vorübergehend Schutz in der EU zu finden, ohne dafür ein Asylverfahren zu durchlaufen. Der temporäre Schutzstatus garantiert zudem bestimmte Mindeststandards wie eine Arbeitserlaubnis sowie Zugang zu Sozialhilfe, medizinischer Versorgung und zum Bildungssystem. Am 4. März 2022 haben die EU-InnenministerInnen einen Rats-Beschluss zur Anwendung der sog. "Massenzustrom"-Richtlinie getroffen. Mit seiner Veröffentlichung am selben Tag wurde in der gesamten Europäischen Union der Weg dafür frei.

Dieser Beschluss ist mit § 24 AufenthG (Aufenthaltsgewährung zum vorübergehenden Schutz) in deutsches Recht übertragen worden.

Diese Richtlinie findet europaweit Anwendung für ukrainische Staatsangehörige und ihre Familienangehörigen, die sich bis zum 24.02.2022 in der Ukraine aufgehalten haben, Drittstaatsangehörige oder Staatenlose, die in der Ukraine internationalen Schutz genießen, sowie ihre Familienangehörigen, sofern sie sich vor dem oder am 24. Februar 2022 in der Ukraine aufgehalten haben und Drittstaatsangehörigen, die sich vor dem oder am 24. Februar mit einem unbefristeten Aufenthaltstitel in der Ukraine aufgehalten haben und nicht sicher in ihr Herkunftsland zurückkehren können. Aufgrund dieser Richtlinie kann die zuständige Ausländerbehörde eine "Aufenthaltserlaubnis zum vorübergehenden Schutz" von zunächst einem Jahr erteilen, die bis zu max. 3 Jahren verlängert werden kann. Die Mitgliedsländer der EU konnten sich bisher ausschließlich für ukrainische Flüchtlinge auf diese Richtlinie einigen nicht aber für Flüchtlinge aus anderen Ländern.

Ansonsten gilt der Grundsatz, dass das Asylrecht ein Individualrecht ist, das im Einzelfall geprüft werden muss. Das dafür zuständige Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf) benötigt aktuell durchschnittlich 3 Monate für diese Prüfung.

Auch Geflüchtete vom Westbalkan werden übrigens genauso behandelt wie Geflüchtete aus Syrien und aus anderen Ländern. Daher sehe ich hier keinen Anlass anzunehmen Geflüchtete mit einer anderen Hautfarbe oder aus islamischen Ländern würden wegen dieser Merkmale anders im Asylverfahren behandelt. 2015/16 wurde in Deutschland übrigens auch für Syrerinnen und Syrer ein einfaches schriftliches Verfahren durchgeführt, bei dem Geflüchtete aus Syrien ganz unkompliziert und schnell Schutz erhalten konnten.

Die aktuelle Bundesregierung will viele Verbesserungen für Geflüchtete vornehmen bei Verfahrensdauer, Arbeit und Integrationskursen, darauf haben sich die Koalitionsparteien in ihrem Koalitionsvertrag geeinigt.

Am 1. Januar 2020 ist das Gesetz über Duldung bei Ausbildung und Beschäftigung in Kraft getreten. Das Gesetz gewährleistet Ausländern, deren Abschiebung vorübergehend ausgesetzt ist (sog. Duldung) und die eine Berufsausbildung durchführen oder durch Erwerbsarbeit ihren Lebensunterhalt sichern und gut integriert sind unter bestimmten Voraussetzungen und für einen bestimmten Zeitraum einen verlässlichen Aufenthaltsstatus durch eine langfristige Duldung. Im Anschluss an eine Ausbildungsduldung oder eine Beschäftigungsduldung besteht unter bestimmten Voraussetzungen die Möglichkeit zur Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis.

Auch das am Mittwoch, den 6. Juli von der Bundesregierung in ihrer Kabinettssitzung beschlossene sog. Chancen-Aufenthaltsrecht schafft Verbesserungen für Geflüchtete, für Menschen, die zum Stichtag 1. Januar 2022 seit mindestens fünf Jahren in Deutschland gelebt haben, sich zur freiheitlich demokratischen Grundordnung bekennen und sich seit Jahren von Duldung zu Duldung hangeln. Dies könnte rund 135.000 Menschen betreffen. Der neue Aufenthaltstitel soll für ein Jahr gelten. In dieser Zeit besteht die Möglichkeit die Voraussetzungen für einen langfristigen Aufenthalt, wie Sicherung des Lebensunterhalts und Vorweisung von Deutschkenntnissen, zu erfüllen.

Außerdem soll das Bleiberecht für gut integrierte Jugendliche und Heranwachsende statt nach vier schon nach drei Jahren für Jugendliche im Alter von bis zu 27 statt wie bisher bis zu 21 Jahren ermöglicht werden. Künftig soll für Fachkräfte und IT-Spezialisten auch der Familiennachzug erleichtert werden. Die Familien dürfen gleich mit einreisen ohne den Nachweis besonderer Sprachkenntnisse. An Sprach- und Integrationskursen sollen künftig alle Asylbewerber teilnehmen dürfen-unabhängig davon, ob ihr Antrag auf Schutz in Deutschland aussichtsreich ist oder nicht.

Vor Jahresende will die Ampel-Koalition weitere Reformen zur Migration auf den Weg bringen. Im Koalitionsvertrag sind unter anderem Erleichterungen bei der Einbürgerung für Menschen aus der sogenannten Gastarbeiter-Generation sowie die Einführung einer "Chancenkarte auf Basis eines Punktesystems" für die Arbeitsmigration vereinbart. Es sollen Beschäftigungsverbote abgeschafft, das Einwanderungsrecht modernisiert und mehr Einbürgerungen ermöglicht werden.

Mit freundlichen Grüßen,

Timon Gremmels MdB