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Thorsten Frei
CDU
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Frage von Christoph G. •

Wie wollen Sie die Aufarbeitung der Mißbrauchsfälle in den Kirchen beschleunigen bzw. transparenter aufarbeiten lassen ?

Sehr geehrter Herr Frei,
wie ist es in unserer Rechtsordnung möglich, dass Institutionen über Jahrzehnte systematisch Kindesmißbrauch "decken" bzw. nicht aufklären wollen (sogar höchste Amtsträger) und nicht strafrechtlich belangt werden ? Wäre nicht jeder private Verein oder Unternehmen, das gewerbsmäßig gegen Vorschriften verstößt, schon längst geschlossen worden (z.B. ein privater Trägerverein mit Kita, der Mißbrauch nicht verhindern kann) ? Ein privater Verein könnte die Gemeinnützigkeit verlieren - die Kirchen jedoch nicht ihre Kirchensteuer-Erhebungsmöglichkeit. Müßte nicht hier die CDU als "christliche" Partei - trotz Trennung von Kirche und Staat - stärker einwirken ? Ist nicht dieser Sittenverfall bei der Kirche ein weiteres Zeichen für den Vertrauensverlust in ursprünglich angesehene und honorige Institutionen? Und ein Zeichen dafür, dass etwas was vor wenigen Jahren undenkbar gewesen wäre, längst erfolgt ist.(vgl. auch Grundrechtseinschränkungen in der Pandemie)
Vielen Dank

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Antwort von
CDU

Sehr geehrter Herr G.,

natürlich erschrecken auch mich immer wieder die Missbrauchskandale in der Kirche zutiefst. Und umgekehrt würde ich mir wünschen, dass die katholische Kirche selbst offensiver um Aufklärung bemüht wäre. Denn so wie es in den vergangenen Jahren war und zum Teil immer noch ist, bin ich überzeugt, dass es eher zum Schaden der Institution selbst sein dürfte. Die Stimmen aus der CDU sind hier eindeutig, denn solche Verfehlungen und Straftaten dürfen in keiner Weise relativiert oder vertuscht werden.

Fakt ist aber auch, dass wir ein Rechtsstaat sind, in dem gleiches Recht für alle gilt. Das gilt bei allen Besonderheiten auch für die Kirche selbst. Sofern es also konkrete Hinweise wie eine Anzeige gibt, wird der Staat durch staatsanwaltliche Ermittlungen tätig. Dies geschieht ganz unabhängig und parallel zum separaten Kirchenstrafrecht und möglichen internen Ermittlungen.

Der deutsche Staat verpflichtet seine Bürger jedoch in keiner Weise dazu, bekannt gewordene Missbrauchsfälle an die Behörden zu melden und damit staatsanwaltschaftliche Ermittlungen auszulösen. Daraus abgeleitet hat sich die Kirche in Deutschland dagegen entschieden, die Staatsanwaltschaften über intern bekanntgewordene Fälle in Kenntnis zu setzen. Das ist strafrechtlich in Ordnung, aber selbstverständlich sehe auch ich hier eine gewisse moralische Verpflichtung.

Umgekehrt stellt sich natürlich auch die Frage, warum es keine oder kaum Anzeigen gibt, obwohl es eine hohe Opferzahl geben dürfte. Zum einen dürfte dies daran liegen, dass für die Mehrzahl der Fälle bereits eine Verjährung eingetreten ist. Und in den Fällen, bei denen die Verjährung noch nicht eingetreten ist, entscheiden sich viele Betroffene wahrscheinlich aus Scham gegen ein Verfahren, bei dem sie als Zeuge aussagen müssten.

Anders wäre die Rechtslage, sobald es um Taten mit hoher Wiederholungsgefahr ginge oder gar eine gegenwärtige akute Gefahr für Leib und Leben eines Opfers bestehen würde. In solchen Fällen wäre auch die Kirche zur Nothilfe und damit zur Anzeige verpflichtet. 

Erfreulicherweise gibt es an vielen Stellen ein Umdenken. So hat das Erzbistum München und Freising ein Gutachten zu sexuellem Missbrauch im eigenen Verantwortungsbereich erstellen lassen.  Daraus folgend untersucht die Staatsanwaltschaft München I derzeit 42 Fälle von Fehlverhalten kirchlicher Verantwortungsträger.

Unabhängig davon sehe ich die Kirche bei diesem Aspekt unverändert in einer Bringschuld vor allem gegenüber den eigenen Mitgliedern, da es noch immer an Transparenz bei der Aufklärung fehlt.

Mit freundlichen Grüßen

Thorsten Frei

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