Womit genau begründen Sie als ehemaliger Spitzenfunktionär der Partei DIE LINKE im Saarland Ihren Wechsel zur SPD und womit rechtfertigen Sie Ihre Mandatsmitnahme zur SPD-Bundestagsfraktion?
Sehr geehrter Herr Lutze,
am 9. zum 10. Oktober 2023 haben Sie einen Parteiwechsel von der Partei DIE LINKE hin zur SPD unter Mitnahme Ihres Bundestagsmandates vollzogen.
Was genau hat Sie zu diesem Schritt veranlasst, denn es ist auf den ersten Blick schon ungewöhnlich, dass ein früherer Landesvorsitzender und jetzt ehemals langjähriger Spitzenfunktionär einer Partei, die eigentlich in vehementer inhaltlicher Konkurrenz zur Politik der SPD stand und wohl immer noch steht, nun ausgerechnet zu dieser konkurrierenden Partei wechselt und nicht etwa auf die Gründung einer neuen Partei wartet?
Welche Ihrer politischen Ziele lassen sich besser mit der SPD als mit der Partei DIE LINKE verfolgen? Und wieso kommt dieser Schritt ausgerechnet zu einer sehr krisenhaften Situation der Partei DIE LINKE und zu einer nicht minder "erfolgversprechenden" Lage der SPD und der Ampel-Koalition?
Mit freundlichen Grüßen
G. K.
Sehr geehrter Herr G.K.,
auch als SPD-Mitglied und Mitglied der SPD-Bundestagsfraktion vertrete ich zum großen Teil die Inhalte, die meine frühere Partei in ihrem Wahlprogramm beschlossen hatte. Ja, es gibt Differenzen, die gab es zunehmend aber auch zur Linksfraktion. Zahlreiche Punkte die im Wahlprogramm stehen, wurden von der Fraktion nicht oder nur verändert eingebracht. Und neben diesen inhaltlichen Differenzen gab es auch strategische Differenzen. Zu keinem Zeitpunkt wurde analysiert, warum die Partei bei den Wahlen unter die Fünf-Prozent-Hürde abrutschte und nur wegen der drei Direktmandate überhaupt im Bundestag vertreten ist.
Im Saarland hat DIE LINKE knapp 7,3 Prozent der Zweitstimmen bekommen, mit mir als Spitzenkandidat und mit massivem Gegenwind aus prominenten, eigenen Reihen. Daraus resultieren zwei Punkte: Ich fühle mich einzig den Wählerinnen und Wählern verpflichtet, die 2021 DIE LINKE im Saarland gewählt haben. Und ich sehe nicht, wie man diese Grundhaltung noch ernsthaft nach der Abspaltung eines Teils der Linksfraktion wahrnehmen kann. Als fraktionsloser MdB oder als Mitglied einer Gruppe und nicht einer Fraktion hat man im Parlament nur sehe eingeschränkte Rechte und Ressourcen. Man ist MdB zweiter Klasse, auch wenn man persönlich ein 1.-Klasse-Ticket (Diät) hat. In der SPD-Fraktion kann ich am ehesten bis zum Ende dieser Wahlperiode meine bisherige parlamentarische Arbeit fortsetzen. Das lohnt sich.
Mit freundlichen Grüßen
Thomas Lutze