Frage an Thomas L. Kemmerich von Nicole G. bezüglich Finanzen
Sehr geehrter Herr Kemmerich,
über Bürokratieabbau, Vereinfachung des Steuersystems und Grundsicherung wurde vielfach debattiert. Wie auch eine andere Partei in Thüringen setzt die FDP auf das Bürgergeld, was ich prinzipiell für eine gute Sache halte. Aber die Themen scheinen nicht so publikumswirksam zu sein, dass sie wirklich einmal angegangen werden. Verbrennt man sich „nur“ die Finger an diesen „heißen Eisen“ oder haben Sie vor, wirklich grundlegende Probleme aufzugreifen?
Wie sieht das FDP-Bürgergeld-Modell aus bzw. wo unterscheidet es sich vom Althaus-Modell?
Sehr geehrte Frau Giske,
Vereinfachungen im Steuersystem oder auch im System der Grundsicherung sind, unabhängig von ihrem Potential publikumswirksam aufbereitet zu werden, wichtige Punkte in meiner politischen Arbeit, da ich der Meinung bin, das wir ohne grundsätzliche Reformen bald mit unserem Latein am Ende sind. Auch auf die Gefahr hin, das ich mir die Finger an den vermeintlich heißen Eisen verbrenne, möchte ich Missstände grundlegend bearbeiten und konsequent beseitigen.
Bisherige Regelungen/ Systeme orientieren sich an einer Gesellschaft, die bereits heute in einem tiefgreifenden Wandlungsprozess infiltriert ist: Die Menschen werden älter, es werden weniger Kinder geboren, es gibt viel mehr Singles als in all den Jahren zuvor, der Arbeitsmarkt wird spezialisierter und differenziert sich aus, die Kosten und auch die Ansprüche in unserem Land steigen.
Um diese Entwicklungen abzufangen ohne die Regelungs- und Gesetzesdichte noch weiter auszureizen, plädieren wir in der Steuerpolitik ganz klar für ein niedriges, einfaches und gerechtes System mit für alle verständlichen Regeln. 10, 25 und 35 Prozent diese Steuerstufen gelten für alle (für unternehmerische Einkünfte entfällt die letzte Stufe) und sind international wettbewerbsfähig. Die Rechnung dabei ist einfach: Wer Steuern senkt, entlastet Bürger und Unternehmen, schafft mehr finanziellen Spielraum für Konsum und Investition und sorgt so für mehr Wirtschaftswachstum und neue Arbeitsplätze. Wir sagen auch: Deutschland kann es sich trotz gegenteiliger Prognosen nicht leisten, auf Steuersenkungen zu verzichten.
Das liberale Bürgergeld ist im Grundsatz durch die Zusammenfassung und Pauschalisierung von steuerfinanzierten Sozialleistungen und ihrer Verwaltung in einer Behörde gekennzeichnet. Das Finanzamt übernimmt die Berechnung und Auszahlung. Es sollen bedürftige Menschen unterstützt, gleichzeitig aber die Leistungsbereitschaft und Eigeninitiative gefördert werden. In unserem Konzept wird sichergestellt, das sich die Aufnahme von Arbeit auch bei geringer Bezahlung lohnt. Und an diesem Punkt unterscheidet sich unser Konzept von dem z.B. Bürgergeld der Thüringer CDU. Im Gegensatz zu der Bedingungslosigkeit des Althaus-Modells schafft das Modell der FDP Anreize und inkludiert Sanktionen. Wer partout nicht arbeiten will, obwohl er eine Arbeit annehmen kann, muss mit Leistungseinschränkungen leben.
Ich hoffe, auf Ihre Frage entsprechend eingegangen zu sein ohne zu weit abzuschweifen und verbleibe
Mit den besten Grüßen aus Erfurt,
Thomas L. Kemmerich