Frage an Thomas Lutze von Toni B. bezüglich Soziale Sicherung
Sehr geehrter Herr Lutze,
seit 2004 werden Versorgungsbezüge aus betrieblicher Altersversorgung mit dem vollen KV- und PV-Beitragssatz (rd. 18 %) belegt. Dies betrifft sowohl die Betriebsrenten aus der tarifvertraglichen Pflichtversicherung der für die öffentlichen Bediensteten zuständigen ZVK des Saarlandes (Bundesebene VBL) als auch die betrieblichen Riester-Renten.
Da in beiden Fällen die Beiträge in der Einzahlungsphase aus dem Nettogehalt finanziert und somit vom Arbeitnehmer bereits versteuert und verbeitragt wurden, werden sie in der Rentenphase dem vollen KV- und PV-Beitragssatz unterworfen und somit doppelt verbeitragt.
Im Rahmen des am 21. Dezember vom Bundeskabinett beschlossenen Entwurfs des Betriebsrentenstärkungsgesetzes ist nun vorgesehen, die doppelte Verbeitragung bei betrieblichen Riester-Renten abzuschaffen. Die ZVK-Betriebsrenten werden jedoch nicht von dieser vorgesehenen Änderung erfasst.
Von einer in sich schlüssigen Behandlung der beiden Renten bzgl. der KV-Beiträge kann somit keine Rede sein. Die vorgesehene Privilegierung /"Subventionierung" der Riester-Rente in der Auszahlungsphase ist nicht begründbar.
Die einseitige Abschaffung der doppelten Verbeitragung der betrieblichen Riester-Renten widerspricht zudem dem vom BVerfG festgeschriebenen Grundsatz, wonach Gleiches gleich zu behandeln ist. Gleich insofern, da beide Formen in der Ansparphase beitragsmäßig gleich behandelt werden.
Wie ist Ihre Meinung zur Beibehaltung der doppelten Verbeitragung bei der ZVK-Rente und der Abschaffung der doppelten Verbeitragung bei der Riester-Rente?
PS: Es geht hier nicht um die vom BVerfG bereits entschiedene Frage des doppelten Beitrags auf Betriebsrenten, sondern ausschließlich um die gleiche Behandlung von ZVK-Rente und betrieblicher Riester-Rente.
Für Ihre Antwort danke ich Ihnen.
Sehr geehrter Herr Brehm,
vielen Dank für Ihre Frage zum Betriebsrentenstärkungsgesetz.
Wie Sie vielleicht wissen, steht die Bundestagsfraktion DIE LINKE bei der Frage der doppelten Verbeitragung von Direktversicherungen voll an der Seite der Betroffenen und wir hatten dazu bereits im Oktober 2015 einen entsprechenden Antrag: „Gerechte Krankenversicherungsbeiträge für Direktversicherungen und Versorgungsbezüge – Doppelverbeitragung vermeiden“ (BT-Drs. 18/6364) in den Bundestag eingebracht. Leider wurde dieser Antrag aber mit den Stimmen der Regierungskoalition in der abschließenden Lesung am 28.04.2016 abgelehnt.
In der Debatte erklärte der rentenpolitische Sprecher der LINKEN Bundestagsfraktion, Matthias W. Birkwald MdB, dazu:
„Viele der Betroffenen wurden erst mit Steuervergünstigungen in die sogenannten Direktversicherungen gelockt. Die Beiträge zu den Betriebsrenten wurden zwar von den Firmen überwiesen, die Chefs haben aber oft keinen einzigen Cent dazu be-zahlt. Das heißt: Die Verträge wurden von den Beschäftigten allein und aus ihrem Einkommen bespart. Einkommen, für das sie bereits Krankenversicherungsbeiträge gezahlt hatten. Und seit diesem Gesetz von Rot-Grün aus dem Jahr 2004 mussten die Betroffenen nun rückwirkend den Krankenversicherungsbeitrag auf ihre Betriebsrente abdrücken. Damit nicht genug: auch noch den Anteil des Arbeitgebers obendrauf. Ich sage: Erst angelockt, dann abgezockt. So, meine Damen und Herren, geht man nicht mit Menschen um!“
Die ganze Rede zum Nachlesen und als Video:
http://www.matthias-w-birkwald.de/article/1279.direktversicherungsgeschaedigte-erst-angelockt-dann-abgezockt.html
Aktuell läuft das Gesetzgebungsverfahren zum Betriebsrentenstärkungsgesetz an. Dort will die Bundesregierung zumindest für die Zukunft die doppelte Beitragspflicht bei betrieblichen Riesterrenten beenden, was allerdings nur ein Tropfen auf den heißen Stein sein kann und den Direktversicherten rein gar nichts bringt. Die Gewerkschaften und viele Sozialverbände fordern mittlerweile ganz klar alle Formen der doppelten Verbeitragung zu beenden.
Allerdings hat der leitende und zuständige Beamte Görgen aus dem zuständigen Bundesministerium schon zu erkennen gegeben, dass er sich hier nicht bewegen wird:
„Eine Komplettabschaffung der Doppelverbeitragung war für das Bundesgesund-heitsministerium ein No-Go, was Görgen angesichts der Höhe der zur Disposition stehenden Summen für nachvollziehbar hält. Eine Lösung wird darin gesehen, die Arbeitgeber zu verpflichten, den ersparten Anteil an der Sozialversicherung an die Arbeitnehmer weiterzugeben – quasi als Kompensation für die Enthaftung. Görgen betonte, dass immerhin die echte Doppelverbeitragung bei der Riester-bAV abgeschafft werde. Allerdings erhielte sein Haus nun viele Beschwerdebriefe von Bürge-rinnen und Bürgern, die sich angesichts der Abschaffung der Doppelverbeitragung bei der Riester-bAV nun – nochmals und umso mehr – in ihrer Direktversicherung benachteiligt sehen.“
http://www.lbav.de/tarifexklusivitaet-als-qualitaetssiegel/
DIE LINKE Bundestagsfraktion wird im kommenden parlamentarischen Verfahren noch einmal lautstark gegen diese Ungerechtigkeit protestieren und solange nicht locker lassen, bis die doppelte Verbeitragung von Betriebsrenten abgeschafft wird!
Herzliche Grüße
Thomas Lutze